Von Corona selbst hat sich die Wirtschaft zwischenzeitlich schnell wieder erholt, aber die Folgeschäden, wie der Chip-Mangel und gestörte Lieferketten, setzen den Automobil-Herstellern weiter kräftig zu. Sie haben ihre Produktion gedrosselt und eine „Triage“ zugunsten der teuren Hochpreis- und Luxusmodelle vorgenommen. Weniger Umsatz, mehr Gewinn. Dabei befindet sich die Branche im Umbruch, Verbrennungs-Motoren sind aus der Mode und werden in wenigen Jahren für Neuwagen in immer mehr Regionen der Welt verboten. Der Elektro-Pionier Tesla hat frühzeitig auf den wegweisenden Trend gesetzt und seine Marktkapitalisierung lag zwischenzeitlich höher als die aller Autohersteller der Welt zusammengenommen. Dabei kommen Teslas Erfolge auch durch staatliche Eingriffe wie Subventionen und CO2-Verschmutzungsrechte, die anfangs alleine für das Überwinden der Profitabilitätsschwelle verantwortlich waren. Inzwischen verdient Tesla aber auch operativ mit seinen Fahrzeugen Geld. Doch die etablierten Hersteller rüsten und holen auf. Mit ihren Modell-Offensiven buhlen sie um die Gunst der Käufer und gerade in China, dem inzwischen größten Automobil-Markt der Welt, ist die Markentreue deutlich geringer als im Westen – das birgt Chancen und Risiken. Anfangs konnten sich die deutschen Premium-Hersteller gut am Markt etablieren, doch bei den E-Modellen haben die einheimischen China-Wagen die Nase vorn. Eine Vielzahl junger und innovativer Anbieter strebt auf den Markt, aber die neue Weltmacht ist ein semi-etablierter Hersteller: BYD. Die verkaufen inzwischen mehr Elektro-Autos als Tesla, sofern man die Hybrid-Modelle mitzählt. Und was hat das alles mit Porsche zu tun? Nun, Porsche setzt, wie inzwischen auch der VW-Mutterkonzern, voll auf den Elektro-Antrieb als Zukunftsmodell. Und mit Porsche als Sportwagen-Ikone will Volkswagen sich im E-Automarkt auch emotional stark positionieren. Auch damit folgt man Tesla. Porsche-Börsengang Bereits im Februar kamen erste Gerüchte auf, VW wolle Porsche an die Börse führen. Wir haben das Szenario am 23. Februar in unserem Report vorgestellt und Anfang September scheinen nun Nägel mit Köpfen gemacht worden zu sein. Der Börsengang scheint unmittelbar bevorzustehen. » Zum Nachlesen: „Nur Gewinner?! VW lässt Porsche auf die Börse los...“ Dabei ist das Ganze nicht so einfach, wie es aussieht: 1. Dem Volkswagen-Konzern, dessen börsennotierte Aktien in Stamm- und Vorzugsaktien aufgeteilt sind, gehören 100% dem Autohersteller Porsche. 2. Die ebenfalls börsennotierte Porsche Automobil Holding SE, in der die Porsche-Gründerfamilien Porsche und Piëch einen Großteil ihres Vermögens bündeln, verfügt über die Mehrheit an VW – doch das Bundesland Niedersachsen hat dank des „VW-Gesetzes“ eine Sperrminorität. Nun soll Folgendes passieren: 3. Die bisher nicht börsennotierten Aktien der Porsche AG (der Autohersteller) werden in Stamm und stimmrechtslose Vorzugsaktien aufgeteilt. 4. 25% plus 1 Aktie der Stammaktien werden an die Porsche Automobilholding SE verkauft, die damit einen direkten Anteil am Sportwagenhersteller erhält. Bezahlt wird der Platzierungspreis zzgl. eines Aufschlags von 7,5%. 5. 