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Liebe/r Leser/in,

wochenlang stritt das Land darüber, ob und wann Deutschland schwere Waffen in die Ukraine schickt, damit sich die dortige Armee gegen den brutalen Überfall Russlands wehren kann. Mit am lautesten formulierte diese Forderung Anton Hofreiter, der Grünen-Politiker aus dem oberbayerischen Sauerlach, der bei der Vergabe der Ampel-Ministerposten nicht zum Zuge gekommen war. Tagelang sah es so aus, als würden der entschiedene Grüne und einige Mitstreiter wie die FDP-Politikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann den zögerlichen Bundeskanzler vor sich hertreiben. Bis Olaf Scholz seine Position aufgab und die aus der Ukraine flehentlich geforderte Hilfe zusagte.

Das wiederum rief jetzt 28 Intellektuelle auf den Plan, die am Freitag auf der Homepage der Zeitschrift „Emma“ von Alice Schwarzer einen offenen Brief veröffentlichten, in dem sie forderten, Deutschland möge weder direkt noch indirekt schwere Waffen an die Ukraine liefern, um dem russischen Präsidenten Wladimir Putin kein Motiv für eine Ausweitung des Krieges auf die Nato-Staaten zu geben. Vielmehr möge der Bundeskanzler alles dazu beitragen, „dass es so schnell wie möglich zu einem Waffenstillstand kommen kann; zu einem Kompromiss, den beide Seiten akzeptieren können“. Bis Montagmorgen wurde der Brief von rund 140.000 Menschen digital unterzeichnet.

Ein Schreiben zur Unzeit, wie Scholz am Wochenende auf der zentralen 1.-Mai-Kundgebung in Düsseldorf in ungewohnt lautstarken Worten klarstellte: „Ich respektiere jeden Pazifismus, ich respektiere jede Haltung, aber es muss einem Bürger der Ukraine zynisch vorkommen, wenn ihm gesagt wird, er solle sich gegen die Putin’sche Aggression ohne Waffen verteidigen.“

Der SPD-Kanzler und sein grüner Koalitionspartner haben ein veritables Pazifismus-Problem. Denn nicht zu vernachlässigende breite Strömungen in beiden Parteien lehnen Krieg und Waffengewalt rundheraus ab. Es ist die eigene Basis, die aus nachvollziehbaren Ängsten zögerlich ist und in der Initiative von Alice Schwarzer ein Ventil gefunden hat.

Ich persönlich finde diese Haltung beinahe zynisch, denn dahinter steckt die Logik, den grausamen Aggressor Putin nicht provozieren zu wollen, damit der Rest der Welt offenbar keinen Schaden nimmt und wir in Deutschland in Frieden weiterleben können. So funktioniert die Welt aber leider nicht. Denn diesen Krieg beenden keine Waffen sicherlich nicht, und nur mit Waffen verbessert sich die Verhandlungsposition der Ukraine dahingehend, dass Russland sie ernst nimmt.

Interessant ist dazu auch das Interview, das uns der evangelische Militärbischof Bernhard Felmberg im aktuellen FOCUS gegeben hat. Darin sagt der höchste Militärseelsorger seiner Kirche: „Es gibt Situationen im Leben, wo als Ultima Ratio, als letztes Mittel, Gewalt angewendet werden kann und muss.“

Ich wünsche Ihnen einen guten Start in diese Woche!

Mit vielen Grüßen

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Robert Schneider,
Chefredakteur FOCUS-Magazin

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