| | Die einzelnen News | | 1. | EuG: Ferrari darf Marke TESTAROSSA weiter für Autos, Zubehör und Modellfahrzeuge verwenden | Unionsmarken: Das Gericht hebt die Entscheidungen auf, mit denen die Wortmarke TESTAROSSA von Ferrari für bestimmte Waren für verfallen erklärt wurde, darunter Automobile, Einzelteile und Zubehör sowie Modellfahrzeuge Die Ferrari SpA ist seit 2007 Inhaberin der Wortmarke TESTAROSSA, u. a. für Automobile, Einzelteile und Zubehör sowie Modellfahrzeuge (Spielzeug). Das mit zwei Anträgen auf Erklärung des Verfalls der Marke TESTAROSSA befasste Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) erklärte diese Marke von Ferrari für verfallen. Es war der Ansicht, dass diese Marke für die Waren, für die sie eingetragen worden war, während eines ununterbrochenen Zeitraums von fünf Jahren zwischen 2010 und 2015 in der Europäischen Union nicht „ernsthaft benutzt“ worden sei. In seinen Urteilen hebt das von Ferrari angerufene Gericht die Entscheidungen des EUIPO auf. Zu den Fahrzeugen des Modells Testarossa führt das Gericht aus, dass diese zwischen 1984 und 1996 gebaut wurden und danach nur Gebrauchtwagen durch Vertragshändler oder von Ferrari autorisierte Händler vertrieben wurden. Hierzu weist es darauf hin, dass die Benutzung der Marke durch ihren Inhaber entsprechend ihrer Hauptfunktion - die Ursprungsidentität der Waren, für die sie eingetragen wurde, zu garantieren - beim Wiederverkauf von Gebrauchtwaren eine „ernsthafte Benutzung“ darstellen kann. Dies gilt auch für ihre Benutzung durch Dritte mit ausdrücklicher oder stillschweigender Zustimmung des Inhabers. Unter Berücksichtigung der Gepflogenheiten und Merkmale speziell des Automobilmarktes stellt das Gericht fest, dass beim Verkauf eines Gebrauchtwagens durch einen Vertragshändler oder einen vom Markeninhaber autorisierten Händler davon ausgegangen werden kann, dass dieser mit der stillschweigenden Zustimmung des Markeninhabers erfolgt ist, da eine Autorisierung besteht, die eine Verbindung zwischen diesen beiden Gesellschaften herstellt. Diese Verbindung setzt voraus, dass der Markeninhaber dem Vertragshändler oder dem autorisierten Händler gestattet hat, die Marke zu benutzen. Außerdem weist das Gericht darauf hin, dass Ferrari am Verkauf bestimmter Gebrauchtwagen des Modells Testarossa durch die Vertragshändler oder autorisierten Händler über die Dienstleistung der Bescheinigung der Echtheit dieser Fahrzeuge beteiligt war. Daher kommt das Gericht zu dem Ergebnis, dass Ferrari nachgewiesen hat, der Benutzung der angegriffenen Marke durch Dritte stillschweigend zugestimmt zu haben. Zu den Einzelteilen und dem Zubehör stellt das Gericht fest, dass die Marke auch für diese Waren in dem betreffenden Zeitraum von Vertragshändlern und autorisierten Händlern benutzt wurde. Darüber hinaus umfasst die von Ferrari angebotene Dienstleistung der Echtheitsbescheinigung eine Überprüfung der betrieblichen Herkunft der Hauptteile, aus denen sich die Fahrzeuge des Modells Testarossa zusammensetzen. Daher kommt das Gericht zu dem Ergebnis, dass das Unternehmen seine stillschweigende Zustimmung zur Benutzung der betreffenden Marke durch Dritte nachgewiesen hat. Zu den Modellfahrzeugen (Spielzeug) (Rechtssache T-1104/23) weist das Gericht darauf hin, dass die von einem Dritten vorgenommene Anbringung eines Zeichens, das mit einer für Spielzeug eingetragenen Marke identisch ist, auf Modellfahrzeugen nur dann untersagt werden kann, wenn sie die Funktionen dieser Marke beeinträchtigt oder beeinträchtigen kann, was anhand der Merkmale des Marktes für Modellfahrzeuge zu beurteilen ist. Nach Auffassung des Gerichts kann ein Dritter eine solche Marke ohne Zustimmung ihres Inhabers benutzen, sofern sich die Benutzung der Marke auf einem Modellfahrzeug darauf beschränkt, die maßgeblichen Verkehrskreise darauf hinzuweisen, dass es sich bei dieser Ware um eine originaltreue Nachbildung eines echten Fahrzeugmodells handelt. Geht die Benutzung der Marke durch einen Dritten hingegen über diesen bloßen Hinweis hinaus und wird z. B. auf eine Lizenzvereinbarung mit dem Inhaber der Marke verwiesen, so wird sie als Hinweis darauf wahrgenommen werden, dass diese Waren vom Automobilhersteller oder einem mit ihm wirtschaftlich verbundenen Unternehmen stammen. Nach Prüfung der Beweise für die Benutzung der angegriffenen Marke stellt das Gericht fest, dass diese im betreffenden Zeitraum von Dritten für Modellfahrzeuge mit der Angabe „offizielles Produkt unter Ferrari-Lizenz“ benutzt wurde. Somit wurde die Marke entsprechend ihrer Hauptfunktion benutzt, die darin besteht, die