Liebe Leserinnen, liebe Leser, Paukenschlag von Meta Platforms – das Unternehmen wirbt drei Top-Entwickler von OpenAI ab! Meta bietet dabei Top-Handgelder von bis zu 100 Mio. US-Dollar als Wechselprämie für jeden Entwickler. Es kam bereits eine Bestätigung von OpenAI, dass die Mitarbeiter das Unternehmen verlassen haben. Zusätzlich wollte Meta Platforms-Boss Marc Zuckerberg auch noch zwei Mitgründer von OpenAI abwerben – was aber nicht gelang. Erst in der vergangenen Woche hatte Meta bereits 14 Mrd. US-Dollar in Scale AI investiert, so viel wie nie zuvor in den letzten 10 Jahre. Und selbst für diese 14 Mrd. US-Dollar bekommt man nur 49% an Scale. Einen Deal in ähnlicher Größenordnung hatte man zuletzt 2014 für den Kauf von WhatsApp bezahlt (damals 19 Mrd. US-Dollar; über 10 Jahre später beginnt Meta nun mit der Monetarisierung von WhatsApp, aber darum soll es heute nicht gehen). Insgesamt erweckt das Ganze den Eindruck, dass Zuckerberg mit Geld aktuell nur so um sich schmeißt, um Top-Personal für die KI-Entwicklung zu bekommen. Während Panik-Käufe bei einer Aktie regelmäßig Grund zur Freude für die Aktionäre sind, scheint es sich hier eher um Panik-Käufe der anderen Art zu handeln. Die Anzeichen verdichteten sich zuletzt, dass das Zuckerberg-Imperium im Entwicklungs-Wettstreit um die besten KI-Large Language Models (LLMs) ins Hintertreffen geraten ist. Und Zuckerberg will nun offenbar gegensteuern, in dem er das Top-Personal der Konkurrenz abwirbt – und dabei bereit ist, fast jeden Betrag zu bezahlen. Aber wird in den Medien nicht ständig von den großen KI-Erfolgen von Facebook & Co. berichtet? Die Antwort: Ja, aber... Man muss auch bei Meta beim alles überlagernden KI-Thema zwischen 2 Dingen grundsätzlich unterscheiden: Die Forschungserfolge, die man zur Verbesserung des eigenen operativen Geschäfts nutzt, vor allem im Bereich des Ad-Targeting, also der individualisierten Werbung für seine Nutzer. Hier läuft es richtig gut – und Meta schafft es hier immer besser, Werbekampagnen mit Hilfe von KI zu automatisieren. Bis Ende 2026 plant das Unternehmen, die Erstellung und Ausspielung von Werbung vollständig zu automatisieren. Wir treten in eine Ära ein, in der bspw. eine lokale Bäckerei einfach ein Foto von einem Cupcake hochlädt und mit einem Budget von 500 US-Dollar eine komplette Kampagne von Metas KI generieren lässt – inklusive Videos, Bildunterschriften und Zielgruppen-Auswahl, zugeschnitten auf lokale Feinschmecker, und das alles in Echtzeit. Indem die kreative Kontrolle in die Hände von Metas Algorithmen gelegt und klassische Werbe-Agenturen an den Rand gedrängt werden, könnten sowohl Meta als auch die Werbetreibenden auf ganzer Linie profitieren – auf Kosten der Mittelsmänner. Deswegen ist Meta operativ aktuell auch sehr erfolgreich. Die operativen Zahlen fürs 1. Quartal waren richtig stark – und die etwas schwächere Prognose für das 2. Quartal hatte vor allem mit negativen Wechselkurs-Effekten zu tun. Kurzfristig muss man sich also keine Sorgen um das Unternehmen machen. Aber: Angesichts eines Investitions-Budgets von rund 70 Mrd. US-Dollar allein in 2025 strebt man nach höherem – als in Anführungszeichen – „nur“ der Optimierung des eigenen operativen (Werbe)-Geschäfts. Marc Zuckerberg will nicht weniger als eine Art übermenschliche Super-KI kreieren – und damit die enteilten großen Konkurrenten Microsoft mit OpenAI und Google wieder ein- und dann überholen. Ziel ist ein 50-köpfiges Superintelligence-Lab, kräftig unterstützt durch Scale AI und durch Zugang zu massiven Ressourcen, einschließlich Rechenpower und Entwicklungskapazität. Seine Vision: • KI muss mehr als Texte oder Bilder generieren – sie muss verstehen und handeln können. • Ziel ist, „Agenten“ zu bauen – digitale Helfer, die in der Welt agieren, z.B.: » in AR-Brillen » als smarte Assistenten in Instagram oder WhatsApp » oder für Robotik im Haushalt Ein Baustein dabei: V-JEPA 2, ein neues KI-Modell von Meta, das Video-KI ganz anders denkt als herkömmliche Modelle. Statt Bild für Bild vorherzusagen oder jedes Pixel exakt zu berechnen, „versteht“ V-JEPA 2 grob, was als Nächstes passieren wird, und denkt in Bedeutungen, nicht in Pixeln. Stell Dir das so vor: Herkömmliche KI: „Hier ist ein Video. Was ist der nächste Pixel im nächsten Frame?" V-JEPA 2: „In diesem Video läuft jemand auf eine Bananen-Schale zu. Wahrscheinlich wird er gleich ausrutschen.