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Kurzstrecke |
Tagesspiegel Checkpoint vom Freitag, 29.11.2019 | Leicht bewölkt und windig bei ca. 6°C, am frühen Abend kommt noch mal die Sonne heraus. | ||
+ Pankow fehlen hunderte Bezirks-Mitarbeiter + Friedrichstadt-Palast feiert hundertjährigen Geburtstag + Bundestag setzt Untersuchungsausschuss zum Millionengrab Pkw-Maut ein + |
von Robert Ide |
Guten Morgen, als erstes ein Warmhinweis: Es wird kälter unter den Wolken, aber heißer auf den Straßen. Nach den für mehr Akzeptanz für ihre Ackerei baggernden Bauern besetzen heute Schülerinnen und Schüler, Studentinnen und Studenten, Elterinnen und Eltern die Plätze der Stadt und des Landes mit ihrer dauerhaft wichtigen Dauerforderung nach mehr Klimaschutz. Neutral ist in dieser Debatte keiner mehr, deshalb singen Berliner Bands wie Seeed am Brandenburger Tor für Tausende im Klimawandel frierende Demonstrierende. Wie wäre es mit einer neuen Berlin-Hymne am heutigen Black Friday for Future: „Schwarz zu Grün“? | |||
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Wer hätte das gedacht: Nach Potsdam bekommt Berlin ein holländisches Viertel – ein Kunstquartier. Hetty Berg, in Den Haag geboren, ist gerade neue Leiterin des Jüdischen Museums geworden. Mariette Rissenbeek, geboren im niederländischen Dorf Posterholt, wird als neue Chefin in drei Monaten die Berlinale eröffnen. Und Paul Spies, in Amsterdam aufgewachsen, leitet erfolgreich das Berliner Stadtmuseum. Versteht sich also Holland besser auf Berlin als wir uns selbst? „Anscheinend sind es nicht mehr die Tomaten, sondern die Museumsdirektoren, die jetzt als wichtigste Exportgüter aus Holland kommen“, sagt Paul Spies am Checkpoint-Telefon. Einen Grund dafür weiß er auch: „In Holland haben wir keine Angst vor flachen Hierarchien, sondern lassen viele Leute mitbestimmen.“ Ja, so ein flaches Land hat seine Vorteile. Und einen flachen Witz sparen wir uns. | |||
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Berlins Stadtmotto „Ortsteile und herrsche“ gilt selbst manchen Bezirken als zu kleinteilig. „Wir bleiben Schmalhans auf Diät“, klagt Pankows Bürgermeister Sören Benn (Linke) über die rot-rot-grünen „Trostpreise“ beim Personalaufbau. In einem selten offenen Gastbeitrag für den Tagesspiegel rechnet Benn auch den eigenen Genossen das Offensichtliche vor: Wie viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter allein seine Verwaltung braucht, um die in Pankow 24 zu bauenden und 30 zu sanierenden Schulen, neue Wohngebiete, die Sanierung von Spielplätzen, die Pflege der Parks, eine gewendete Verkehrspolitik und eine moderne Verwaltung umzusetzen. Ergebnis: 300 Leute seien dafür „notwendig, nicht wünschenswert“ – darunter allein 37 Schulhausmeister. Und Benn rechnet weiter durch und ab: Innerhalb von 30 Jahren sei Pankow von 303.000 Einwohnern auf jetzt 407.000 gewachsen – gleichzeitig seien im Bezirk nur zwei Kilometer Straße und zwei Kilometer Straßenbahn neu gebaut worden. „Der Rest ist weitgehend verrottet“, beklagt Benn. Das Ergebnis liege jeden Tag auf der Straße: „Der Berliner Nordosten ist heute eine verkehrliche Katastrophe.“ Kein Wunder, dass sich da selbst beim Bürgermeister eine Menge aufstaut. | |||
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Hundert Mal hab ick Berlin vaflucht. So sang einst Helga Hahnemann (Video hier) und rührte Gefühle in einem rührenden „Kessel Buntes“ zusammen. Natürlich im Friedrichstadtpalast, der Las Vegas nach Ost-Berlin bringen wollte, inzwischen (warum auch immer) mit Bindestrich geschrieben wird und mit variantenreichem Varieté auf der größten Bühne Europas an der Friedrichstraße glitzert. Heute wird das Haus, das schon in vielen Häusern zu Hause war, 100 Jahre jung und hat als wahrer Palast der Republik schon viele Zeitenwenden überlebt. Zur Feier des Jahrhunderts sind Berliner Polizisten, Pflegerinnen und Feuerwehrleute zur Show eingeladen – für sie hält Berlin im Alltag ja manche Verfluchung bereit. Heute mal eine glitzernde Versuchung. | |||