betriebliche Herkunft der Waren, für die sie eingetragen wurde, zu garantieren. Außerdem erfolgte ihre Benutzung für Modellfahrzeuge durch Dritte mit der stillschweigenden Zustimmung von Ferrari. Urteil des Gerichts in den Rechtssachen T-1103/23 und T-1104/23 | Ferrari/EUIPO - Hesse (TESTAROSSA) Quelle: Pressemitteilung des EuG v. 02.07.2025 | | | | 2. | OLG Frankfurt a.M.: Auslobung von 10 EUR-Gutscheinen für e-Rezept durch Versandhandelsapotheke ist wettbewerbswidrig | Die Auslobung von 10 €-Gutscheinen bei der Einlösung von e-Rezepten, deren Guthaben - jedenfalls teilweise - auch für den Kauf nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel verwendet werden kann, verstößt gegen das Heilmittelwerbegesetz. Das Oberlandesgericht wies mit heute veröffentlichter Entscheidung die Berufung einer niederländischen Versandhandelsapotheke zurück. Die Klägerin betreibt eine auf gesundheitsbezogene Leistungen ausgerichtete Internet-Plattform. Über ihr Angebot können u.a. Bestellungen von - auch verschreibungspflichtigen - Arzneimitteln aufgegeben werden. Die in den Niederlanden ansässige Beklagte bietet einen Versandhandel mit Arzneimitteln an und ist auch für den Vertrieb rezeptpflichtiger Arzneimittel zugelassen. Sie bewarb die Inanspruchnahme ihrer Leistungen mit zwei Gutscheinaktionen: Zum einen wurde ein 10 €-Gutschein ausgelobt bei Einlösung eines e-Kassenrezepts. Die Verrechnung sollte zunächst mit der gesetzlichen Zuzahlung und bei einem verbleibenden Restbetrag mit nicht verschreibungspflichtigen Produkten erfolgen. Zum anderen wurde ein 10 €-App-Gutschein für die erste Bestellung nicht verschreibungspflichtiger Artikel über ihre App ausgelobt. Das Landgericht hatte den auf Unterlassung der Gutscheinaktionen gerichteten Anträgen stattgegeben. Die hiergegen eingelegte Berufung hatte auch vor dem für Wettbewerbsrecht zuständigen 6. Zivilsenat des OLG keinen Erfolg. Die Beklagte verstoße mit dieser Werbung gegen das Heilmittelwerbegesetz (i.F.: HWG), begründete der Senat seine Entscheidung. Gemäß § 7 HWG ist beim Verkauf von Arzneimitteln u.a. das Anbieten und Ankündigen von nicht nur geringwertigen Werbegaben unzulässig. Hier liege eine derartige unzulässige produktbezogene Werbung vor. Auch die Werbung für das gesamte Warensortiment einer Apotheke könne produktbezogen im Sinne des HWG sein. „Es gibt keinen Grund, den vom Gesetzgeber im Bereich der Heilmittelwerbung als grundsätzlich unerwünscht angesehenen Anreiz einer Wertreklame gerade dann hinzunehmen, wenn diese Form der Reklame für eine besonders große Zahl von Heilmitteln eingesetzt wird“, erläuterte der Senat. Dieses Verständnis sei auch unionsrechtskonform. Grundsätzlich erfasse das Verbot der Werbung für Arzneimittel die Frage, „ob“ ein Arzneimittel gekauft werde. Nur die Entscheidung des „wie“, d.h. in welcher Apotheke, sei nicht vom Werbeverbot erfasst. Der Gutscheinbetrag könne hier in beiden Fällen für den vergünstigten Bezug nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel genutzt werden. Die Werbung fördere damit den Verbrauch nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel. Die Gutscheine stellten sog. Werbegaben dar. Diese lägen vor, wenn es sich aus der Sicht des Empfängers um ein Geschenk handele. Ihr Wert von 10 € übersteige auch den Betrag einer „geringwertigen Kleinigkeit“, der bei Publikumswerbung mit 1 € angesetzt werde. Soweit im Handelsverkehr etablierte Sofortrabatte von diesem Verbot ausgenommen werden, liege hier kein derartiger Sofortrabatt vor. Die im Eilverfahren ergangene Entscheidung ist nicht anfechtbar. (Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 15.5.2025, Az. 6 U 347/24 Vorausgehend Landgericht Frankfurt am Main, 3-10 O 134/24) Quelle: Pressemitteilung des OLG Frankfurt a.M. v. 02.07.2025 | | | | 3. | OLG Köln: Ärztlicher Doktortitel darf nicht gezielt für Online-Bewerbung von Nahrungsergänzungsmitteln benutzt werden | Ein ärztlicher Doktortitel darf nicht gezielt für die Online-Bewerbung für Nahrungsergänzungsmitteln verwendet werden, wenn dadurch der irreführende Eindruck erweckt wird, die Produkte seien medizinisch besonders geprüft (OLG Köln, Urt. v. 16.05.2025 - Az.: 6 U 29/25). Ein approbierter Arzt war Geschäftsführer eines Unternehmens, das Nahrungsergänzungsmittel verkaufte. Er warb online mit seinem vollen Namen und den Titel “Dr. med.” mit Aussagen wie “DR. MED. X (…) Gesundheit ist Vertrauenssache” und “Dr. med. X (…) steht als Arzt für Seriosität, Kompetenz und Vertrauenswürdigkeit. Damit Ihre Gesundheit sicher aufgehoben ist, lautet sein Credo: „Keine Wunder versprechen, sondern