| | Die einzelnen News | | 1. | KG Berlin: Für B2B-Klagen gegen Social-Media-Dienst X sind deutsche Gerichte nicht zuständig | Das Kammergericht hat durch Urteil vom 10. Juli 2025 die Berufung von zwei Klägerinnen gegen die Social Media Plattform X zurückgewiesen und damit die Entscheidung des Landgerichts, wonach die deutsche Gerichtsbarkeit international unzuständig sei, bestätigt. Die Klägerinnen – zwei natürliche Personen – hatten mit ihrer Klage begehrt, dass es X untersagt werde, sechs Postings weiter zu verbreiten. Diese seien volksverhetzend, Hass schürend und verstießen gegen die Richtlinie zu Gewaltandrohung. Die Beklagte wandte u.a. ein, die Berliner Gerichte seien international nicht zuständig, weil sie ihren Sitz in Irland habe und dort der Erfüllungsort sei. Da die Klägerinnen keine Verbraucherinnen seien, ergebe sich auch aus Art. 17 und 18 Brüssel-Ia-Verordnung keine besondere Zuständigkeit. Das Landgericht war dieser Ansicht gefolgt. In der mündlichen Berufungsverhandlung am Kammergericht wies der zuständige Senat darauf hin, dass er dem Landgericht folgen wolle. Auch er sehe den Erfüllungsort in Irland. Es liege auch keine Verbrauchersache vor. Denn eine der Klägerin habe dem Gericht nur unzureichende Informationen gegeben, ob sie als Verbraucherin anzusehen sei. Nach einer Gesamtabwägung, u.a. ihrem selbst gewählten Nutzernamen mit der Berufsbezeichnung als Rechtsanwältin und dem Eindruck, den sie objektiv damit erweckt habe, bestünden vernünftige Zweifel an einer Verbrauchereigenschaft. Es könne jedenfalls nicht sicher festgestellt werden, dass sie im Sinne der Brüssel-Ia-Verordnung eine Verbraucherin sei. Dies wirke sich zu ihren Lasten aus. Bei der anderen Klägerin komme es hierauf schon nicht an. Ihre Klage sei unzulässig, weil sie keine Wohnadresse angegeben habe. Dies sei aber nur zulässig, wenn es dafür nachvollziehbare Gründe gebe. Diese habe sie nicht dargelegt. Die Organisation HateAid, die in dem Verfahren ursprünglich ebenfalls als Klägerin aufgetreten war, hatte gegen das Urteil des Landgerichts keine Berufung eingelegt. Wegen der weiteren Einzelheiten müssen die schriftlichen Entscheidungsgründe abgewartet werden, die noch nicht vorliegen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Gegen die Entscheidung kann innerhalb eines Monats nach Zustellung der schriftlichen Urteilsgründe die Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesgerichtshof eingelegt werden. Kammergericht: Urteil vom 10. Juli 2025, Aktenzeichen 10 U 104/24 Landgericht: Urteil vom 04. Juni 2024, Aktenzeichen 27 O 52/23 (2) Quelle: Pressemitteilung des KG Berlin v. 11.07.2025 Art. 17 Brüssel-Ia-Verordnung (1) Bilden ein Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag, den eine Person, der Verbraucher, zu einem Zweck geschlossen hat, der nicht der beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit dieser Person zugerechnet werden kann, den Gegenstand des Verfahrens, so bestimmt sich die Zuständigkeit unbeschadet des Artikels 6 und des Artikels 7 Nummer 5 nach diesem Abschnitt, a) wenn es sich um den Kauf beweglicher Sachen auf Teilzahlung handelt, b) wenn es sich um ein in Raten zurückzuzahlendes Darlehen oder ein anderes Kreditgeschäft handelt, das zur Finanzierung eines Kaufs derartiger Sachen bestimmt ist, oder c) in allen anderen Fällen, wenn der andere Vertragspartner in dem Mitgliedstaat, in dessen Hoheitsgebiet der Verbraucher seinen Wohnsitz hat, eine berufliche oder gewerbliche Tätigkeit ausübt oder eine solche auf irgendeinem Wege auf diesen Mitgliedstaat oder auf mehrere Staaten, einschließlich dieses Mitgliedstaats, ausrichtet und der Vertrag in den Bereich dieser Tätigkeit fällt. (2) Hat der Vertragspartner des Verbrauchers im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats keinen Wohnsitz, besitzt er aber in einem Mitgliedstaat eine Zweigniederlassung, Agentur oder sonstige Niederlassung, so wird er für Streitigkeiten aus ihrem Betrieb so behandelt, wie wenn er seinen Wohnsitz im Hoheitsgebiet dieses Mitgliedstaats hätte. (3) Dieser Abschnitt ist nicht auf Beförderungsverträge mit Ausnahme von Reiseverträgen, die für einen Pauschalpreis kombinierte Beförderungs- und Unterbringungsleistungen vorsehen, anzuwenden. Art. 18 Brüssel-Ia-Verordnung (1) Die Klage eines Verbrauchers gegen den anderen Vertragspartner kann entweder vor den Gerichten des Mitgliedstaats erhoben werden, in dessen Hoheitsgebiet dieser Vertragspartner seinen Wohnsitz hat, oder ohne Rücksicht auf den Wohnsitz des anderen Vertragspartners vor dem Gericht des Ortes, an dem der Verbraucher seinen Wohnsitz hat. (2) Die Klage des anderen Vertragspartners gegen den Verbraucher kann nur vor den Gerichten des Mitgliedstaats erhoben werden, in dessen Hoheitsgebiet der Verbraucher seinen Wohnsitz hat. (3) Die Vorschriften dieses Artikels lassen das Recht unberührt, eine Widerklage vor dem Gericht zu erheben, bei dem die Klage selbst gemäß den Bestimmungen dieses Abschnitts anhängig ist. | | | | 2. | OLG Frankfurt a.M.: Abmahner trägt Risiko, wenn Antwort auf die Abmahnung in seinem Spam-Ordner landet | Eine einstweilige Verfügung ist aufzuheben, wenn der Antragsteller objektiv unzutreffende Angaben gemacht hat. Dies gilt auch dann, wenn die falschen Äußerungen nicht absichtlich