25% der Vorzugsaktien werden im Wege eines IPO an die Börse gebracht. So sieht es der Vertrag zwischen den Beteiligten vor. Aber das ist noch nicht alles. Es haben sich schon einige Interessenten für die Porsche-Aktien gemeldet, die vorab Kontingente an Vorzugsaktien erwerben wollen. Das würde das Emissionsvolumen drücken und die Aussicht für Privatanleger, bei der Zeichnung zum Zuge zu kommen, weiter reduzieren. Des Weiteren sind dies alles bisher nur Planspiele, wenn auch konkrete. Sollte sich die ohnehin wankelmütige Börsenverfassung in den nächsten Wochen nochmals merklich eintrüben, könnte der Börsengang auch abgeblasen oder zumindest aufgeschoben werden. Es geht nämlich um viel Geld. Und Macht. Der Porsche/Piëch-Clan möchte endlich wieder direkten Zugriff auf den Sportwagenbauer bekommen, während der VW-Konzern durch das IPO vor allem Geld in die Kasse bekommen will. Geld für den teuren Umbau des Konzerns zum führenden E-Mobilitätsanbieter der Welt. Zurzeit werden mögliche Börsenbewertungen für die Porsche AG herumgereicht, die auf 85 Mrd. Euro hindeuten – womit die Tochter sogar noch knapp höher bewertet würde als der Gesamtkonzern (aktuell 84 Mrd. Euro; und zu dem gehören ja auch noch Audi, Lamborghini, Skoda, Seat, Bentley, MAN, Scania, Navistar, Moia, Ducati uvm.). Eine hohe Börsenbewertung der Porsche AG-Aktie würde aller Wahrscheinlichkeit nach auch den Kurs der Mutter VW kräftig in die Höhe schieben – und beide zusammen dann auch den Aktienkurs der Porsche Automobilholding SE. 25% von 80 Mrd. Euro Für die Porsche Holding hat der Deal aber auch eine Kehrseite. Sie muss die Porsche Stammaktien, die ihr vom VW-Konzern verkauft werden, natürlich auch bezahlen. Der Kaufpreis hängt vom Emissionspreis ab und darauf wird noch ein Aufschlag von 7,5% fällig. Nehmen wir vereinfacht an, Porsche würde vom Start weg mit 80 Mrd. Euro bewertet, dann würden 21,875 Mrd. Euro fällig. Kein Pappenstiel, und so viel Geld liegt natürlich nicht in der Kasse. Teil des ausbaldowerten Gesamtkonstrukts zwischen den Beteiligten ist, dass VW 49% des Brutto-Emissionserlöses aus dem Börsengang für eine Sonderdividende verwenden wird. Größter Nutznießer dieser Sonderdividende ist... die Porsche Automobilholding SE als Großaktionär. Und das bedeutet wiederum, dass diese Sonderdividende sofort zur Bezahlung des 25%-Anteil an Porsche verwendet wird. Ein sehr cleverer Schachzug. Das reicht allerdings nicht ganz aus, um die Rechnung zu begleichen und so will die Porsche Automobilholding SE die Differenz über Fremdkapital aufbringen. Was kein Problem sein wird, denn trotz der dann höheren Verschuldung dürfte der Verschuldungsgrad sogar sinken bezogen auf den Börsenwert, denn dieser dürfte durch den Porsche-Börsengang deutlich hochschnellen. Porsche Automobil Holding SE (ISIN: DE000PAH0038) | Hier die Grafik vergrößern... | WKN / Kürzel | Börsenwert | KGV 21/22e/23e | Kurs | PAH003 / PAH3 | 20,6 Mrd. EUR | 6 / 4 / 4 | 67,26 EUR | Unser Fazit Verwirrend? Auf jeden Fall. Sicher? Auf keinen Fall. Es ist noch vieles unklar, vor allem, ob der Börsengang wirklich stattfinden wird. Zumindest wann. Die Gründerfamilien Porsche/Piëch wollen den Deal, VW ist bereit ihn durchzuziehen. Im Grunde gibt es ja auch nur Gewinner. Nun gibt es allerdings mehrere Wege, um vom Porsche-Börsengang zu profitieren. 