medizinisch fundierte Empfehlungen geben sowie „medizinisch fundierte Empfehlungen geben”. Das OLG Köln stufte diese Werbung als Wettbewerbsverstoß ein, da der Doktortitel in unlauterer Weise genutzt werde. Zwar dürfe ein Arzt seinen Titel auch gewerblich verwenden. Die Grenze sei aber dort erreicht, wenn damit eine irreführende Wirkung verbunden sei. Im vorliegenden Fall suggeriere die Reklame, dass die Produkte medizinisch geprüft und ärztlich empfohlen seien, obwohl es keine gesicherten wissenschaftlichen Belege dafür gebe. Dies sei besonders problematisch, da im Gesundheitsbereich besonders strenge Anforderungen an Werbeaussagen gelten würden. Die Werbung könne bei Verbrauchern den falschen Eindruck erwecken, die Mittel seien objektiv wirksam und sicher, weil ein Arzt sie bewerbe. Dies verstoße gegen das Gebot der Sachlichkeit und könne zu gesundheitlichen Risiken führen. Es sei unerheblich, ob die einzelnen Produkte den Anforderungen der Health-Claims-Verordnung genügten, denn die Gesamtwirkung der Werbung gehe darüber hinaus. “Der Beklagte nimmt für sein Sortiment eine besondere medizinische Absicherung in Anspruch, gründend auf die eigene Expertise als promovierter Mediziner, ohne darzulegen, dass diese seine eigene Meinung auch der allgemeinen Ansicht in der Wissenschaft entspricht.” Und weiter: “Dies birgt die Gefahr, dass die beworbenen Nahrungsergänzungsmittel vom angesprochenen Verkehr als vermeindlich allgemein empfehlenswert verstanden oder jedenfalls aufgrund einer geminderten Kritikhaltung gegenüber dem sie bewerbenden Arzt sorgloser eingenommen werden, als andere Nahrungsergänzungsmittel, die - nur - mit den nach der HCVO zulässigen Claims beworben werden. Mit der angegriffenen Werbung ist folglich eine nicht unerhebliche Gefahr für das hohe Schutzgut der Gesundheit des Einzelnen und der Bevölkerung insgesamt verbunden.” | | | | 4. | LG Frankfurt a.M.: Irreführende Rabattpreise bei "Black Friday"-Woche | Ein Unternehmen, das nach Ablauf einer während der “Black Friday Woche” eingeführten Rabattaktion zum gleichen Preis weitermacht, handelt wettbewerbswidrig (LG Frankfurt a.M., Urt. v. 14.04.2025 –- Az.: 3-10 O 77/24). Der verklagte Händler warb während der “Black Friday Woche” mit einem Sonderpreis für schnurlose In-Ear-Kopfhörer (59 EUR statt 99,99 EUR). Der Kläger monierte, dass derselbe Preis auch nach Ende der Rabattaktion weiterhin verlangt wurde. Später wurde das Produkt sogar noch günstiger angeboten. Die Frankfurter Richter sahen darin eine Irreführung der Verbraucher. Verbraucher gingen bei solchen Aktionswochen davon aus, dass diese zeitlich begrenzt seien und die Preise danach wieder steigen würden. Die Werbung mit dem Rabattpreis sei daher geeignet, einen Entscheidungsdruck zu erzeugen. Da das Produkt jedoch auch nach der Aktion zum selben oder sogar günstigeren Preis verkauft wurde, sei der Eindruck einer zeitlich befristeten Vergünstigung falsch gewesen: "Der Verkehr wird nämlich irregeführt, wenn für die Sonderaktion mit einer zeitlichen Beschränkung geworben wird, dann aber auch nach Ablauf weiterhin die reduzierten Preise verlangt werden (…). Die Beklagte hat auch keine plausible und nachvollziehbare Begründung dafür geliefert, warum sie nach dem Ende der Rabattaktion den Preis des Produkts während der Rabattaktion beibehalten hat." Und weiter: "Zwar ist es grundsätzlich selbstverständlich zutreffend, dass die Beklagte ihre Preise frei bestimmen kann. Insoweit verkennt die Beklagte jedoch, dass dies nicht völlig uneingeschränkt gilt. Sie hat ihre Preise im Rahmen der Gesetze zu bestimmen. Sie darf z.B. keine sittenwidrige Preise (§ 138 BGB) oder gesetzeswidrige Preise (vgl. z.B. § 3 BuchPrG) verlangen. Danach ist die Beklagte im Rahmen der Vorschriften des UWG in ihrer Preisfestsetzung eben auch dann eingeschränkt, wenn ihre Preispolitik irreführend ist. Keiner zwingt die Beklagte, Rabattaktionen wie die Black Friday Woche durchzuführen. Dann stellt sich die vorliegende Irreführungsproblematik für die Beklagte nicht mehr.." | | | | 5. | LG Frankfurt a.M.: Fehlender Mindestinhalt einer wettbewerbsrechtlichen Abmahnung = kein Ersatz der Abmahnkosten | Enthält eine wettbewerbsrechtliche Abmahnung nicht den vorgeschriebenen Mindestinhalt, hat der Abmahner keinen Anspruch auf Erstattung seiner Abmahnkosten. Im Gegenteil, er muss der abgemahnten Gegenseite vielmehr deren Rechtsanwaltsgebühren erstatten (LG Frankfurt a.M., Urt. v. 02.07.2025 - Az.: 2-06 O 116/25). Zwei Betreiber von regionalen Online-Nachrichtenportale gerieten in Streit. Die Klägerin mahnte den Beklagten wegen