gemacht wurden, sondern weil E-Mails des Gegners im Spam-Ordner landeten und nicht wahrgenommen wurden (OLG Frankfurt a.M., Urt. v. 17.04.2025 - Az.: 6 U 310/24). Ein deutscher Wettbewerbsverband beanstandete die Bewerbung und den Vertrieb von diätetischer Lebensmitteln eines spanischen Unternehmens ab. Der Verband mahnte das Unternehmen per E-Mail ab und forderte es zur Unterlassung auf. Wenig später stellte der Verband bei Gericht einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung. Dabei gab er an, dass der Abgemahnte nicht reagiert habe. Später stellte sich jedoch heraus, dass mehrere Antworten des Unternehmens in englischer Sprache eingegangen waren, diese aber übersehen worden waren. Die E-Mails lagen im Spam-Ordner. Das LG Frankfurt a.M. hob die zunächst erlassene einstweilige Verfügung wieder auf und bewertete das Vorgehen des Verbands als Rechtsmissbrauch. Auch das OLG Frankfurt a.M. teilte diese Einschätzung und wies die Berufung zurück. Der Antragsteller habe gegen das Gebot fairer Prozessführung verstoßen. Wer einen Gegner mahne und dann eine einstweilige Verfügung beantrage, müsse sicherstellen, dass ihn eine mögliche Antwort auch erreiche und rechtzeitig ans das Gericht weitergeleitet werde. Es genüge nicht, einfach zu behaupten, keine Antwort erhalten zu haben. Dies gelte insbesondere dann nicht, wenn technisch vermeidbare Fehler wie übersehene E-Mails im Spiel seien. Dies gelte auch für die Fälle, in ohne böse Absicht gehandelt werde. Ein festgestellter Rechtsmissbrauch führte nur zur Aufhebung des gerichtlichen Urteils, nicht jedoch zum Ausschluss des materiell-rechtlichen Anspruchs. “Wählt der Antragsteller vor diesem Hintergrund den Weg der vorprozessualen Anhörung, indem er den Gegner abmahnt und dem Gericht im anschließenden Eilantrag, sein Abmahnschreiben vorlegt und mitteilt, dass die Abmahnung ohne Reaktion geblieben sei, gebieten der Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) und der hohe Rang des Rechts auf prozessuale Waffengleichheit, dass der Antragsteller innerhalb seines Einflussbereichs sichergestellt hat und sicherstellt, dass ihn die Antwort des Gegners auf seine Abmahnung erreicht und er sie dem Gericht rechtzeitig mitteilen kann. Denn durch seine durch diesen Vortrag gekennzeichnete Prozessführung hat der Antragsteller Verantwortung für die Wahrung des prozessualen Prozessgrundrechts des Gegners übernommen. Dazu setzt er sich in unredlicher Weise in Widerspruch, wenn er nicht sicherstellt, dass ihn und das Gericht die Antwort des Gegners auf die Abmahnung erreicht.” Und weiter: “Der von der Rechtsordnung missbilligte Erfolg liegt in dem Erlass einer einstweiligen Verfügung, obwohl der Antragsteller durch Wahl des Wegs der vorgerichtlichen Anhörung mit anschließendem Eilantrag bei Antragsgegner und Gericht einen Vertrauenstatbestand geschaffen hat, wonach er sicherstellt, dass die Antwort des Gegners zur Kenntnis des Gerichts gelangt und sich letztendlich dazu in Widerspruch gesetzt hat. Einer verwerflichen Motivlage oder darauf gerichteter Absichten bedarf es für die Annahme des Rechtsmissbrauchs in solchen Fällen nicht; es bedarf in solchen Fällen nicht einmal des Verschuldens (vgl. BGH, Urt. v. 04.02.2015, VIII ZR 154/14, Rn. 25; Urt. v. 12.11.2008, XII ZR 134/02, Rn. 41, jeweils zitiert nach juris).” Und dann: "Im vorliegenden Fall hatte der Antragsteller die Antragsgegnerin im Wege des E-Mail-Schreibens abgemahnt und musste folglich mit einer Antwort auf diesem Weg rechnen. Deshalb musste er sicherstellen, dass seine E-Mail-Eingänge regelmäßig auf eine entsprechende Antwort kontrolliert werden. Das gilt nicht nur für das regelmäßige Posteingangsfach, sondern auch für den sog. Spam-Ordner, der mit dem Spam-Filter dazu dient, potentiell schadensstiftende Nachrichten auszusortieren und der gleichwohl regelmäßig auf Fehlzuordnungen zu kontrollieren ist (…). Dass dann das E-Mail-Schreiben der Antragsgegnerin vom 20.06.2024, mit dem sie fristgerecht auf die Abmahnung geantwortet und eine eingehendere Antwort angekündigt hat, im „Trash“- Ordern (Papierkorb) des geschäftsführenden Vorstandsmitglieds gelandet ist - das Vorstandsmitglied die Antwort der Antragsgegnerin mithin bewusst oder unbewusst gelöscht hat - zeigt bereits, dass der Antragsteller treuwidrig - sogar in zu missbilligender Weise nachlässig - mit seiner Verpflichtung umgegangen ist, den Erhalt des Antwortschreibens sicherzustellen. Entsprechendes gilt für den Umstand, dass die kurze Zeit später eingegangene Stellungnahme vom 28.06.2024 als „gelesen“ gekennzeichnet worden ist, obwohl sie niemand auf Seiten des Antragstellers zur Kenntnis genommen haben will. Auch dies geschieht nicht automatisch, sondern setzt voraus, dass das entsprechende Attribut im Posteingang des Antragstellers geändert worden ist, ohne zumindest an die erforderlichen Vorkehrungen zum Empfang und zur Weiterleitung an das Gericht auch nur zu denken."
