| Guten Morgen, aus gegebenem Anlass ändern wir hier heute das Programm: Es ist gerade kein geeigneter Moment, um wie gewohnt über den possierlichen Berliner Wahnsinn zu fluchen und zu lachen. Das Neueste aus Berlin gibt’s gleich im Telegramm. Aber erst einmal muss Zeit sein, an die Toten von Hanau zu denken – an das Leben, das ihnen genommen wurde und an die Hölle, durch die ihre Angehörigen gehen. Neun der Getöteten starben wohl, weil sie ihrem Mörder nicht deutsch genug schienen. Den Verletzten gute Besserung! Viele hundert Menschen haben sich gestern Abend am Hermannplatz, am Brandenburger Tor und anderswo versammelt, um der Toten zu gedenken und um zu zeigen, dass sie nicht bereit sind, sich an rassistischen Terror zu gewöhnen. Es ist der dritte rechtsextremistische Mordanschlag in Deutschland binnen neun Monaten und der folgenschwerste. Muss man sagen: der bisher folgenschwerste? Die Festnahme von zwölf Rechtsextremisten, die Ähnliches, nur eine Nummer größer, vorhatten, ist erst ein paar Tage her. Der Täter war ausweislich seines „Manifests“ und seines Überwachungswahns wirr im Kopf. Gefestigt aber war sein rassistisches Weltbild. Eines, wie es einem bereits bei einem kurzen Ausflug in die sogenannten Sozialen Medien entgegenquillt. Zufällig vor allem im Dunstkreis von AfD-Accounts, auf denen gleich am Morgen danach die Schadenfreude tobte, weil ja in Shisha-Bars bekanntlich nur die von Merkel ins Land gerufenen kriminellen Ausländer herumballern, weiß man doch, nicht wahr? Die höheren Chargen der AfD erklärten den Täter unisono für geisteskrank und unpolitisch. Sie dürften wissen, dass sie ihm das rhetorische Gerüst gebaut haben, auf dem er zur Tat geschritten ist: „Wohltemperierte Grausamkeit“ (Höcke), „Umvolkung“ (Chrupalla), „alimentierte Messermänner und sonstige Taugenichtse“ (Weidel). Hans-Georg Maaßen, der einst die Behörde leitete, die die Allgemeinheit vor Menschen wie dem Hanauer Mörder schützen sollte, befand den Morgen danach übrigens für den richtigen Moment, um (wenn auch in anderem Zusammenhang) zu twittern: „Sozialistische Logik: Täter sind immer rechts, Opfer immer links“ und „Antifa=Nazis“. Vielleicht kann in den nun fälligen Talkshows auf die Einladung dieser Ideologie-Lieferanten verzichtet werden, auch wenn sie dann wieder beleidigt tun. Die Beweislage ist erdrückend genug. „In Hanau wurde keine Shisha-Bar angegriffen“, sagt Berlins Innensenator Andreas Geisel. „In Hanau wurden Menschen getötet, die zu uns gehören.“ Und: „Von den Worten ist es immer kürzer bis zu den Taten.“ Ob das inzwischen allen bewusst ist, die die AfD beispielsweise für ihr Engagement gegen die Energiewende und die EU schätzen? Dass sie, wenn sie sich für diese Opposition entscheiden, automatisch das Gesamtpaket mit Hass und Verachtung für Menschen buchen, die nicht ins parteieigene Arier-Schema passen? Über Verbindungen des Mörders nach Berlin ist laut Geisel nichts bekannt. Auf die Frage des RBB, ob und wo die Sicherheitsvorkehrungen hochgefahren werden sollten, blieb der Senator vage. Wer sich im Internet umtut, kann kaum anders, als jederzeit mit dem Schlimmsten zu rechnen. | |