einer falschen Werbeaussage ab. In der anwaltlichen Abmahnung hieß es u.a. wie folgt: "(…) in vorbezeichneter Angelegenheit zeigen wir an, dass uns die (…) mit der Wahrnehmung der rechtlichen Interessen beauftragt hat. (…) Unsere Mandantschaft ist auch berechtigt, Ansprüche gemäß § 8 Abs. 1 in Verbindung mit § 3, 5 UWG geltend zu machen, da sie als Mitbewerber in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis stehen, § 8 Abs. 3 UWG. Mitbewerber im Sinne des § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG ist gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 4 UWG jeder Unternehmer, der mit einem oder mehreren Unternehmern als Anbieter oder Nachfrager von Waren oder Dienstleistungen in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis steht. Unsere Mandantin bietet ebenfalls wie Sie Online-Nachtrichten [sic] an, die sich an dieselbe Region richtet und sie konkurrieren um die Aufmerksamkeit der Lesenden." Der Beklagte verteidigte sich gegen die Abmahnung und forderte die Erstattung seiner Anwaltskosten. Seiner Ansicht nach entsprach die Abmahnung nicht den gesetzlichen Anforderungen des § 13 Abs.2 UWG und lege nicht ausreichend die Voraussetzungen der Anspruchsberechtigung dar. Das LG Frankfurt a.M. folgte dieser Argumentation und lehnte den Ausgleich der klägerischen Abmahnkosten ab. Zugleich verurteilte das Gericht den Abmahner zu Erstattung der Anwaltskosten des Beklagten. Laut Gesetz müsse eine Abmahnung Angaben dazu enthalten, in welchem Umfang die abmahnende Partei selbst geschäftlich tätig sei. Diese Informationen fehlten in der vorliegenden Abmahnung vollständig. Die Klägerin habe lediglich angegeben, dass sie ein Nachrichtenportal betreibe, ohne konkrete Daten zu liefern. So hätte sie beispielsweise angeben können, wie lange sie am Markt tätig sei oder wie viele Besucher ihre Seite habe. Zwar sei die Klägerin nicht verpflichtet, sensible Unternehmensdaten wie Umsatzzahlen preiszugeben. Die gemachten Angaben reichten jedoch nicht aus, da sie viel zu vage seien. Es bestünde daher keine Verpflichtung zur Übernahme der klägerischen Anwaltskosten. Vielmehr habe der Beklagte einen entsprechenden Ausgleichsanspruch. "Der Klägerin ist zuzugeben, dass von ihr nicht erwartet werden kann, dass sie sensible Unternehmensdaten wie z.B. konkrete Umsatzzahlen angeben muss. Auch kann sich bei einem Online-Nachrichtendienst die Frage stellen, welche Art von „Verkaufszahlen“ in einer Abmahnung angegeben werden können, um den Anforderungen des § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG zu entsprechen. Nichtsdestotrotz sind die extrem pauschalen Angaben der Klägerin nicht ausreichend. Es hätte der Klägerin oblegen, beispielsweise darzulegen, seit wann sie mit ihrem Angebot – ggf. durchgehend – am Markt ist, um der Anforderung „nicht nur gelegentlich“ zu genügen, ferner hätte die Klägerin zumindest die URL der Website ihres Online-Nachrichtendienst und eine grobe Anzahl der monatlichen Aufrufe der Website („mehr als [...] Aufrufe pro Monat/Jahr“) oder eine grobe Umsatzangabe („mehr als [...] € pro Monat bzw. Jahr) angeben können. Lediglich – wie hier in der Abmahnung gemäß Anlage K3 – darauf abzustellen, dass (angeblich) ein konkretes Wettbewerbsverhältnis vorliege, genügt den Anforderungen von § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG nach den oben dargestellten Grundsätzen nicht." Und weiter: "Auf die Widerklage hin war die Klägerin zur Zahlung der vorgerichtlichen Verteidigungskosten zu verurteilen. Gemäß § 13 Abs. 5 UWG hat der Abmahnte gegen den Abmahnenden einen Anspruch auf Ersatz der für seine Rechtsverteidigung erforderlichen Aufwendungen u.a., soweit die Abmahnung unberechtigt ist oder nicht den Anforderungen des § 13 Abs. 2 UWG entspricht. Dies war hier der Fall. Auf die obigen Ausführungen wird verwiesen." | | | | 6. | LG Karlsruhe: Unternehmen aus Dubai kann sich nicht auf deutsches Unternehmenspersönlichkeitsrecht berufen | Ein Unternehmen in der Rechtsform einer Limited Liability Company (LLC) aus Dubai in den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE), kann sich nicht auf das deutsche Unternehmenspersönlichkeitsrecht berufen, um gegen kritische Instagram-Posts vorzugehen (LG Karlsruhe, Urt. v. 12.06.2025 - Az.: 22 O 10/24). Eine Immobilienfirma mit Sitz in Dubai, VAE, in der Rechtsform einer LLC ging gerichtlich die Beklagte vor, die ihren Sitz im Ausland hatte. Diese hatte auf auf Instagram mehrere Posts veröffentlicht. Darin bezeichnete sie die Website des Unternehmens als Fake und warf den Geschäftsführern vor, sie hätten ihre Gutmütigkeit