| | | | 3. | OLG Frankfurt a.M.: Zwingende Angabe der E-Mail-Adresse oder Handynummer für Bahntickets ist rechtswidrig | Der Erwerb einer Bahnfahrkarte darf nicht die Angabe der E-Mail-Adresse bzw. der Handynummer voraussetzen. Diese Datenverarbeitung ist für die Vertragserfüllung nicht erforderlich. Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) verurteilte mit heute verkündeter Entscheidung die Deutsche Bahn Fernverkehr AG, es zu unterlassen, den Erwerb von „Spar"- und „Super-Sparpreistickets" von der Angabe der E-Mail-Adresse bzw. der Handynummer abhängig zu machen. Die Beklagte bietet Eisenbahndienstleistungen an. Ihre Bahntickets können über das Internet, die Bahn-App, am Schalter, über Fahrkartenautomaten oder telefonisch über den Reiseservice gekauft werden. Der Vertrieb von „Spar-" bzw. „Super-Sparpreistickets erfolgte bis zum Fahrplanwechsel 15.12.2024 nur digital. Verbraucher mussten - auch beim Kauf am Schalter - ihre E-Mail oder eine Handynummer angeben, um das digitale Ticket bzw. die Auftragsnummer zu empfangen. Am Automaten konnten diese Tickets nicht erworben werden. Der Kläger nimmt Verbraucherinteressen wahr. Mit seiner erstinstanzlich vor dem OLG geführten Klage verlangt er, dass die Beklagte es unterlässt, E-Mail-Adressen und/oder Handynummer von Verbrauchern zu verarbeiten, ohne dass dies für die Vertragsdurchführung erforderlich ist. Der zuständige 6. Zivilsenat des OLG hat der Klage stattgegeben. Die zwingende Forderung nach der Angabe einer E-Mail-Adresse oder Telefonnummer beim Verkauf der streitigen Online-Tickets „Sparpreis" und „Super-Sparpreis" sei rechtwidrig, begründete er die Entscheidung. Es liege eine Datenverarbeitung entgegen den Vorgaben der Datenschutzgrundverordnung vor (i.F. DSGVO). Die Datenverarbeitung sei nicht durch eine Einwilligung der Verbraucher gerechtfertigt gewesen. Es fehle an einer freiwillig abgegebenen Einwilligung. Die Verbraucher hätten hier keine „echte oder freie Wahl" gehabt. Vielmehr habe die Beklagte die Vertragserfüllung von der Einwilligung abhängig gemacht. Gegen die Freiwilligkeit spreche auch die gerichtsbekannte marktbeherrschende Stellung der Beklagten auf dem Markt des Eisenbahnfernverkehrs. Die Datenverarbeitung sei auch nicht im Übrigen gerechtfertigt gewesen. Sie sei für die Vertragserfüllung selbst nicht erforderlich. „Kundinnen und Kunden möchten zu einem günstigen Preis mit der Bahn an einem bestimmten Tag von A nach B fahren". Dafür werde der Fahrpreis gezahlt. Der Hauptgegenstand liege dagegen nicht im Generieren eines validen und zugleich digitalen Sparpreis-Tickets. Das Ticket diene dem Nachweis des Vertragsschlusses über die Beförderung und Bezahlung. Die digitale Form des Tickets erleichtere allein der Beklagten die Abwicklung der Hauptleistung und diene „vornehmlich unternehmensinternen Zwecken - etwa der Kundenbindung, Werbung oder der Kontrolle des Nutzerverhaltens", untermauerte der Senat weiter. Die Verarbeitung der personenbezogenen Daten sei auch nicht zur Verwirklichung überwiegender berechtigter Interessen unbedingt erforderlich. Bloße Nützlichkeit oder bestmögliche Effizienz genügten dafür nicht. Nur wenn das Interesse an der Datenverarbeitung nicht in zumutbarer Weise ebenso wirksam mit anderen Mitteln erreicht werden könne, die weniger stark in die Grundrechte eingriffen, sei von dieser Erforderlichkeit auszugehen. Daran fehle es hier. „Der Verantwortliche muss also den Prozess für den Zugang zu seinen Leistungen wählen, der mit dem geringsten Maß an personenbezogenen Daten auskommt. Daran fehlt es hier", resümierte der Senat. Die Entscheidung ist nicht anfechtbar. Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 10.7.2025, Az. 6 UKl 14/24 Quelle: Pressemitteilung des OLG Frankfurt a.M. v. 11.07.2025 | | | | 4. | OLG München: 200,- EUR DSGVO-Schadensersatz für Facebook-Datenscraping | In einem aktuellen Fall hat das OLG München, dass in den bekannten Datenscraping-Fällen einem Facebook-User ein Schadensersatz iHv. 200,- EUR zusteht (OLG München, Urt. v. 06.06.2025 - 36 U 4233/23). Ein Nutzer von Facebook reichte Klage gegen Meta ein und berief sich dabei auf den bekannten Datenscraping-Vorfall. Er machte unter anderem Ansprüche auf Schadensersatz gemäß der DSGVO geltend. Das OLG München sprach ihm einen Ausgleich in Höhe von 200,- EUR zu: "Der bloße Verstoß gegen die Bestimmungen der Datenschutz-Grundverordnung reicht nicht aus, um einen Schadensersatzanspruch zu begründen. Der Eintritt eines Schadens im Rahmen einer rechtswidrigen Verarbeitung personenbezogener Daten ist nämlich eine nur potenzielle und keine automatische Folge einer solchen Verarbeitung. (…) Kann der Betroffene den Kontrollverlust nicht nachweisen, reicht die begründete Befürchtung einer Person, dass ihre personenbezogenen Daten aufgrund eines Verstoßes gegen die DS-GVO von Dritten missbräuchlich verwendet werden, aus, um einen Schadensersatzanspruch zu begründen. Jedoch muss in diesem Fall die Befürchtung samt ihrer negativen Folgen ordnungsgemäß nachgewiesen sein. Die bloße Behauptung reicht ebenso wenig wie ein rein hypothetisches Risiko der missbräuchlichen Verwendung durch einen unbefugten Dritten aus." Und weiter: “Nach diesen Maßstäben ist der Kontrollverlust eingetreten, ein immaterieller Schaden steht damit fest. Es ist unstreitig, dass zumindest der Name und das Geschlecht des Klägers neben der zugeordneten Mobilfunknummer vom Scraping-Vorfall erfasst wurden. Diese Daten wurden von Dritten im Darknet verfügbar gemacht. Für den Kläger besteht keine realistische Möglichkeit, die Kontrolle über seine Daten zurückzuerlangen. Auf die Frage, ob damit Befürchtungen