“ Es simuliert also die Welt auf abstrakter Ebene, wie ein Kind, das aus Erfahrung weiß, was passieren könnte – ohne jedes Detail zu sehen. Wie funktioniert das technisch? • V-JEPA 2 basiert auf einer Idee von Yann LeCun: der sogenannten JEPA-Architektur (Joint Embedding Predictive Architecture). • Anstatt Videos zu beschriften oder Pixel zu generieren, schaut das Modell ungeschnittene Videos an – z.B. YouTube-ähnliche Clips, ohne Kommentar oder Anleitung. • Es lernt selbstständig Zusammenhänge, indem es immer wieder versucht zu erraten, was im Video als Nächstes passiert – aber nicht als Bild, sondern als abstrakter Zustand („latenter Raum“). Vorteil: Das ist viel effizienter und günstiger, weil es keine Millionen von Bildern generieren oder vergleichen muss wie etwa ChatGPTs „Schwester“ Sora oder klassische KI-Bildgeneratoren. Warum ist das wichtig? 1. Effizienz: V-JEPA 2 ist viel sparsamer – braucht nur einen Bruchteil der Rechenleistung anderer Video-KIs. 2. Verständnis von Handlung & Intention: Es kann Dinge voraussagen, z.B.: » Wird eine Person gleich hinfallen? » Will jemand ein Objekt greifen? » Was ist die Absicht einer Handlung? 3. Neue Anwendungsfelder: » Moderation: KI kann erkennen, ob ein Video problematisch ist – nicht nur was zu sehen ist, sondern was passieren könnte. » Empfehlungs-Systeme: Es kann besser voraussehen, welche Inhalte Menschen interessieren werden. Ein Video-KI auf Instagram könnte Szenen automatisch beschreiben, damit Werbe-Anzeigen besser platziert werden. » Roboter & AR-Brillen: Es kann dabei helfen, dass Maschinen in der echten Welt intelligent handeln – z.B. ein Roboter, der selbstständig einen Turm aus Klötzen baut. V-JEPA 2 ist ein neues Kapitel in der KI – weg von „großen Sprachmodellen“, hin zu Maschinen, die sehen, verstehen und handeln können. Es verspricht: • Effizienz statt Rechenmonster • Verständnis statt bloßer Mustererkennung • Zukunftsorientierung für Roboter, Brillen und digitale Helfer Meta wettet Milliarden darauf, dass die Zukunft nicht textbasiert, sondern handlungsfähig ist – und dass V-JEPA 2 der Schlüssel dafür ist. Aber: Es gibt noch keine klaren Zahlen oder Umsatzprognosen – Investoren sollten das Projekt eher wie eine Wette auf die Zukunft sehen. Und die Risiken sind hoch: Scale AI zählt Konkurrenten wie Google, Microsoft und xAI zu seinen wichtigsten Kunden. Genau diese Firmen sehen Metas Einstieg nun kritisch – aus Angst, ihre sensiblen Daten könnten indirekt bei Meta landen. Erste Berichte deuten bereits an: Manche Kunden denken über einen Wechsel nach. Sollte sich das bewahrheiten, könnte Scale AI seine ambitionierten Umsatzziele von 2 Mrd. US-Dollar im Jahr 2025 verfehlen – und Meta hätte sich (zu) teuer eingekauft. Bei einer Bewertung von Scale von insgesamt 29 Mrd. US-Dollar zahlt Meta ohnehin einen saftigen Aufschlag – weit über dem eigenen Bewertungsniveau. Doch was bekommt Meta kurzfristig dafür zurück? Vermutlich wenig. Die erhofften Synergien, etwa bei humanoiden Robotern oder AGI-Anwendungen, liegen Jahre in der Zukunft. Investoren hingegen wollen Ergebnisse – bald. Sonst droht Meta trotz KI-Euphorie ein Bewertungsdämpfer. Schließlich notiert die Aktie aktuell auf Allzeit-Hoch und ist beim aktuellen 2025er-KGV von 28,4 so hoch bewertet wie seit Jahren nicht mehr. Die Aktie ist aus meiner Sicht aktuell nur eine Halte-Position. |