ausgenutzt. Die Klägerin sah darin eine Verletzung ihres Unternehmenspersönlichkeitsrechts und forderte Unterlassung sowie Schadensersatz. Das LG Karlsruhe wies die Klage als unzulässig ab. Die angerufenen deutschen Gerichte seien nicht zuständig, da kein inländischer Gerichtsstand gegeben sei. Zudem könne die Klägerin als die Klägerin als Unternehmen mit Sitz außerhalb Deutschlands und der EU keinen Schutz durch das deutsche Grundgesetz beanspruchen. Vor jeder inhaltlichen Prüfung müsse die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte geklärt werden. Als Unternehmen dem EU-Ausland könne die Klägerin sich nicht auf das deutsche Unternehmenspersönlichkeitsrecht berufen, weil dieses sich aus dem Grundgesetz ableite und nur für juristische Personen mit Sitz in Deutschland oder der EU gelte. Die Klägerin firmiere aber in Dubai. Auch wenn die Posts der Beklagten möglicherweise in Deutschland abrufbar seien und diese dort bekannt sei, reiche dies nicht aus. Die Klägerin habe keine ausreichenden Tatsachen vorgetragen, um eine rechtlich relevante Verletzung in Deutschland darzustellen. "Der Vortrag der Klägerin ist insoweit unschlüssig, denn sie kann sich nicht auf ein Unternehmenspersönlichkeitsrecht nach deutscher Rechtsordnung berufen, folglich in einem solchen auch nicht verletzt sein. aa) Das sog. Unternehmenspersönlichkeitsrecht ist im deutschen Recht durch §§ 1004 Abs. 1, 823 BGB analog i.V.m. Art. 2 Abs. 1, 19 Abs. 3 GG geschützt. Es ist anerkannt, dass juristische Personen Persönlichkeitsschutz genießen, soweit sie aus ihrem Wesen als Zweckschöpfung des Rechts und ihren Funktionen dieses Rechtsschutzes bedürfen. Dies ist insbesondere der Fall, wenn und soweit sie in ihrem sozialen Geltungsanspruch in ihrem Aufgabenbereich betroffen sind (…). bb) Nach Art. 19 Abs. 3 GG gelten die Grundrechte nur für inländische juristische Personen. Hierbei ist der effektive Sitz der Gesellschaft entscheidend (…). Eine Anwendungserweiterung über das Diskriminierungsverbot des Art. 18 AEUV oder spezielle Gleichheitssätze findet nur für juristische Personen mit Sitz im EU-Ausland statt (…). Daher gilt auch das unmittelbar aus dem Grundgesetz entwickelte Unternehmenspersönlichkeitsrecht nur für inländische und EU-ausländische juristische Personen. Soweit ersichtlich, hat auch die Instanzrechtsprechung eine Erstreckung auf Unternehmen aus dem Nicht-EU-Ausland nicht vorgenommen (…). cc) Die Klägerin hat ihren Sitz in den VAE. Auf den Schutz der deutschen Grundrechte kann sie sich nicht berufen, mithin auch nicht auf das aus der Verfassung abgeleitete Unternehmenspersönlichkeitsrecht als absolutes Recht i.S.v. § 823 Abs. 1 BGB." | | | | 7. | AG München: Kein Online-Vertragsschluss bei irrtümlichem Klick auf Link | Eine Münchnerin stellte sich am 20.10.2022 in einer Zahnklinik vor, um eine kieferorthopädische Behandlung wegen eines Schiefstandes im Unterkiefer in Anspruch zu nehmen. Die Behandlung sollte mittels elastischer Klarsichtschienen (sog. „Aligner“) durchgeführt werden, die nach der Erfassung des Zahnstatus eigens für den Patienten angefertigt werden. Auf Grundlage dieses Termins sandte die Zahnklinik am 25.10.2022 der Münchnerin eine E-Mail mit einem Link zu, über den sie auf ihren personalisierten Behandlungsplan und das Angebot zugreifen konnte. Vor Abschluss des Vertrags schickte die Münchnerin die E-Mail jedoch an eine befreundete brasilianische Zahnärztin, um deren Meinung einzuholen. Am selben Tag erhielt sie eine Bestätigungsemail über den Beginn der Behandlung und am Folgetag eine Rechnung über 1.790 €. Unmittelbar darauf wandte die Münchnerin sich an die Zahnklinik und teilte mit, dass sie keinen Vertrag wollte. Die Zahnklinik gab an, dass auf den Link in der E-Mail geklickt worden sei und auf einem weiteren Fenster auf „Jetzt zahlungspflichtig bestellen“ geklickt wurde. Sie gingen daher davon aus, dass der Vertrag zustande gekommen war. Da die Münchnerin die Zahlung weiterhin verweigerte, verklagte sie ein Abrechnungsunternehmen, an das die Forderung zwischenzeitlich abgetreten worden war, vor dem Amtsgericht München auf Zahlung. Das Amtsgericht München wies die Klage jedoch mit Urteil vom 23.10.2024 ab. In seinem Urteil führte das Gericht u.a. aus: „Der Abschluss eines Behandlungsvertrags mit der Beklagten ist durch die Klägerseite bereits nicht hinreichend dargetan. Auch nach dem erteilten Hinweis […] erfolgte kein weiterer Vortrag der Klägerseite zu der substantiiert bestrittenen Behauptung, dass die Beklagte diejenige gewesen sei, die den Button zum Abschluss eines Behandlungsvertrags betätigt habe. Die