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Kurzstrecke |
Tagesspiegel Checkpoint vom Dienstag, 08.09.2020 | Überwiegend bewölkt bei max. 22°C. | ||
+ Verkehrssenatorin Günther muss Pop-up-Radwege besser begründen + Gebete und Demos in Berlin für Belarus + Aus Bahnhof „Schöneweide“ wird „Johannisthal“ + |
von Robert Ide |
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Guten Morgen, auch von der Arbeit geträumt? Falls Ihr Büro gleich neben dem Bett steht und Sie immer noch home-sweet-homeofficen, trösten Sie sich: Im Zu-Groß-Raumbüro wartet, außer Ihrem Chef vielleicht, niemand auf Sie. Nach einer neuen Umfrage der IG Metall wollen 78 Prozent der Beschäftigten gern weiterhin zu Hause beschäftigt bleiben, zumindest zeitweise (via dpa). Das Bügelbrett als verstellbarer Schreibtisch und die heimische Mikrowelle als Kantine bieten vielen offenbar noch genug Abwechslung. „Am starren Dogma der ewig notwendigen Präsenz ganzer Belegschaften festzuhalten ist nach Corona nicht mehr das Modell“, sagt DGB-Vorstandsmitglied Anja Piel dazu dem Checkpoint. „Für viele Beschäftigte bedeutet freiwilliges Homeoffice trotz aller Abgrenzungsprobleme mehr Flexibilität und Selbstbestimmung.“ Allerdings brauche es Betriebsvereinbarungen, damit die Heimarbeit „nicht zu Erreichbarkeit rund um die Uhr mit unbezahlten Überstunden ausartet“. Immerhin, auch drei von vier Arbeitgebern wollen künftig häufiger Online-Konferenzen einberufen oder dauerhaft Dienstreisen einschränken. Und es hat Zoom gemacht. Nur im Bundestag, der womöglich bald mit einem Graben gegen Gemeinheiten des gemeinen Volks abgeschirmt wird, zieht man noch nicht ganz mit der neuen Zeit mit. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus den Zu-Klein-Raumbüros der mehr als 700 Abgeordneten berichten, dass sie mehr und mehr dazu angehalten werden, auch wieder physisch in den Parlamentsbetrieb zurückzukehren; in mancher Fraktion gelte in Sitzungswochen grundsätzlich Präsenzpflicht. Stefan Koch, Sprecher der CDU/CDU-Bundestagsfraktion, sagt dazu auf Checkpoint-Anfrage, man versuche, die „Arbeitsfähigkeit durch eine gewisse Flexibilität sicherzustellen“. Was das heißt? „Außerhalb der Sitzungswochen arbeiten wir öfter im Homeoffice als während der Sitzungswochen.“ Hoffentlich ist das Virus auch so flexibel. Sonst sitzt im Hohen Haus bald der Schrecken tief. | |||
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Kerzen brennen, leise Gebete ertönen – und sollen widerhallen über die Kirche hinaus, die schon in der friedlichen Revolution vor 30 Jahren in Berlin den Hallraum eines ganzen Landes füllte. In der Gethsemanekirche in Prenzlauer Berg finden ab heute „Andachten für zu Unrecht Inhaftierte in Belarus“ statt, immer dienstags um 18 Uhr. Und damit wohl auch für die Oppositionsführerin Maria Kolesnikowa, die gestern offenbar vom Regime in Minsk entführt worden ist. Die Berliner Andachtsgruppe „Wachet & Betet – Freiheit Jetzt“, die sich nach der Inhaftierung ihres Gemeindemitglieds Peter Steudtner vor drei Jahren in der Türkei gegründet hatte und weiterhin für eingekerkerte Menschenrechtler in der Türkei kämpft, will nun gemeinsam mit der deutsch-belarussischen Community auf den zunehmenden Terror in Minsk aufmerksam machen, zu dem die deutsche Außenpolitik weiterhin unschlüssig die Hände und um die richtigen Worte ringt. „Die Umstände sind anders, aber die Parallelen zum Ende der DDR auffällig“, sagt Friederike Freier vom Initiativkreis am Checkpoint-Telefon. „Eine gefälschte Wahl wird zum Auslöser für umwälzende Ereignisse – hoffentlich mit friedlichem Ausgang.“ Die belarussische Opposition hat sich, wie berichtet, auch in Berlin organisiert und geht inzwischen zwei Mal wöchentlich auf die Straße. „Wir haben Hoffnung, dass sich die Lage friedlich lösen lässt“, sagt Ann Shkor vom Verein „Belarus Razam“ dem Checkpoint. Die Eliten in Europas letzter Diktatur wendeten sich schon ab vom System Lukaschenko, „darum beraten wir in Berlin mit Wissenschaftlern und Politikern, wie man später einen friedlichen Wandel gestalten könnte“, sagt Shkor. Die 30-Jährige, selbst in Minsk aufgewachsen, kann sich vorstellen, als Architektin bei einem demokratischen Neuaufbau in ihrer Heimat zu helfen. Am Mittwoch ist sie in Berlin bei der nächsten Demo für die Freilassung von Gefangenen dabei, um 19 Uhr auf dem Potsdamer Platz. Hier wird bereits beständig Freiheit für Belarus gefordert – auf einem alten Mauerstück (Foto hier). Eines allerdings ist anders als 1989: die Lage in Moskau. „Wir hatten damals Gorbatschow im Kreml“, sagt Friederike Freier. „Jetzt sitzt da Putin.“ | |||
