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Lorenz Maroldt
von Lorenz Maroldt
  Guten Morgen,

heute starten wir mit einer merkwürdigen Personalie auf hoher Senatsebene, die eigentlich ein Fall für den Rechnungshof wäre – wenn nicht ausgerechnet dessen Präsidentin in dieser Angelegenheit eine äußerst fragwürdige Rolle spielte. Die Sache wurde bisher absolut diskret behandelt, denn sie birgt Sprengstoff.

Auslöser ist der notorische Personalverschleiß auf Führungsebene von Innenstaatssekretär Torsten Akmann (SPD). Ob Bernd Palenda (Verfassungsschutz), Klaus Kandt (Polizei) oder Wilfried Gräfling (Feuerwehr) – alle mussten gehen. Diesmal kam Akmann nicht mehr klar mit seiner Abteilungsleiterin Petra Michaelis, er wollte die Stelle neu besetzen. Sein Wunschkandidat: der Landesvorsitzende der „Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratischer Juristinnen und Juristen“ Christian Oestmann (CP vom 16.9). Doch wohin mit der B5-Beamtin Michaelis?

Die SPD-geführte Senatskanzlei bot sich an als Abschiebestation, aber die Sache zerschlug sich. Also musste irgendwo anders ein Platz für Michaelis gefunden werden – und so kam Karin Klingen ins Spiel. Die Rechnungshofpräsidentin hat beste Beziehungen zur Senatskanzlei. Bis zu ihrer Ernennung 2018 leitete sie im Roten Rathaus die Abteilung „Zentrale Dienste, Regierungsplanung, Verwaltungsmodernisierung und E-Government“, zu der auch Robert Drewnicki gehört. Klingen, die selbst den eigenen Leuten als „Parteisoldatin“ gilt, und Drewnicki, enger Berater des Regierenden Bürgermeisters, kennen sich, wie es der Zufall so will, aus dem SPD-Ortsverband Neu-Westend im SPD-Kreisverband Charlottenburg-Wilmersdorf, der geführt wird von Christian Gaebler, dem Chef der Senatskanzlei. Zuvor war Gaebler, der seinem Chef Michael Müller den Spitzenplatz des Kreisverbands für die nächste Bundestagswahl offerierte, Staatssekretär in der Innenverwaltung - noch so ein Zufall.

Klingen schlug jedenfalls vor, den Fall dezent zu klären – im Sinne ihrer Parteifreunde, und: ohne Ausschreibung. Für Michaelis wurde eine neue Stelle eingerichtet, direkt an der Seite der Präsidentin, als „Abteilungsleiterin der Zentralabteilung, zuständig für die Neuausrichtung des Rechnungshofs“. Doch noch gab es ein delikates Problem zu lösen: Das Haushaltsgesetz sieht eine Leiterin der Präsidialabteilung mit einer B5-Stelle nicht vor. Aber auch dafür gab es eine Idee, allerdings eine ziemlich brisante, und die geht so: Die Innenverwaltung zahlt einen Teil des Gehalts ihrer früheren Mitarbeiterin weiter, um die Differenz zur besetzten A16-Stelle auszugleichen – obwohl das einen Verstoß gegen das Haushaltsgesetz darstellen könnte.

Der Checkpoint legte den beteiligten Stellen gestern detaillierte Fragen zu der Angelegenheit vor – darunter auch zu einer möglicherweise rechtswidrigen Konstruktion der Beschäftigung.

Der Sprecher von Innensenator Andreas Geisel (SPD) antwortete knapp: „Zu Personaleinzelangelegenheiten nimmt die Senatsverwaltung grundsätzlich keine Stellung.“

Die Senatskanzlei erklärte, sie habe „nicht darauf hingewirkt“, dass Michaelis eine Stelle am Rechnungshof bekommt.

Und der Rechnungshof teilte mit: „Eine Ausschreibung der Stelle war nicht erforderlich, da Frau Dr. Michaelis von der Senatsverwaltung für Inneres und Sport abgeordnet wurde. Es liegt kein haushaltsrechtlicher Verstoß vor. Die Bezüge werden weiterhin von der Senatsverwaltung für Inneres und Sport gezahlt. Der Rechnungshof erstattet die Kosten nur anteilig. Dies entspricht der Maßgabe des sparsamen und wirtschaftlichen Verwaltungshandelns, da Frau Dr. Michaelis weiterhin im Amt der Landeswahlleiterin tätig sein wird.“

Doch das bedeutet im Klartext: Um ein Personalproblem ihres Staatssekretärs zu lösen, tastet die Innverwaltung die Unabhängigkeit des Rechnungshofs an - denn der ist laut Verfassung „eine unabhängige, nur dem Gesetz unterworfene“ Landesbehörde, die „an keinerlei Weisungen“ gebunden ist und deren Mitglieder die Haushalts- und Finanzpolitik des Senats kontrollieren. Dass eine Senatsverwaltung ein leitendes Mitglied in diese Behörde „abordnet“ und zumindest teilweise bezahlt, verträgt sich nicht mit dem Auftrag dieser Verfassungsinstitution.

Und auch an der Kostenteilung gibt es rechtliche Zweifel – die Senatskanzlei geht vorsichthalber schon mal auf Distanz. Der Checkpoint fragte gestern: „Wie und auf welcher rechtlichen Grundlage überweist die Innenverwaltung oder welche andere Stelle die Differenz zwischen der von Frau Michaelis besetzten A16-Stelle und der vorliegenden B5-Besoldung an den Rechnungshof?“ Die Antwort: „Der Senatskanzlei liegen diesbezüglich keine Informationen vor.“

Bleibt die Frage nach dem Motiv ausgerechnet der Rechnungshofpräsidentin, dem Senat auf diese riskante und teure Weise aus der Bredouille zu helfen. Sozialdemokratische Solidarität? Kalkül? Oder beides? Seit Jahren bemüht sich die Führungsebene des Rechnungshofs um eine bessere Bezahlung und fordert einen Sprung in die jeweils höhere Besoldungsgruppe, bisher vergebens. Gegenüber ihren früheren Kollegen in der Senatskanzlei, die sich auch regelmäßig im SPD-Kreisverband treffen, hat Karin Klingen jetzt jedenfalls mit Blick auf den nächsten Doppelhaushalt ein neues Argument in der Hand – mindestens das.
 
     
 
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