Klägerseite legte weder dar, dass der Bestellbutton von der IP-Adresse der Beklagten betätigt wurde, noch, dass die Beklagte sich in irgendeiner Weise authentifizierte. Ausweislich des Klägervortrags konnte jede Person, der die als Anlage B1 vorgelegte E-Mail vom 25.10.2022 zugänglich war, den Bestellbutton betätigen. […] Die bekannte Zahnärztin der Beklagten in Brasilien […] handelte auch nicht als Stellvertreterin im Namen der Beklagten gemäß § 164 Abs. 1 BGB. […] Zwar wurde der Link in der E-Mail, der den Behandlungsprozess bei Aktivierung in Gang setzen soll, betätigt, die Bekannte handelte jedoch ohne Vollmacht. Zwar kann der Beklagten entgegengehalten werden, dass sie eine E-Mail mit einem Link zu einer Bestellung an jemanden weitergeleitet hat, der die deutsche Sprache nicht versteht, allerdings war aus der E-Mail […] mit der Überschrift „Hier ist dein Behandlungsplan“ selbst noch nicht ersichtlich, dass man durch die Betätigung des Links auf eine Webseite gelangt, auf derer eine kostenpflichtige Behandlung beauftragt werden kann. In der Weiterleitung ist daher auch für einen objektiven Empfänger keine Vollmachtserteilung erkennbar. Ferner handelte die Bekannte in Brasilien hinsichtlich der Bestellung ohne Willen für die Beklagte eine rechtlich bindende Erklärung abgeben zu wollen, da sie sich ausweislich des Beklagtenvortrags gerade nur die Simulation anschauen und sich Informationen über die Behandlung verschaffen wollte. […] Selbst wenn man davon ausginge, dass die Weiterleitung der E-Mail der Beklagten an die Bekannte eine Vollmachtserteilung darstellt, hätte die Beklagte jedenfalls mit der E-Mail […] etwas über zwei Stunden nach Erhalt der Bestätigungs-E-Mail zum Ausdruck gebracht, dass sie von dem Vertrag Abstand nehmen möchte, weswegen der Vertrag infolge der Anfechtung nichtig wäre gem. § 142 Abs. 1 BGB. Als Vertretene wäre ihr die Anfechtung aufgrund eines Inhaltsirrtums möglich gewesen gemäß §§ 119 I 1 Alt. 1, 142 BGB. […] Es kann folglich dahinstehen, ob der Beklagten […] auch ein Widerrufsrecht gem. §§ 312g Abs. 1, 355 BGB zugestanden hätte." Urteil des Amtsgerichts München vom 23.10.2024 Aktenzeichen: 231 C 18392/24 Das Urteil ist rechtskräftig. Quelle: Pressemitteilung des AG München v. 07.07.2025 | | | | 8. | AG München: Paketdienstleister haftet für ausgetauschte Ware in Paket | Ein Münchner verkaufte am 22.12.2023 einen gebrauchten Laptop Apple Macbook Pro für 2.924,21 € an einen Online-Gebrauchtwarenhändler. Diesen verpackte er anschließend mit der Originalverpackung in einem gelben Karton und verschloss diesen mit vier Klebestreifen. Anschließend fuhr er zu einer Kundenservicestelle eines Paketdienstleisters und beauftragte diesen mit dem versicherten Versand an den Online-Gebrauchtwarenhändler zum Preis von 53,20 €. Hierfür erhielt er eine Trackingnummer. Als das Paket beim Empfänger geöffnet wurde, befanden sich darin jedoch lediglich drei Packungen Mehl. Der Münchner verlangte daher vom Paketdienstleister Schadensersatz in Höhe des Werts des Laptops sowie Ersatz der Transportkosten. Dieser verweigerte jedoch die Zahlung und bestritten pauschal, dass sich in dem Paket ein Laptop befunden habe. Der Münchner erhob daher Klage vor dem Amtsgericht München auf Zahlung von 2.977,41 € und Ersatz vorgerichtlicher Anwaltskosten. Das Amtsgericht München gab dem Kläger mit Urteil vom 26.09.2024 recht und verurteilte den Paketdienstleister antragsgemäß. In seinem Urteil führte es u.a. aus: „Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch in Höhe des Verkaufspreises des streitgegenständlichen Laptops von 2924,21 € nach §§ 425, 429 Abs. 1, 3 HGB und auf die Frachtkosten in Höhe von 53,20 € nach § 432 HGB. Wie sich aus [dem vorgelegten Ankaufbeleg] ergibt, hat der Kläger ein MacBook Pro 2023 16 zu einem Preis von 2924,21 € […] verkauft. Des Weiteren wurde eine Quittung der Beklagten vom 22.12.2023 Abgabezeit 17:56:26 für das Paket […] vorgelegt […]. In der E-Mail vom 27.12.2023 teilte [der Online-Gebrauchtwarenhändler] mit, dass das Paket leer sei. Auf den beigefügten Fotos sind 3 Packungen Rosenmehl in einem gelben Paket von DHL zu sehen. Auf dem Paket ist die oben genannte Trackingnummer angebracht. Bei der persönlichen Anhörung […] hat der Kläger ausgesagt, er habe einen neuen […] Karton verwendet. Wenn man bei [der Beklagten] versichert sei, müsse man bei einem Kundenservice von [der Beklagten] das Paket aufgeben. Er sei extra nach […] gefahren und habe dies gemacht. Er habe den Laptop, der in einer Apple-Verpackung gewesen sei in den Karton eingelegt und noch Zeitungspapier dazu getan. Er