Polen will Kampfjets an die USA geben - Pentagon winkt ab
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Rheinische Post

Morgenausgabe

Stimme
des Westens

Moritz Döbler

09. März 2022

Liebe Frau Do,

die USA importieren kein Erdöl mehr aus Russland. Sollten wir dem Beispiel folgen? Der Kreml droht damit, Nord Stream 1 abzuklemmen. Sollten wir ihm zuvorkommen und auf das Gas verzichten? Fast zwei Wochen liegt der Überfall auf die Ukraine zurück, und die wirtschaftlichen Sanktionen haben schon jetzt eine nie dagewesene Dimension. Aber reicht das oder muss es jetzt doch auch eine militärische Antwort geben, wenn russische Truppen gezielt die Zivilbevölkerung angreifen, wie es Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg als glaubhaft belegt ansieht? Es sind drei Fragen, mit denen ich heute in die „Stimme des Westens“ einsteige. Leichtfertig sollten wir keine davon beantworten, am allerwenigsten die dritte. Wir kommen später noch darauf. Aber jetzt zunächst zur aktuellen Lage.

Heute wichtig:

Flucht: Zumindest einer von fünf vereinbarten Fluchtkorridoren scheint zu funktionieren. Rund 6700 Menschen hätten sich aus der Großstadt Sumy gerettet, erklärte die ukrainische Regierung in der Nacht. Für andere Städte soll nach russischen Angaben am Morgen ab 8 Uhr ein neuer Versuch für Fluchtkorridore starten. Zugleich setzt Russland seine Angriffe fort. Hier haben wir die wichtigsten Entwicklungen aus der Nacht zusammengefasst.

Kampfjets: Der ukrainische Präsident Selenskyj hatte die Vereinigten Staaten eindringlich gebeten, Kiew bei der Beschaffung von mehr Kampfflugzeugen zu unterstützen. Jetzt erklärte sich Polen bereit, seine Maschinen vom Typ MiG-29 den USA zu überlassen. Das Pentagon winkte allerdings ab. Mehr dazu lesen Sie hier.   

Verdachtsfall: Die AfD ist vor Gericht gezogen, um zu verhindern, dass das Bundesamt für Verfassungsschutz sie als Verdachtsfall einstufen darf. Gestern am späten Abend folgte nach fast zehnstündiger Verhandlung die Entscheidung der Richter: Die Einstufung als Verdachtsfall ist zulässig.

Meinung am Morgen:

Energie: Eingangs habe ich drei Fragen gestellt, die erste beantwortet Antje Höning in ihrem Kommentar eindeutig. Deutschland solle dem US-Beispiel nicht folgen und kein Öl-Embargo verhängen: weil es kurzfristig nicht helfe und langfristig nicht durchzuhalten sei. Und auch über den Verzicht aufs Gas, also Frage zwei, schreibt sie.

China: Die Staatspräsidenten Xi Jinping und Wladimir Putin eine ein Ziel – sie wollten den Westen spalten und so schwach wie möglich erscheinen lassen. Das schreibt Holger Möhle in seinem Leitartikel und gibt darin auch eine Antwort auf Frage drei: Dass die Nato nicht direkt in den Ukraine-Krieg einsteige, sei „leider die richtige Entscheidung, obwohl man die Faust in der Tasche ballt“.

Bundeswehr: Über Fragen eins bis drei lässt sich trefflich debattieren, und das werden wir auch weiterhin tun (müssen). Aber daran, dass die deutschen Streitkräfte nicht gut genug ausgestattet sind, besteht kaum ein Zweifel. 100 Milliarden Euro sollen das Problem lösen. Helmut Michelis beschreibt in seiner Analyse, woran es genau fehlt – und dass es dabei nicht vor allem um Geld geht.

So gesehen:

Apropos Geld: Jodtabletten sind bei uns im Rheinland ausverkauft. Um für einen Atomkrieg vorzusorgen, haben sich viele Menschen eingedeckt. Falls Sie das unterlassen haben, seien Sie froh: Die Einnahme wäre nicht nur sinnlos, sondern auch gesundheitsgefährdend. Schilddrüsenkranken fehlen die Pillen dagegen, wie Jörg Isringhaus berichtet. Damit bestätigen sich zwei Erkenntnisse: Sollte, erstens, der Ukraine-Krieg tatsächlich zu einem atomaren Schlagabtausch führen, schützt uns nichts vor den Folgen. Aber wir sollten, zweitens, die Zuversicht nicht verlieren, denn Wladimir Putin hat noch längst nicht gewonnen – und wir können der Ukraine und erst recht den Flüchtlingen von dort helfen. „Angst essen Seele auf“ hieß einst ein Fassbinder-Film, von dem ich hier nur den Titel zitieren will: als Losung für einen zuversichtlichen, guten Start in den Tag. Bis morgen!

Herzlich,

Ihr

Moritz Döbler

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RP Online


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