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OpenAI wird das nächste große KI-Ding – und nicht nur Microsoft profitiert, sondern auch NVIDIA und Taiwan Semiconductor...

Liebe Geldanleger,

 

das Thema „Künstliche Intelligenz“ treibt die Presse schon länger um, aber beim Verbraucher ist davon noch nicht viel angekommen, jedenfalls nicht spürbar.

Das ändert sich gerade gewaltig, seit der auf OpenAI basierende Chatbot ChatGPT für Furore sorgt. Der erklärt komplexe Probleme und Zusammenhänge nämlich mit einigen wenigen verständlichen Sätzen. Und der Nutzer kann mit ihm in einen Dialog treten, und dabei Nachfragen stellen. Ein völlig anderes Konzept als Google.

Ob es um Einsteins Relativitäts-Theorie geht oder den besten Weg, Aktien zu bewerten oder aber Programmier-Code zu schreiben, ChatGPT antwortet verständlich und ganz überwiegend korrekt. Dabei ist sein Wissen auf die Vergangenheit gerichtet, ihm fehlen Entwicklungen ab 2021. Zum Ukraine-Krieg hat er also weniger Sinnvolles beizusteuern.

In der Öffentlichkeit wurde schnell diskutiert, welche Auswirkungen so ein KI-System auf unser Bildungs-System hat, wenn Schüler (und Studenten) künftig die KI ihre Hausarbeiten schreiben lassen und künftig vielleicht auch ihre Doktor-Arbeiten. Durchaus herausfordernde Gedankenspiele.

Die (unsichtbare) Hand von Microsoft

Microsoft hat das Potenzial von OpenAI frühzeitig erkannt und 2019 1 Milliarde US-Dollar in die Muttergesellschaft von ChatGPT investiert – und seitdem besteht eine multidimensionale Partnerschaft zwischen den beiden. So liefert Microsoft die Infrastruktur und OpenAI die Technologie für unterschiedliche KI-Projekte, so dass ChatGPT auch auf einer Azure-KI-Supercomputing-Infrastruktur trainiert wird.

Die Erfolge haben dazu geführt, dass Microsoft nun in einer weiteren Finanzierungsrunde mehrere Milliarden US-Dollar in OpenAI investieren und dabei 49% der Anteile übernehmen will. Künftig sollen dann viele Anwendungen von Microsoft mit OpenAI-Funktionen ausgestattet werden.

Microsofts iPhone-Moment?

Manche sprechen von „Microsofts iPhone-Moment“, einem Entwicklungsschritt, mit dem man einen Marktführer in seinem Kerngeschäft disruptiert. Das zielt natürlich auf Google und seine globale Dominanz bei Suchmaschinen.

Google erreicht in den USA über 85% Marktanteil und der größte Wettbewerber ist Bing, die Suchmaschine von Microsoft, mit 9%. Global gesehen kommt Bing sogar nur auf 3%.

Mittels OpenAI soll Bing auf eine neue Stufe gestellt werden und den Nutzern eine ganz neue Erfahrung bieten. So sollen Google schnell und kräftig Marktanteile abgeluchst werden. Das könnte sogar gelingen und nicht nur deshalb, weil diese Technologie in sämtliche Microsoft-Anwendungen implementiert werden dürfte.

Der Grund ist ein anderer, nämlich Googles Machtlosigkeit. Kaum vorstellbar, oder? Aber Googles Haupteinnahmequelle ist Werbung (85%) und die generiert die Suchmaschine, indem sie Ergebnisse auf Suchanfragen auswirft. Keine Antworten, sondern Seiten/Links, wo der Suchende die Antworten finden kann – vielleicht. Die Platzierung der Links kostet viel Geld und um diese herum wird zusätzlich ebenfalls teure Werbung platziert. So verdient sich Google bzw. die dahinter stehende Mutter Alphabet eine goldene Nase.

Und es ist nicht etwa so, dass Alphabet/Google keine passende Anwendung hätte, die mit OpenAI mithalten könnte. Doch will und letztlich kann Google sie nicht einsetzen. Denn wenn die Suchenden bei Google eine Antwort erhalten wie jetzt bei OpenAI, dann bietet dies kaum noch Spielraum zur Generierung von Werbeeinnahmen. Google würde so sein Kernbusiness selbst kannibalisieren.

Und Bing? Dasselbe gilt auch für Bing. Auch Bing spielt Werbeeinnahmen ein, doch sie stehen mal gerade für 5% der Konzern-Umsätze von Microsoft (bei Alphabet sind es 85%). Wenn Microsoft diese opfert zugunsten der OpenAI-Features, dann peppt es seine Standardprodukte kräftig auf und macht diese attraktiver – und mit jedem zusätzlichen Kunden spielt man mehr ein als man bei Bing an Werbeeinnahmen verliert.

