es gibt bekanntlich immer mehrere Erzählungen von der Wirklichkeit und von den in ihr handelnden Personen. Eine Erzählung hat Cicero-Volontär Ulrich Thiele aufgeschrieben, und die beschäftigt sich mit dem deutschen Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), mit dessen Geschichte und Gegenwart. Diese Erzählung geht in etwa so: Im Kanzleramt in Berlin sitzt ein skrupelloser Machtzyniker, dessen Karriere unfassbare Skandale und Vergehen durchziehen. Scholz mache sich laut Thiele sogar in aller Öffentlichkeit darüber lustig, dass er mit all diesen Dingen durchkommt. Wie konnte jemand mit so wenig Anstand so weit kommen, fragt Thiele, der sich sicher ist, dass Skandale den Weg des Kanzlers säumen. Das also ist die eine Erzählung über Scholz. Die andere hat Cicero-Redaktuer Volker Resing aufgeschrieben. Auch die beschäftigt sich mit dem Kanzler, genauer gesagt, mit dessen Auftritt im Bundestag: Mit grober Rhetorik gegen die Opposition und pathetischen Durchhalteparolen gegenüber dem Volk inszeniert sich da der Kanzler in der Generaldebatte als zentraler Krisenmanager. Trotz Streit in der Ampel bei Schuldenbremse und Kernenergie erzeugt er ein Bild der Geschlossenheit und Tatkraft. Oppositionsführer Friedrich Merz (CDU) kommt mit seinen rednerischen Mitteln gegen dieses offensive Selbstbewusstsein der Ampel kaum an. Auch das also ist Scholz - ein Kanzler, der Pathos gelernt hat. Es gibt eben immer mehrere Wahrheiten - gerade in Bezug auf Scholz. Nur bei Robert Habeck, da kommt diese Binsenweisheit allmählich an ihre Grenzen: Denn das, was der Bundeswirtschaftsminister gestern bei Sandra Maischberger gezeigt hat, das war einfach und eindeutig nur unterirdisch. Dabei hat Habeck wirklich einen schweren Job, wie Cicero-Redakteur Ben Krischke zu berichten weiß: Er soll das Land durch Inflation und Energiekrise steuern, dafür sorgen, dass Menschen im Herbst und Winter nicht frieren und Teile der Wirtschaft nicht zusammenbrechen. Doch sein gestriger TV-Auftritt beweist: Habeck scheint seinem Amt nicht (mehr) gewachsen zu sein. Der Bundesbrötchenminister ist in Erklärungsnot. In eben dieser Not ist eigentlich auch die deutsche Corona-Politik: Immer wieder nämlich erzählen hiesige Politiker, dass Gesichtsmasken gegen eine Infektion mit dem Corona-Virus schützen würden. Dabei ist die Wirkung der Masken mindestens umstritten. Der Rechtswissenschaftler Volker Boehme-Neßler vermutet daher noch einen anderen, einen weitaus archaischeren Grund hinter dem deutschen Hang zur Gesichtsverhüllung: Magisches Denken. In seinem Text „Masken, Angst und Magie“ erklärt er, was genau es mit einem solchen Denken auf sich hat. Ihr Ralf Hanselle, stellvertretender Chefredakteur |