1. Man zeichnet Aktien der Porsche AG beim Börsengang oder kauft sie im Anschluss an die Notierungsaufnahme. Das bietet sich an, wenn man vom langfristigen Erfolg der Sportwagenschmiede überzeugt ist. 2. Man kauft Aktien von Volkswagen, weil ein erfolgreicher Porsche-Börsengang diesen bisher weitgehend ignorierten Vermögenswert in der VW-Bilanz schlagartig ins Rampenlicht und auf neue Bewertungs-Dimensionen heben wird. Und damit sicherlich auch die VW-Aktie, egal ob Stamm- oder Vorzugsaktie. Anleger setzen so auf Porsche und auf den VW-Gesamtkonzern. 3. Man kann auch die Aktien der Porsche Automobilholding SE kaufen. Die sind an der Börse notiert und haben als ihren mit großem Abstand gewichtigsten Vermögenswert die Mehrheitsbeteiligung am VW-Konzern in ihrem Portfolio. Daneben gibt es einige kleinere Investments in Isar Aerospace, Inrix, Markforged (3D-Druck) oder AEVA Technologies (LIDAR-Hersteller). Interessant und zukunftsweisend, aber neben der VW-Beteiligung (und dem künftigen 25 %-Anteil an der Porsche AG) vernachlässigbar. Alle drei Wege erscheinen mir aussichtsreich auf mittlere und lange Sicht. Ich selbst setze auf die Porsche Automobilholding SE, denn wer VW-Aktien für unterbewertet hält, kann hier einen doppelten Discount verbuchen. Denn das VW-Paket der Porsche Holding ist viel mehr wert als die Börsenbewertung der Porsche Holding selbst. Man kann hier also, getreu nach Warren Buffetts berühmtem Zitat, den Euro für 50 Cent kaufen. Oder andersherum: Man kann mit großer Sicherheitsmarge kaufen. „Ein Schnäppchen, das ein Schnäppchen bleibt, ist kein Schnäppchen.“ – Martin Whitman – Allerdings gehört zu einem guten Investment nicht nur ein guter Einstiegspreis, sondern der innere Wert muss sich auch in absehbarer Zeit realisieren. Ansonsten erweist es sich letztendlich als Fehlkauf. Also versuchen wir doch mal, die wichtigen Fragen zu beantworten: • Wird Porsche künftig gute oder bessere Geschäfte machen und Erfolg als Autohersteller haben? • Wird ein Börsengang der Porsche AG ein Erfolg und zu einer hohen Bewertung führen? • Werden der VW-Konzern und auch seine Aktien davon profitieren? • Wird die Porsche Holding als VW-Mehrheitsaktionär davon profitieren? Ist die Beantwortung eine Frage des Glaubens? Wohl eher eine der Wahrscheinlichkeiten. Ich habe jedenfalls alle diese Fragen mit einem „Ja“ beantwortet und daher war die Porsche Automobilholding-Aktie für mich ein klarer Kauf und auch Favorit unter den möglichen Varianten, um vom Börsengang der Porsche AG profitieren zu können. Selbst, wenn der Börsengang wegen eines heftigen Herbstbörsengewitters vielleicht erst mit ein paar Monaten Verspätung erfolgt. Denn Buffetts Mentor und Lehrmeister Benjamin Graham erklärte: „Preis ist, was Du bezahlst. Wert ist, was Du bekommst“. Und ich habe den Preis gezahlt und freue mich auf den Moment, wo sich der Wert in Form von satten Kurssteigerungen nicht mehr versteckt...
Die heutige Ausgabe entstand wieder in Zusammenarbeit mit Michael C. Kissig. | | Offenlegung wegen möglicher Interessenkonflikte: Die Redakteure/Autoren sind in den folgenden besprochenen Wertpapieren bzw. Basiswerten zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Kommentars investiert: Porsche Holding & Tesla Weitere Informationen dazu findest Du hier... Meine neuesten Videos
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