oder Ängste verbunden sind, kommt es daher allenfalls für die Bemessung der Höhe des notwendigen Ausgleichs an, nicht aber für die Feststellung des Schadens als solchem.” Und schließlich: "Den Schadensersatz bemisst der Senat mit 200,00 €. (…). Ein Betrag von 200,00 € gleicht den konkret erlittenen Schaden des Klägers aus. Betroffen war im Wesentlichen die Mobilfunknummer des Klägers, nachrangig die anderen, ohnehin stets öffentlich einsehbaren Daten wie Name, Geschlecht und F. -ID, die dennoch in der Zusammenschau mit der Telefonnummer ein durchaus sensibles "Datenpaket" ergaben." | | | | 5. | OVG Münster: Stadtbücherei Münster darf ihren Nutzern keine kritischen Anmerkungen zu ausgeliehenen Büchern mitteilen | Die Stadt Münster hat den Einordnungshinweis “Dies ist ein Werk mit umstrittenem Inhalt. Dieses Exemplar wird aufgrund der Zensur-, Meinungs- und Informationsfreiheit zur Verfügung gestellt.”, der in den beiden Exemplaren eines in der Stadtbücherei vorgehaltenen Buchs angebracht ist, zu entfernen. Dies hat das Oberverwaltungsgericht heute entschieden und dem Eilantrag des Autors insoweit stattgegeben. Seine Beschwerde gegen einen anderslautenden Beschluss des Verwaltungsgerichts Münster hatte damit Erfolg. Zur Begründung hat der 5. Senat des Oberverwaltungsgerichts im Wesentlichen ausgeführt: Der Einordnungshinweis verletzt den Autor in seinem Grundrecht auf Meinungsfreiheit sowie in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht. Im Buch enthaltene Meinungen werden durch den Hinweis negativ konnotiert und ein potentieller Leser könnte von der Lektüre abgehalten werden. Diese Grundrechtseingriffe sind nicht gerechtfertigt, weil sie nicht von der Aufgabenzuweisung im Kulturgesetzbuch NRW gedeckt sind. Zwar mag der Stadtbücherei das Absehen von der Anschaffung des Buches freigestanden haben. Aus den den öffentlichen Bibliotheken vom Gesetzgeber zugewiesenen Kultur- und Bildungsaufgaben ergibt sich jedoch keine Befugnis zur negativen Bewertung von Medien im Bestand der Bibliothek in Form eines Einordnungshinweises. Vielmehr liegt der Fokus der gesetzlichen Regelungen darauf, den Nutzerinnen und Nutzern der Bibliothek als mündigen Staatsbürgern eine selbstbestimmte und ungehinderte Information zu ermöglichen und sich – ohne insoweit gelenkt zu werden – dadurch eine eigene Meinung zu bilden. Der Beschluss ist unanfechtbar. Aktenzeichen: 5 B 451/25 (I. Instanz: VG Münster 1 L 59/25) Quelle: Pressemitteilung des OVG Münster v. 08.07.2025 | | | | 6. | VG Bremen: Nutzung von Kundendaten zur Rückgewinnung bis 24 Monate nach Vertragsende datenschutzrechtlich erlaubt | Ein Unternehmen darf die Datensätze ehemaliger Kunden bis zu 24 Monate nach Vertragsende für Werbezwecke nutzen, um diese zurückzugewinnen (VG Bremen, Urt. v. 23.04.2025 - Az.: 4 K 2873/23). Ein Energieunternehmen aus Bremen verwendete die Daten ehemaliger Kunden für Werbemaßnahmen, u.a. für Haustürbesuche, bis zu 24 Monate nach Vertragsende. Die Datenschutzbehörde untersagte dies unter Hinweis auf die DSGVO und begrenzte die zulässige Werbenutzung der Daten auf 6 Monate. Dagegen wehrte sich das betroffene Unternehmen gerichtlich mit Erfolg. Das Handeln des Unternehmens sei rechtmäßig. Es verfolge mit der Werbung ein berechtigtes Interesse, nämlich die Kundenrückgewinnung. Dieses sei nach der DSGVO erlaubt, wenn die Betroffenen darüber bei der Datenerhebung informiert wurden und keine sensiblen Daten betroffen seien. Zwar sei Haustürwerbung nicht ausdrücklich erwähnt worden, sie liege aber im Rahmen des Erwartbaren. Auch die Speicherdauer von 24 Monaten sei erforderlich, weil Energieverträge üblicherweise so lange liefen. Eine frühere Werbung sei daher kaum erfolgversprechend. Ein milderes Mittel sei nicht ersichtlich. Die Kunden könnten zudem jederzeit der Werbung widersprechen. Zudem handle es sich um einfache Kontaktdaten wie Name und Adresse, die nicht besonders sensibel seien. Haustürbesuche seien auch wettbewerbsrechtlich Wettbewerbsrecht zulässig, solange der Kunde nicht ausdrücklich widersprochen habe. "Der verfolgte Sekundärzweck der nachvertraglichen Haustürwerbung ist mit dem Primärzweck, zu dem die Daten ursprünglich erhoben wurden, gem. Art. 6 Abs. 4 DSGVO vereinbar. (…) Selbst wenn man davon ausginge, dass der nachvertragliche Postversand nicht ausreichend benannt ist oder kein taugliches berechtigtes Interesse ist, so bestünde zur Überzeugung der Kammer eine enge Verbindung i.S.d. Art 6 Abs. 4 lit. a DSGVO zwischen dem dann vorliegenden Primärzweck der Werbung durch Postversand während des Vertrags und der nachvertraglichen Werbung per Haustürwerbung und per Postversand. Zwar ist die Marketingmaßnahme nach Vertragsbeendigung nicht unbedingter Folgeschritt der ursprünglichen Datenverarbeitung, es besteht jedoch eine nicht fernliegende Zweckorientierung, denn letztlich ist auch die Werbemaßnahme während des Vertrags auf die erneute Anbahnung eines Vertrages mit dem Kunden gerichtet. Auch ein Erhebungszusammenhang besteht, denn ein durchschnittlicher Kunde rechnet zur Überzeugung der Kammer im heutigen Zeitalter der Digitalisierung und unter Berücksichtigung der allgemeinen Erkenntnis, dass personenbezogene Daten ein kommerzielles Wirtschaftsgut geworden sind, damit, dass er auch nach Ende eines