habe den Karton an der vorgesehenen Stelle verschlossen und das Klebeband an 4 Stellen, so wie es auf den Aufnahmen zu sehen ist, angebracht. Der Klebestreifen habe sich bei dem neuen Karton befunden. Die Schilderungen des Klägers waren nachvollziehbar und überzeugend. Er machte sowohl einen glaubhaften als auch glaubwürdigen Eindruck. Seine Aussage wird durch die vorgenannte Quittung und die Fotos untermauert. In seiner schriftlichen Aussage erklärt der [Mitarbeiter des Online-Gebrauchtwarenhändlers], er sei […] als Logistiker beschäftigt. Zu seinen täglichen Aufgaben würden, unter anderem, Ware entgegennehmen, auspacken, einlagern, versandfertig machen, gehören. Am 27. Dezember habe er das Paket mit der Sendung Nummer […] aus dem Postwagen genommen und es auf seinen Tisch gelegt. Er habe die Sendungsnummer gescannt und mit einem Messer das Paket geöffnet. Dieses habe 3 Pakete Mehl enthalten. Daraufhin habe er das Paket wieder verschlossen und das Label neu gescannt. Anschließend sei er mit dem Paket zu Mitarbeiterin N. gegangen und habe es ihr auf den vorgesehenen Platz gelegt. […] Es bestehen keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass der [Mitarbeiter des Online-Gebrauchtwarenhändlers] den Ablauf und den Inhalt des Paketes nicht richtig geschildert hat. Die vorgelegten Fotos und die anschließende Email an den Kläger sprechen für die Richtigkeit seiner Aussage. Für die Glaubhaftigkeit der Aussagen des Klägers und des Zeugen […] sprechen auch [vorgelegte Fotos], auf welchen sich jeweils die oben genannte Sendungsnummer befindet.“ Urteil des Amtsgerichts München vom 26.09.2024 Aktenzeichen: 123 C 14610/24 Das Urteil ist rechtskräftig. Quelle: Pressemitteilung des AG M+nchen v. 30.06.2025 | | | | 9. | VG Schleswig: Meta verstößt mit Facebook gegen Transparenzgebot im Medienstaatsvertrag | Die 10. Kammer hat mit Beschluss vom 30. Juni 2025 einen einstweiligen Rechtsschutzantrag der Meta Platforms Ireland Limited (Antragstellerin) gegen einen Bescheid der Medienanstalt Hamburg/Schleswig-Holstein (Antragsgegnerin) abgelehnt. Die Antragsgegnerin hatte gegenüber Meta mit Bescheid vom 2. Oktober 2024 beanstandet, dass sie mit ihrem Dienst Facebook gegen Transparenzpflichten aus dem Medienstaatsvertrag verstoße. Sie informiere Nutzer u. a. nicht leicht genug wahrnehmbar über die Kriterien und Funktionsweisen der Algorithmen, die über gezeigte Beiträge, deren Auswahl und Gewichtung im News-Feed entscheiden. Die Antragsgegnerin forderte Meta unter Anordnung der sofortigen Vollziehung auf, die Verstöße kurzfristig zu beheben. Hiergegen wandte sich die Antragstellerin mit diversen Einwänden; u. a. verstießen die maßgeblichen Vorschriften des Medienstaatsvertrags (MStV) gegen Europarecht. Das Gericht lehnte den Antrag der Antragstellerin aufgrund einer umfassenden Interessenabwägung ab. Zwar komme die Kammer bei summarischer Prüfung zu dem Ergebnis, dass der Bescheid formell rechtmäßig sei und die Voraussetzungen für eine Beanstandung vorlägen, da die Antragstellerin den Transparenzpflichten aus § 93 MStV nicht hinreichend nachkomme. Im Eilverfahren lasse sich jedoch die komplexe Rechtsfrage, ob § 93 und § 1 Abs. 8 Satz 1 MStV gegen Unionsrecht verstießen, nicht abschließend beantworten. Die infolge der offenen Erfolgsaussichten vorzunehmende Interessenabwägung falle angesichts der Bedeutung der mit den Transparenzvorschriften geschützten Meinungsvielfalt und demokratischen Meinungsbildungsprozessen, die durch Dienste wie Facebook erheblich mitgestaltet würden, zulasten der Antragstellerin aus. Für die Kammer sei nicht erkennbar gewesen, dass der mit den Transparenzpflichten verbundene Aufwand zu besonders tiefgreifenden oder gar unverhältnismäßigen Belastungen der Antragstellerin führen würde. Die Antragstellerin kann gegen den Beschluss (10 B 185/24) binnen zwei Wochen Beschwerde zum Oberverwaltungsgericht einreichen. Quelle: Pressemitteilung des VG Schleswig v. 02.07.2025 | | | | 10. | Berliner Datenschutzbeauftragter: Anmietung von Adressen + Lettershop-Verfahren führt zu gemeinsamer Verantwortlichkeit nach Art. 26 DSGVO | Nach Auffassung des Berliner Datenschutzbeauftragten führt die Anmietung von Adressen und der anschließende Einsatz des Lettershop-Verfahrens zu einer gemeinsamen Verantwortlichkeit nach Art. 26 DSGVO. Dies soll auch dann gelten, wenn das anmietende Unternehmen die Adressen zu keinem Zeitpunkt erhält. In seinem aktuellen Jahresbericht für das Jahr 2024 (Download hier) berichtet der Berliner Datenschutzbeauftragte über zwei wichtige Verfahren zum Adresshandel. In beiden Fällen