Ein weiteres interessantes „Schlachtfeld“ wird Azure. Microsofts Cloud-Service ist hinter Amazons AWS weltweit die Nr. 2, wächst aber schneller. Durch die Integration von OpenAI in die Azure-Architektur sichert man sich ein Alleinstellungs-Merkmal gegenüber Weltmarktführer AWS. Und Amazon kann ohne entsprechende eigene Technik nicht effektiv kontern. Kleiner Treppenwitz: Amazon könnte gezwungen sein, hier auf Alphabets KI-Lösung zurückzugreifen, um überhaupt mithalten zu können, auch wenn die Google Cloud seit Monaten mit Kampfpreisen versucht, Marktanteile auf AWS und Azure zu gewinnen.

Microsoft scheint bestens positioniert zu sein in diesem Ringen. Weil man viel zu gewinnen hat und kaum etwas zu verlieren. Bei Alphabet/Google ist genau das Gegenteil der Fall. Google muss einen Weg finden, nicht den Nokia- oder BlackBerry-Absturz zu wiederholen. Bleibt Alphabet tatenlos, besteht diese Gefahr durchaus, reagiert man, dürfte es teuer werden. So oder so, Google hat ein ernsthaftes Problem in seinem Kernbusiness...

Aber Microsoft ist nicht der einzige Profiteuer der Entwicklung. Die vielen neuen Möglichkeiten und Anwendungen für die Künstliche Intelligenz benötigen Rechen- und Chip-Leistung.


 Nvidia 

NVIDIA ist der führende Anbieter von Grafik-Prozessoren (GPU) und vor allem bekannt in der Spiele-Szene und bei Bitcoin-Minern. Doch die NVIDIA-GPUs kommen auch immer häufiger in Cloud-Rechenzentren vor und hier wird die KI-Revolution stattfinden. Bisher sind es nur wenige Anwendungen, die Höchstleistungen benötigen und von Unternehmen aus dem Gesundheits-Sektor oder Forschungseinrichtungen abgerufen werden, aber wenn Künstliche Intelligenz zum Masseneinsatz kommt, dann steigt die Nachfrage nach GPUs exponentiell.

Momentan wird geschätzt, dass sich der globale Markt für KI-Anwendungen bis 2030 ver-10-fachen wird. Aber dies könnte sich als zu konservativ herausstellen, wenn KI eigene KI-Anwendungen schafft und auf ihrer Basis viele neue massentaugliche Anwendungsgebiete entstehen.

Diese Entwicklung ist für NVIDIA kein Selbstläufer, denn mit seinen neuen Chip-Generationen kann man die hohen Erwartungen bisher nicht erfüllen. So etwas ist ungewohnt für den erfolgsverwöhnten Weltmarktführer. Dennoch dürfte NVIDIA auf der Pole Position stehen hinsichtlich der KI und auch in seinen übrigen Segmenten stehen die Zeichen auf Wachstum. Wieder. Denn der Krypto-Winter hat zu einem starken Nachfrageeinbruch geführt und der Nachfrageüberhang aus den Corona-Lockdowns 2020 und 2021 hat sich auch längst abgebaut und ins Gegenteil verkehrt. Zusätzlich bremsen die hausgemachten Probleme mit der neuen GPU-Generation und auch die gescheiterte Übernahme von ARM hat Kratzer hinterlassen. Aber nur im Lack.

Der Aktienkurs hat 2022 vieles davon eingepreist auf seinem Weg nach unten. Von über 300 US-Dollar ging es bis auf 100 US-Dollar abwärts, die jüngste Erholungs-Rallye führte den Kurs wieder auf 160 US-Dollar zurück.

Verdopplungspotenzial? Durchaus, wenn auch nicht in wenigen Wochen. Aber auf mittlere Sicht und auf lange ohnehin, denn NVIDIA verkauft im aufkommenden KI-Goldrausch die Schaufeln und wird sich eine gehörige Portion vom Kuchen abschneiden. Und selbst die Bewertung ist angesichts der bevorstehenden Wachstumsraten bei Umsatz und Gewinn so niedrig wie seit vielen Jahren nicht mehr. Man könnte die Aktie „relativ preiswert“ nennen.