Vertrages eine gewisse Zeit lang noch zur Reakquise angesprochen wird. Teilweise dürfte von Kunden sogar erwartet werden, nach Vertragsende nochmals mit besseren Angeboten kontaktiert zu werden." Und weiter: "Die Datenverarbeitung ist zur Zweckerreichung erforderlich. Es ist erforderlich, die Daten über einen Zeitraum von 24 Monaten zu speichern und zu nutzen. (…) Weiter stellt sich ein Zeitraum von 24 Monaten ab Zeitpunkt der Vertragsbeendigung als gerade noch erforderlich dar. Eine Verkürzung auf sechs Monate stellt kein milderes, gleich geeignetes Mittel dar. Denn die Klägerin hat nachvollziehbar dargelegt, dass es derzeit im Rahmen von Energieversorgungsverträgen üblich ist, dass eine Vertragslaufzeit von 12 bis 24 Monaten vereinbart wird. Vor Ablauf der Mindestvertragslaufzeit Zeit besteht regelmäßig keine Möglichkeit für den Kunden, den Vertrag bei dem Konkurrenzunternehmen vorzeitig zu beenden. Er wird eine Werbung erst dann beachten, wenn er den Nutzen eines etwaigen Vertragswechsels selbst erkennt und zeitnah herbeiführen kann. Insoweit stellt sich eine Werbung vor dem maßgeblichen ersten Kündigungszeitpunkt eines Vertrages als nicht gleich effektiv dar. Die Klägerin hat somit auch ein berechtigtes Interesse an der Speicherung für 24 Monate." | | | | 7. | LG Berlin II: Wettbewerbswidrige Dark Patterns (ua. manipulative Countdowns) bei Bestellung im Online-Shop | Onlinehändler dürfen Verbraucher nicht mit falschen Informationen zum Widerrufsrecht oder manipulativem Verkaufsdruck täuschen (LG Berlin II, Urt. v. 11.02.2025 - Az.: 15 O 287/24). Klägerin war der Verbraucherzentrale Bundesverband, der einen Online-Shop verklagte, der ein Buch in Papierform zum Kauf anbot. Die Verbraucherschützer monierten drei Punkte: a) Informationen zum Ausschluss des Widerrufsrechts: Der Online-Shop verwendete folgende Formulierung: “Hiermit stimme ich zu, dass C(…) mit der Ausführung des Vertrages vor Ablauf der Widerrufsfrist beginnt. Ich habe zur Kenntnis genommen, dass ich mit dieser Zustimmung mit Beginn der Ausführung des Vertrages mein Widerrufsrecht verliere.” b) Countdown-Timer bei Angeboten: Auf der Website wurden Zusatzangebote mit einem 15-minütigen Timer beworben. Dieser Countdown vermittelte den Eindruck, das Angebot sei nur innerhalb dieser Zeitspanne verfügbar. Tatsächlich konnte das Angebot durch einfaches Aktualisieren der Webseite erneut für 15 Minuten verlängert werden. Auch mehrfach. c. Verzögerte Bestellbestätigungsseite: Nach dem Klick auf den Button “Jetzt kostenpflichtig bestellen” wurde der Kunde nicht sofort zur Bestellbestätigung weitergeleitet. Stattdessen wurden ihm zwei weitere Webseiten mit kostenpflichtigen Zusatzangeboten angezeigt. Erst nachdem er diese zweimal aktiv abgelehnt hatte, , erschien die Bestellbestätigung. Die Ablehnungsoption war unauffällig gestaltet. Das LG Berlin II stufte alle drei Themen als wettbewerbswidrig ein. 1. Widerrufsrecht: Der Text sei unwahr und täusche den Verbraucher. Denn bei einem Vertrag über die Lieferung von körperlichen Waren (wie hier: ein Buch in Papierform), erlösche das gesetzliche Widerrufsrecht nicht automatisch mit der Vertragsausführung. Dieses Erlöschen sei gesetzlich vielmehr nur für bestimmte digitale Inhalte vorgesehen, nicht aber für Waren in physischer Form. Der Online-Shop verwende damit einen Text, der bei Verbrauchern den falschen Eindruck erwecke, dass sie auf ihr Widerrufsrecht verzichten müssten. Dies sei im vorliegenden Fall besonders problematisch, weil der Text in einem optisch hervorgehobenen roten Kasten gestanden hätte und vom Kunden hätte aktiv bestätigt werden müssen, um die Bestellung überhaupt abschließen zu können. Die Verlinkung auf die AGB reiche nicht aus, um den falschen Eindruck zu korrigieren, da die meisten Kunden diese AGB nicht lesen würden. “Voraussetzung für das Erlöschen des Widerrufsrechts ist nach dieser Vorschrift u.a., dass es sich um Verträge über die Bereitstellung von nicht auf einem körperlichen Datenträger befindliche digitale Inhalte handelt. Digitale Inhalte sind gern. § 327 Abs. 2 Nr. 1 BGB Daten, die in digitaler Form erstellt und bereitgestellt werden. Dies war vorliegend nicht der Fall, es handelt sich um ein gedrucktes Buch.” Und weiter: "Es liegt auch kein Fall vor, bei dem eine objektiv unrichtige Angabe sofort durch eine zutreffende Angabe neutralisiert wird und dadurch jedenfalls die erforderliche Täuschungseignung entfällt (…). Für eine Auflösung einer unrichtigen Angabe bedurfte es einer im unmittelbaren räumlichen Zusammenhang befindlichen eindeutigen Erklärung. Die Ausführungen in den AGB der Beklagten helfen insoweit schon deswegen nicht weiter, da der durchschnittliche Verbraucher die AGB bestätigt, ohne überhaupt deren Inhalt tatsächlich zur Kenntnis genommen zu haben. Im vorliegenden Fall kann die angegriffene Erklärung aber auch durch einen aufklärenden Hinweis schon deswegen nicht ins Gegenteil verkehrt werden, da die Erklärung eindeutig ist." Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. 