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Mrs. Verkehrssenatorin Regine Günther, tear down this Radweg! Acht Berliner Pop-up-Radwege sind rechtswidrig und müssen sofort downgegraded werden, wie das Verwaltungsgericht in einer Eilentscheidung verfügt hat. „Man muss aufzeigen, dass an den Stellen, an denen die Radwege eingerichtet werden, dies zwingend geboten ist – und zwar aus verkehrsbezogenen Gefährdungsaspekten heraus“, sagt Gerichtssprecher Dominic Hörauf. Die Rechtsgrundlage dafür dürfte der Verkehrsverwaltung durchaus bekannt sein: die Straßenverkehrsordnung. Darin werden als Ziele unter anderem „Flüssigkeit und Leichtigkeit des Verkehrs“ definiert. Die Senatsverwaltung hatte sich dagegen gedacht, die Radwege locker-flüssig mit der Pandemie begründen zu können. Und so liest sich der Gerichtsbeschluss wie eine gewaschene Abreibung für eine im Handlungsstau stehende Verwaltung, die das Gestalten nicht ordnungsgerecht zu verwalten vermag. Auszüge: „Auch der Vortrag, das Hallesche Ufer, das Tempelhofer Ufer und das Schöneberger Ufer hätten den Charakter einer ‚Schnellstraße‘ bzw. würden regelwidriges Überholen hervorrufen, beschränkt sich auf allgemeine Behauptungen, ohne bezogen auf diese Straßenabschnitte das konkrete Verkehrsaufkommen zu benennen und/oder die entsprechende Unfallstatistik heranzuziehen. Das Gleiche gilt für das Vorbringen des Antragsgegners, Radfahrende würden dort häufig verkehrswidrig den Gehweg befahren.“ Oder: „Die Behauptung, die Kantstraße sei bisher für Radfahrende nicht nutzbar gewesen, da u.a. besonders häufig ‚in zweiter Reihe‘ geparkt worden sei, hat er [der Antragsgegner] durch nichts belegt.“ Und: „Soweit die Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h und die hohe Verkehrsbelastung in der Gitschiner Straße an sich einen Radfahrstreifen erforderlich machen sollen, fehlt es an der Darstellung einer auf den dort stattfindenden Radverkehr bezogenen Tatsachengrundlage. Auch die Bezugnahme auf Verkehrsbeobachtungen, die eine erhöhte Nutzung einiger Straßenabschnitte nach Erlass der streitgegenständlichen Anordnungen ergeben hätte, bleibt ohne Substanz, da der Antragsgegner hierzu keinerlei konkrete Daten vorgelegt hat.“ Nun muss sich Regine Günther (Grüne) also doch mal die Mühe machen, eine stichhaltigere Begründung für jeden einzelnen Radstreifen erarbeiten zu lassen. Denn der wichtigste Grund für mehr geschützten Radverkehr liegt leider auf Berlins Straßenpflaster. 15 Radfahrerinnen und Radfahrer sind in diesem Jahr bisher getötet worden (Karte des ADFC hier). Alle täglich Überlebenden des alltäglichen Verkehrs-Wahnsinns haben eine bessere Mobilitätspolitik verdient – und einen Senat, der auf rechtlich sicheren Spuren unterwegs ist. | |||
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Berlin dreht gern am Rad, besonders gerne am Riesenrad. Eine verwunschene Runde lässt sich im geschundenen, aber nicht verschwundenen Spreepark drehen, von dessen quietschenden Gondeln einst sozialistische Kinder bis in den Westen der eigenen, halbierten Stadt gucken konnten und dessen Fahrgeschäft „Fliegender Teppich“ später für den Schmuggel von 180 Kilo Kokain aus Peru entzaubert werden sollte. Ein Drama, das in dem wunderbaren Film „Achterbahn“ einen Zauber entwickelte und doch kein Happy End fand (Trailer hier). Nun werden hier im Plänterwald ab 2022 wieder ganz große Dinger gedreht, schrittweise soll der Rummel wieder zum Bummel einladen, der Probebetrieb am riesigen Rad beginnt schon morgen mit kleinen Kunstinstallationen. So dreht sich Berlin immer weiter – und niemals durch. | |||
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Falls Sie mal wieder was Intimes brauchen: Das kleine Kino in Friedrichshain, das die Kuscheligkeit nicht nur im Namen trägt, sondern auch in seiner flauschigen Einrichtung, klappt am 3. Oktober seine renovierten Sessel wieder herunter und hebt den Vorhang nach fast eineinhalb Jahren Dunkelheit hoch für den Lichtscheinkegel der Träume. Berlins ältestes Kino wird fortan betrieben von den Tilsiter Lichtspielen, selbst sesshaft gleich um die Ecke und passenderweise das zweitälteste Kino der Stadt. Alte Liebe rostet nicht, sie flimmert bald neu entflammt. | |||
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Ach, und falls Sie beim Sex kalte Füße bekommen, dann beachten Sie bitte folgenden medizinischen Hinweis von Dr. Mandy Mangler, Chefärztin der Gynäkologie am Auguste-Viktoria-Klinikum in Schöneberg: „Studien haben gezeigt, dass Frauen häufiger zum Orgasmus kommen, wenn sie Strümpfe beim Sex tragen. Warme Füße wirken sich positiv auf die Durchblutung aus und deuten auf Vertrautheit in der Beziehung hin.“ Mehr über Pornos und Pantoffeln bei der Vereinigung hören Sie in der neuen Folge unseres unzensierten „Gyncast“-Podcasts. Herz ist Strumpf. | |||
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