versendete ein Lettershop postalische Werbung im Auftrag von Unternehmen, die werben wollten. Die Adressen stammten von Adresshändlern, die im Auftrag des Kunden gezielt Zielgruppen selektierten. Im ersten Fall waren das u.a. die Merkmale “Performer“, ”konservativ-etabliert" und “liberal-intellektuell”. Im zweiten Fall wurde nach “wohnhaft in Berlin”, “wohnhaft in Brandenburg”, “Kaufkraft stark überdurchschnittlich” und "Kaufkraft überdurchschnittlich“ gesucht. Die Berliner Datenschutzbehörde sah in beiden Fällen eine gemeinsame Verantwortlichkeit nach Art. 26 DSGVO zwischen Werbenden und Adresshändlern, auch wenn der Lettershop zwischengeschaltet war und der Werbende die Daten gar nicht erhielt. Wörtlich äußert sich die Behörde wie folgt: "Die Adresshändler:innen und die Werbenden sind nach unserer Bewertung vorliegend jeweils gemeinsam Verantwortliche. Die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) geht nach Art. 26 von gemeinsam Verantwortlichen aus, wenn zwei oder mehr Verantwortliche gemeinsam die Zwecke der und die Mittel zur Verarbeitung festlegen. Gemeinsamer Zweck der Verarbeitung ist hier die Direktwerbung an die von den Adresshändler:innen anhand der Kriterien der Werbenden ausgewählten Adressat:innen. Gleiches gilt auch für die wesentlichen Mittel des Versands der Direktwerbung, bei dem das Verfahren durch die Adresshändler:innen und den konkreten Inhalt des Werbeschreibens sowie die Auswahl der Adressat:innen durch die Werbenden (mit)festgelegt wurde. Der Annahme einer gemeinsamen Verantwortlichkeit steht auch nicht entgegen, dass ein Lettershop eingesetzt wurde und die Werbenden in bestimmten Konstellationen keinen Zugang zu den personenbezogenen Daten hatten. Nach der Recht- sprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) kann über die Zwecke und Mittel der Datenverarbeitung auch entscheiden, wer die Daten nicht selbst verarbeitet, also selbst keinen Zugriff auf sie hat. Im Rahmen unserer Verfahren haben die Werbenden bestritten, gemeinsam mit den jeweiligen Adresshändler:innen verantwortlich zu sein. Die nach Art. 26 DSGVO notwendige Vereinbarung zwischen gemeinsam Verantwortlichen wurde dementsprechend nicht abgeschlossen." Die Behörde verwarnte in beiden Fällen die Unternehmen, die sich dagegen gerichtlich wehrten. In einem Fall wurde das gerichtliche Verfahren von der betroffenen Partei nicht weiter betrieben, sodass es bestandskräftig wurde. Das zweite Verfahren läuft noch. Die Behörde rechnet für 2025 mit einem Urteil. Anmerkung von RA Dr. Bahr: Sollte sich die Rechtsauffassung der Berliner Datenschutzbehörde in der Praxis tatsächlich durchsetzen, würde dies eine massive Veränderung der alltäglichen Adresshandels-Praxis führen. Adresshändler und Werbetreibender wären dann gemeinsam datenschutzrechtlich verantwortlich, was weitreichenden Konsequenzen hätte: Für etwaige Datenschutzverletzungen würde eine gesamtschuldnerische Haftung eintreten und auch Auskunftserteilungen nach Art. 15 DSGVO müssten grundlegend neu überarbeitet werden. Wichtig: Im Oktober 2025 gibt es zu diesem wichtigen Thema und noch vielen weiteren Schwerpunkten ein eigenes Seminar mit RA Dr. Bahr “Werbeeinwilligungen nach DSGVO & UWG”. Nähere Infos + Anmeldung hier.
| | | | 11. | Seminar mit RA Dr. Bahr: "Werbeeinwilligungen nach DSGVO und UWG aus rechtlicher und praktischer Sicht" | Unser Seminar: Wie dürfen Unternehmen heute noch werben, ohne rechtlich ins Stolpern zu geraten? Ob per E-Mail, Newsletter, Telefon, Social Media oder Messenger – wer Direktmarketing betreibt, muss rechtssicher handeln. Und das wird mit neuen Urteilen und Datenschutzvorgaben immer komplexer. Unser exklusives Präsenz-Seminar bringt Licht ins juristische Dunkel rund um DSGVO, UWG und Werbeeinwilligungen – praxisnah, kompakt und mit Blick auf die Realität im Marketingalltag. Direkt im Dialog – keine Webcams, kein Chatfenster: Nutzen Sie die Chance, unsere Experten live zu erleben, Fragen direkt zu stellen und sich mit anderen Profis persönlich auszutauschen. Vor Ort in Frankfurt a.M., in konzentrierter Lernatmosphäre. Die Referenten sind RA Dr. Bahr und Claudia Rigon. Zwei Formate – für jedes Wissenslevel: FOR BEGINNERS – am 21. Oktober 2025: Grundlagen, typische Fehler und sofort umsetzbare Tipps. FOR EXPERTS – am 22. Oktober 2025: Vertiefung, Spezialfragen & aktuelle Streitfragen mit Profiwissen. Teilnehmerzahl begrenzt – Early-Bird-Rabatt sichern: Die Teilnehmerzahl ist begrenzt. Sichern Sie sich jetzt Ihren Platz. Anmeldung & weitere Infos: https://www.dr-bahr.com/seminar
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