2. Countdown-Timer: Der Einsatz des Countdown-Timers in dieser Form sei eine wettbewerbswidrige Täuschung. Es handle sich um eine bewusst eingesetzte Verknappung, um den Verbraucher zu einer schnellen Kaufentscheidung zu drängen. Die angezeigte Zeitbeschränkung sei falsch, denn das Angebot bestünde in Wirklichkeit auch danach noch: "Bei dem angegebenen Zeitraum von 15 Minuten handelt es sich nach Auffassung der Kammer um einen sehr begrenzten Zeitraum, der es dem Verbraucher nicht ermöglicht, das Angebot hinreichend zu prüfen und nach Angeboten anderer zu suchen. Dieser Druck erhöht sich auch deshalb, da das Angebot im Rahmen eines bereits bestehenden Bestellvorgangs erfolgt, der dem Verbraucher eine anderweitige Suche nochmals aufgrund der Sorge erschwert, dass auch der aktuelle Bestellvorgang bei zu langem Zuwarten abgebrochen werden könnte. (…) Der maßgebliche Zeitdruck wird (…) erhöht, wenn ein Verbraucher der unzutreffenden Vorstellung unterliegt, er habe nur 15 Minuten Zeit, obwohl er tatsächlich mehr Zeit hat. Wie häufig der Nutzer den Countdown tatsächlich verlängern kann, wird bereits nicht vorgetragen. Nach dem insoweit unstreitigen Vortrag des Klägers war dies jedenfalls zweimal möglich, so dass schon mindestens ein Zeitraum von 45 Minuten zur Verfügung stand, um eine Kaufentscheidung zu treffen. Dieser Zeitraum kann dann allerdings nicht mehr als „sehr begrenzt“ verstanden werden." 3. Bestellbestätigungsseite: Der Einsatz der zwei Zwischenseiten vor Erreichen der Bestellbestätigung sei ein Fall der aggressiven geschäftlichen Handlung. Durch diese Gestaltung werde der Kunde in eine Zwangslage gebracht: Er wisse nicht, ob seine Bestellung erfolgreich war und könne sich somit dem Zusatzangebot nicht entziehen, ohne weitere Handlungen vorzunehmen. Die Ablehnungsmöglichkeiten seien zudem unauffällig gestaltet, während die Annahme-Buttons groß und auffällig gewesen sein. Insgesamt handle um eine gezielte Beeinflussung durch sogenannte Dark Patterns, d.h. manipulative Elemente im Bestellprozess, die psychologischen Druck aufbauen und die Entscheidungsfreiheit einschränken würden: "Denn durch die Wahl der Gestaltung des Bestellprozesses, in Form der Überleitung zu zwei weiteren Angeboten und des Zwangs diese beiden Angeboten entweder aktiv auszuwählen oder abzulehnen - zumal unter dem bereits (…) geschilderten Zeitdruck sichert die Beklagte sich gegenüber den Verbrauchern eine Machtposition. Die Verbraucher erhalten nach Anklicken von „Jetzt kostenpflichtig bestellen“ nicht unmittelbar eine Rückmeldung, ob ihre Bestellung angenom¬men wurde und der Vertrag zustande gekommen ist, sondern werden - wenn sie den Text in kleiner blauer Schrift überhaupt als anklickbaren Button wahrnehmen - auf Webseiten weitergeleitet, welche ihnen sogar eine dahingehende Ungewissheit belässt („ACHTUNG! Klicke nicht auf „zurück“ und schließe diese Seite unter keinen Umständen, um eine doppelte Abbuchung zu vermeiden! STOPP! Fast geschafft!" in Verbindung mit „75 %“ bzw. „85 % vollständig“). Die Verbraucher werden sodann von der Beklagten gezwungen, hinsichtlich eines weiteren Angebots eine Entscheidung zu treffen und sind dieser damit im Rahmen des Bestellprozesses völlig ausgeliefert. Indem die Beklagte sodann zusätzlich die von den Verbrauchern erzwungene Willenserklärung zur Ablehnung des Angebots in der streitgegenständlichen Art und Weise ausgestaltet (kleine blaue Schrift, der schon nicht als Link erkennbar ist), setzt sie die Verbraucher unter Druck und beeinflusst sie damit unangemessen bei ihrer geschäftlichen Entscheidung." Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. | | | | 8. | LG Hanau: Notverkauf von beschlagnahmter Kryptowährung rechtmäßig | Der Verkauf beschlagnahmter Kryptowährungen ist zulässig, um drohende Wertverluste zu vermeiden (LG Hanau, Beschl. v. 15.04.2025 - Az.: 1 Qs 10/25). Im Jahr 2024 wurde ein Mann wegen Drogenhandels zu einer Freiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt. Bei einer Durchsuchung wurden auch Kryptowährungen im Wert von rund 13.700,- EUR sichergestellt. Um mögliche Kursverluste zu verhindern, ordnete die Staatsanwaltschaft eine Notveräußerung dieser Kryptowerte an. Der Betroffene widersprach dieser Maßnahme. Er war der Meinung, dass kein Wertverlust drohe, sondern der Wert der Kryptowährungen langfristig steigen werde. Das LG Hanau wies die Beschwerde des Mannes gegen die Notveräußerung als unbegründet zurück. Kryptowährungen unterlägen starken Kursschwankungen, sodass ein erheblicher Wertverlust drohe. Hierfür reichten bereits Einbußen von 10 %. Eine Notveräußerung sei dann zulässig, wenn ein wirtschaftlich denkender Eigentümer sie in dieser Situation ebenfalls vornehmen würde. Die Staatsanwaltschaft müsse nicht auf mögliche Wertsteigerungen spekulieren oder den Markt laufend beobachten. Das sei ihr weder rechtlich noch organisatorisch möglich. Auch Sachverständige seien für die Bewertung nicht erforderlich, da die Volatilität von Kryptowährungen allgemein bekannt sei. Eine Notveräußerung sei daher verhältnismäßig und diene sowohl dem Schutz des Fiskus als auch dem Schutz des Betroffenen vor einem möglichen Totalverlust. "Auch wenn es – anders als regelmäßig bei beschlagnahmten Kraftfahrzeugen oder elektronischen Geräten – in Zukunft ebenso zu erheblichen Wertsteigerungen kommen kann, ändert dies nichts daran, dass erhebliche Wertminderungen möglich sind und i.S.d. § 111p Abs. 1 StPO "drohen", wobei Wertverluste von über 10 Prozent plötzlich und unerwartet eintreten können. Entgegen der