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Diese ist unser Haus. Das dachten zumindest die Mieterinnen und Mieter der jungen Genossenschaft „Diese eG“, die viel Geld in die Hoffnung auf bleibend bezahlbares Wohnen investierten. Nun ist die von Friedrichshain-Kreuzbergs Baustadtrat Florian Schmidt (Grüne) protegierte Genossenschaft zahlungsunfähig, das Land Berlin muss mit bis zu 50 Millionen Euro einspringen. Die Genossenschaft hat Zahlungsverpflichtungen von etwa 50 Millionen Euro für ihre Immobilien angehäuft – offenbar ohne belastbare Finanzierung. Es drohte die Zwangsvollstreckung; und dem Bezirk von „Klein-Robin-Hood“ (Regiermeister Michael Müller über Schmidt) droht weiterhin, für ein Haus in der Rigaer Straße mit einem Millionenbetrag zu haften. Der örtliche SPD-Fraktionschef Sebastian Forck rechnet vor, dass dem Bezirk dann Geld für die Schulsanierung fehlen dürfte. Nachsitzen, bitte! | |||
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Das schafft auch nur Hertha: eine ganze Mannschaft als Trainer zu verpflichten. Nicht nur beim Köpenicker Kiezrivalen 1. FC Union staunt man nicht schlecht über Klinsmanns Kompetenz-Kapriolen am Olympiastadion, aber man staunt leise. „Wir kommentieren grundsätzlich keine Personalien anderer Vereine“, lässt Unions sonst stimmgewaltiger Stadion- und Pressesprecher Christian Arbeit wissen. Vielleicht liegt’s ja daran, dass Klinsmann Mittelschwäbisch spricht, wie unser Leser Michael Harr übersetzt hat. Und Unions Schweizer Trainer Urs Fischer Hochalemannisch in seiner besonderen Form Schwyzerdütsch. „Schweizer sprechen das nicht gern in Berlin“, berichtet Harr, „weil man sie belächelt oder gar für Schwaben hält“. Und verwechselbar sein will Union nicht mal, wenn Marmor, Stein und Eisern bricht. | |||
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Schlimme neue Welt: Weil sich die Studierendenvertretung Asta der TU Berlin mit den Protesten an den Unis in Hongkong solidarisiert, erhält sie Todesdrohungen. „Wir haben E-Mails bekommen, in denen uns gewünscht wurde, dass wir bei lebendigem Leibe verbrannt werden“, erzählt ein Sprecher, der lieber nicht seinen Namen nennt. Zudem hätten Vertreter der „Gesellschaft chinesischer Akademiker“ das Asta-Büro teilweise blockiert. Zu den Einschüchterungsversuchen kommentiert Gyde Jensen (FDP), Vorsitzende des Menschenrechtsausschusses im Bundestag: „Die Reaktionen der chinesischen Behörden zeigen einmal mehr, dass Meinungsfreiheit für sie ein Fremdwort ist.“ | |||
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Falls Sie heute nur kurz Zeit für ein langes Lesestück haben, dann nehmen Sie sie sich bitte für das meines langjährigen Kollegen Kai Kupferschmidt. Dieser schreibt heute in einem bewegendenden Essay im Tagesspiegel über sein Leben mit dem Aids-Virus. „Zum ersten Mal in meinem Leben erlebe ich so etwas wie Panik. Es ist, als hätte ich Platzangst in meinem eigenen Körper.“ So schreibt Kai über die positive Diagnose, die seine Sicht auf die Welt für viele Jahre negativ verändern sollte. Und dann doch positiv veränderte. Was dieser persönliche Text (schon jetzt nachzulesen im E-Paper, ab heute Nachmittag auch digital) zeigt: Das Leben ist hart und zart zugleich zu uns. | |||
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