Nvidia Corp. (ISIN: US67066G1040)
WKN / Kürzel
Börsenwert
KGV 23e/24e/25e
Kurs
918422 / NVDA
406 Mrd. USD
99 / 53 / 39
165,11 USD


 Taiwan Semiconductor 

Die Taiwan Semiconductor Manufacturing Co. wurde 1987 gegründet und notiert seit 1997 an der Börse. Die Kernkompetenz des heute weltgrößten Chip-Auftragsfertigungsunternehmens ist die Herstellung von Halbleiterscheiben im Kundenauftrag und darüber hinaus bietet es eine breite Produktpalette an Design, Mask-Making, Test- und Montage-Services.

TSMC fertigt unter anderem die Chips von Apple, AMD, Qualcomm, Microsoft – und NVIDIA. Damit erreicht man einen Weltmarktanteil von fast 60% bei der Chip-Fertigung. Die Taiwanesen bieten die Möglichkeit zur Fertigung höchst moderner Chips, während Intel als eigentlich letzter verbliebener produzierender Wettbewerber technologisch weit hinterherhinkt.

Momentan wirkt sich die schwächelnde Weltwirtschaft bremsend aus für Chip-Unternehmen, während gleichzeitig Milliarden-Investitionen nötig sind. TSMC hat hier mehr als 100 Mrd. US-Dollar eingeplant und kann auf staatliche Unterstützung zählen. Denn die Chip-Knappheitskrise hat vielen Ländern gezeigt, dass sie nicht alleine auf asiatische Fertigungsstätten setzen dürfen. Zudem haben die USA einen Chip-Bann gegen China verhängt und so fließen Milliarden-Fördergelder in den USA und in Europa, wenn Chip-Unternehmen dort Fertigungsstellen errichten. TSMC ist hierzu gerade für den Standort Dresden in Gesprächen, auch Intel will in Deutschland investieren.

TSMC agiert aus einer Position der Stärke heraus; man hat in den letzten Jahren sehr stark verdient, während Intel schwächelte. Zwar punktet Intel weiterhin bei weniger herausfordernden Chips und macht Masse, aber die Gewinnspannen sind hier limitiert. TSMC hingegen setzt auf Technologieführerschaft und entsprechend attraktive Margen – und hat hier wenig Konkurrenz. Das ist durchaus geschäftsfördernd, zumal die nötigen hohen Investitionen einen starken ökonomischen Burggraben in Form von Wettbewerbshürden darstellen.

Soeben meldete TSMC seine Zahlen für das 4. Quartal. Der Nettogewinn kletterte zwischen Oktober und Dezember um 78% auf 295,9 Mrd. Taiwan-Dollar (NT$), also circa 9 Mrd. Euro, und toppte damit die Analysten-Schätzungen. Der Umsatz stieg im 4. Quartal um 27% auf 19,93 Mrd. NT$ und lag damit am unteren Rand der Unternehmensprognosen.

Die Börse zeigte sich beeindruckt von den Zahlen, zumal andere Hersteller, die auf günstigere Chips setzen, keine so überzeugenden Ergebnisse abliefern konnten. TSMC ist hinter Intel und Samsung der drittgrößte Chip-Hersteller der Welt, setzt aber vor allem auch auf hochmargige Chips. Zusammen mit dem starken Burggraben dürfte das der Grund gewesen sein, weshalb Warren Buffett sich im Sommer für 4,1 Mrd. US-Dollar TSMC-Aktien ins Depot gelegt hat.

Taiwan Semiconductor (ISIN: US8740391003)
WKN / Kürzel
Börsenwert
KGV 22/23e/24e
Kurs
909800 / TSM
427 Mrd. USD
11 / 15 / 12
85,82 USD


Unser Fazit

Künstliche Intelligenz ist seit Jahren ein Thema, aber nun kommt es auch im Massenmarkt an. Dank des Chatbots ChatGPT dürften Endnutzer-KI-Anwendungen einen Boom erleben, von dem nicht nur die hinter ChatGPT stehenden Firma OpenAI und ihr Partner und Anteilseigner Microsoft profitieren wird, sondern auch die Hersteller der für die KI-Anwendungen benötigten Infrastruktur: Cloud- und Rechenzentrumanbieter sowie High-End-GPU-Anbieter und Chip-Fertiger. Mit Microsoft, NVIDIA und Taiwan Semiconductor kann man sich ein aussichtsreiches KI-Triumvirat ins Depot legen, das Aktionären künftig viel Freude bereiten dürfte.


Die heutige Ausgabe entstand wieder in Zusammenarbeit mit Michael C. Kissig.

Offenlegung wegen möglicher Interessenkonflikte:
Die Redakteure/Autoren sind in den folgenden besprochenen Wertpapieren bzw. Basiswerten zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Kommentars investiert: Microsoft & Nvidia

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Dein
Armin Brack
Chefredakteur Geldanlage-Report

>> Die nächste Ausgabe erscheint am 21. Januar

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