Ausführungen des Betroffenen muss sich die Staatsanwaltschaft – ebenso wie die Kammer – bei dieser Einschätzung auch nicht eines Sachverständigen bedienen, da mit dem für die Kammer erreichbaren eigenen Sachverstand und vor allen Dingen offenkundig bzw. gerichtsbekannten Umständen ersichtlich ist, dass es sich bei Kryptowährungen um eine veränderliche Wertanlage handelt, für die zumindest unvorhergesehene Wertschwankungen von über 10 Prozent nicht unüblich sind." Und weiter: "Die Kammer hat bei dieser Ausgangslage durchgreifende Bedenken, einen solchen, der Marktdynamik intensiv unterliegenden Wert, den das Gesetz mit den Vorschriften der Gewinnabschöpfung durch rechtlichen Zwang einem Verfahrensbeteiligten entzieht, als Strafverfolgungsbehörde permanent beobachten zu müssen, um festzustellen, ob und wann beschlagnahmte Kryptowerte oder Wertpapiere zu veräußern sind, um den Wert für eine spätere Einziehungsentscheidung zu erhalten. Deutsche Strafverfolgungsbehörden verfügen zur Vermeidung ihrer Aufgabenüberforderung über keine Börsenabteilung und beobachten auch nicht sachkundig mit Bediensteten oder technischen Anwendungen den Markt. Dafür fehlen rechtliche und organisatorische Grundlagen. Jede andere Erwägung würde bei den – dem Schutz des Beschuldigten und des Fiskus vor Wertverlust gleichermaßen dienenden Bestimmungen – zu Verwaltungsaufwand und vor allem Amtshaftungsrisiken führen, die mit der Aufgabe der Gewinnabschöpfung auch unter Anwendung der Unschuldsvermutung bestmöglicher Verwirklichung der hiervon ebenfalls beeinflussten Eigentumsgarantie (Art. 14 GG) nicht vereinbar sind." Und schließlich: “Die Notveräußerung als Sonderopfer hat das Amtsgericht deshalb rechtsfehlerfrei als verhältnismäßigen Ausgleich zwischen Eigentumsgarantie und strafrechtlichem Eingriff angenommen.” | | | | 9. | LG Leipzig: Meta muss 5.000,- EUR DSGVO-Schadensersatz für unerlaubten Einsatz von Meta Business-Tools bezahlen | In der gegen Meta Platforms Ireland betriebenen Klage hat die für Datenschutzrecht zuständige 5. Zivilkammer des Landgerichts Leipzig mit Urteil vom 4. Juli 2025 einem Nutzer von Facebook eine Entschädigung wegen Datenschutzverstößen von 5.000 Euro zugesprochen. Damit, dass Meta mit seinen Business Tools massiv gegen europarechtlichen Datenschutz verstößt, die personenbezogenen Daten zu einem Profiling der Nutzer von Facebook verarbeitet und Meta mit dem Geschäftsmodell der personalisierten Werbung Milliardengewinne einfährt, hat das Gericht die hohe Entschädigungssumme gerechtfertigt. Meta, Betreiberin der sozialen Netzwerke Instagram und Facebook, hat Business Tools entwickelt, die von zahlreichen Betreibern auf ihren Webseiten und Apps eingebunden werden und die Daten der Nutzer von Instagram und Facebook an Meta senden. Jeder Nutzer ist für Meta zu jeder Zeit individuell erkennbar, sobald er sich auf den Dritt-Webseiten bewegt oder eine App benutzt hat, auch wenn er sich nicht über den Account von Instagram und Facebook angemeldet hat. Die Daten sendet Meta Ireland ausnahmslos weltweit in Drittstaaten, insbesondere in die USA. Dort wertet sie die Daten in für den Nutzer unbekanntem Maß aus. Das Gericht hat den Anspruch auf Ersatz des immateriellen Schadens ausschließlich auf Art. 82 der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) gestützt, damit auf Europarecht und nicht (wie andere Gerichte in vergleichbaren Fällen) auf das nationale Recht bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen. Das Landgericht Leipzig hat sich dabei auf Feststellungen des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) in einem Verfahren gegen Meta gestützt, in dem es ebenfalls um die Zulässigkeit der Business Tools ging. Da die Verarbeitung personenbezogener Daten besonders umfangreich ist – sie betrifft potenziell unbegrenzte Datenmengen und hat nahezu die vollständige Überwachung des Online-Verhaltens des Nutzers zur Folge – führt nach dem EuGH zu einem Gefühl, dass das gesamte Privatleben kontinuierlich überwacht wird. Die Höhe des europarechtsautonom auszulegenden Schmerzensgeldes nach Art. 82 DSGVO muss, so das Landgericht Leipzig, über die in der nationalen Rechtsprechungspraxis etablierten Schmerzensgeldbeträge hinausgehen. Bei der Schadensschätzung wurde an den Wert der personenbezogenen Daten zu Zwecken personalisierter Werbung für Meta angeknüpft. Nach dem Bundeskartellamt (Beschl. v. 2.5.2022, Az. B 6-27/21) verfügt Meta im Bereich der sozialen Medien über eines der führenden Werbeangebote. Im Jahr 2021 erzielte Meta bereits 115 Mrd. USD Werbeeinnahmen bei einem Gesamtumsatz von 118 Mrd. USD, sodass die Werbeeinnahmen 97 % vom Umsatz ausmachen. Der finanzielle Wert eines einzigen Nutzerprofils, in dem sämtliche Daten über die Person gespeichert sind, ist auf datenverarbeitenden Märkte enorm. Dass der hohe Wert von Daten auch der Wahrnehmung in der Gesellschaft entspricht, sieht das Gericht durch diverse Studien bestätigt. Auf eine informatorische Anhörung des Klägers – so wie die meisten anderen Gerichte bislang – hat das Landgericht Leipzig verzichtet. Bei einer Anhörung des Klägers wären keine weiteren Erkenntnisse zu erwarten gewesen, der über die Mitteilung des im Allgemeinen eher diffusen Gefühls des Datenverlusts und der Verunsicherung hinausgeht. Denn es ist ja gerade das Problem der Klagepartei und auch des Gerichts, festzustellen, was konkret Meta mit den Daten macht und noch vorhat. Das Gericht stellt deshalb für eine Mindestentschädigung von 5.000 Euro auf die allgemeine Betroffenheit des aufmerksamen und verständigen »Durchschnitts«-Betroffenen im Sinne der DSGVO ab. Die Kammer ist sich der Folgen ihrer Entscheidung bewusst. Auch wenn sie dazu führen könnte, dass viele Facebook-Nutzer Klage erheben, ohne einen individuellen Schaden explizit darzulegen, widerspricht dies nicht den gesetzgeberischen Zielen der DSGVO, gerade auch mittels Private Enforcement den Datenschutz vor Zivilgerichten und damit jenseits rein behördlicher Maßnahmen effektiv durchzusetzen. Aktenzeichen: 05 O 2351/23 Quelle: Pressemitteilung des LG Leipzig v.. 04.07.2025 | | | | 10. | LG Stuttgart: Meta muss 300,- EUR DSGVO-Schadensersatz für unerlaubten Einsatz von Meta Business-Tools bezahlen | Einem betroffenen Facebook-User muss Meta für den unerlaubten Einsatz seiner Daten durch die Meta Business-Tools einen DSGVO-Schadensersatz iHv. 300,- EUR zahlen (LG Stuttgart, Urt. v. 05.02.2025 - Az.: 27 O 190/23). Ein Facebook-Nutzer klagte gegen Meta, da das Unternehmen personenbezogene Daten sammelte, die beim Besuch anderer Webseiten und Apps (z. B. Bild.de, PayPal, Zalando) anfielen. Diese sogenannten Off-Site-Daten wurden über die Meta Business Tools an Facebook übermittelt. Der Nutzer hatte der Speicherung und Verwendung dieser Daten nicht zugestimmt. Das Gericht bejahte einen Rechtsverstoß und verpflichtete Meta u.a. dazu, einen Schadensersatz iHv. 300,- EUR zu zahlen. Die Speicherung der Off-Site-Daten ohne gesonderte Einwilligung der betroffenen Person sei rechtswidrig. Auch wenn Drittanbieter eine Datenweitergabe erlaubt bekommen hätten, reiche das nicht für die Speicherung durch Facebook selbst aus. Die Speicherung sei ein eigenständiger Verarbeitungsvorgang und bedürfe einer eigenen Zustimmung. Facebook könne auch keine andere rechtliche Grundlage für die Speicherung nennen. Insbesondere sei die Verarbeitung nicht notwendig für den Nutzungsvertrag oder zur Wahrung berechtigter Interessen. Zudem könnten Nutzer die Daten nicht selbst löschen oder deren Nutzung komplett unterbinden. Damit habe der Betroffene keine Kontrolle über seine Daten, was einen immateriellen Schaden darstelle: "Gemessen hieran ist dem Kläger ein Schaden erwachsen. Es steht fest, dass der Kläger Webseiten besucht hat, welche Facebook Business Tools nutzen und daher Daten an die Beklagte übermittelt hat. Diese Daten kann der Kläger zwar von seinem Nutzerkonto trennen, so dass sie diesem nicht mehr zugeordnet werden können, er kann sie jedoch nicht durch Konfiguration seines Kontos löschen. Welchen Zweck die Beklagte mit diesen angesammelten Daten verfolgt, bleibt im Dunkeln. Dadurch hat der Kläger keine Kontrolle damit, was mit den auf Drittwebseiten angefallenen Eventdaten bei der Beklagten geschieht. (…) Bei der Höhe des dem Kläger zuzuerkennenden Schadensersatzes berücksichtigt das Gericht, dass einerseits eine Mehrzahl von Datenübertragungen gegenständlich ist, weil der Kläger mehrere Webseiten unter Einbindung von Facebook Business Tools besucht hat, namentlich bild.de regelmäßig. Andererseits hat der Kläger im Rahmen der Parteianhörung nicht den Eindruck erweckt hat, als verursache dieser Umstand ihm größeren seelischen Schmerz, vielmehr gab er lediglich an, es wäre ihm lieber, die Daten würden gelöscht. Unter Abwägung dieser Gesichtspunkte erachtet das Gericht einen Anspruch auf immateriellen Schadensersatz in Höhe von 300 € als angemessen." Einen höheren Betrag als 300,- EUR verneinte das Gericht jedoch: "Soweit der Kläger vorgebracht hat, es müsse auch der Gesichtspunkt der Prävention gegen künftige Verstöße sowie der Vergeltung zu berücksichtigen sein, handelt es sich hierbei um Umstände, welche im Rahmen von Art. 82 Abs. 1 DSGVO nicht von Bedeutung sind, nachdem diese Regelung ausschließlich eine Ausgleichsfunktion erfolgt (EuGH, Urteil vom 11.04.2024 - C-741/22, NJW 2024, 1561 Rn. 59 f., 64 f.). Der Kläger kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, unter dem Gesichtspunkt der Verletzung des aus Art. 1 und 2 GG abgeleiteten allgemeinen Persönlichkeitsrechts sei ein höherer immaterieller Schadensersatz zuzuerkennen. Unabhängig von der Frage, inwieweit neben Art. 82 Abs. 1 DSGVO der Rückgriff auf weitergehende Schadensersatznormen nach nationalem Recht überhaupt eröffnet ist, liegt jedenfalls kein solcher Sachverhalt vor, bei welchem der Rechtsschutz von Würde und Ehre des Menschen als verkümmert anzusehen wäre, wenn nicht eine Sanktion in Form einer Geldentschädigung verhängt würde (vgl. zu diesem Maßstab BGH, Urteil vom 17.12.2013 - VI ZR 211/12, BGHZ 199, 237 Rn. 40 mwN). Immerhin lassen sich die von der Beklagten gesammelten Daten vom Nutzerkonto trennen. Auch wenn sich diese Trennung für den Nutzer wie den Kläger nicht kontrollieren lässt und er sich auf deren Unumkehrbarkeit jedenfalls nicht verlassen kann, so gibt es doch keinen Anhaltspunkt für eine nennenswert fühlbare Beeinträchtigung des Klägers durch die rechtswidrige Datenspeicherung bei der Beklagten." | | | | | | Allgemeine Informationen zum Newsletter |
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