Ob es die Luxus-Yachten an der Côte d’Azur sind, die Reichen in Monaco oder die Luxus-Boutiquen am Sunset Strip in LA oder der Fifth Avenue in New York, sie alle wecken Sehnsüchte und Begierden. Nicht erst seit der allzeitlichen Verfügbarkeit durch soziale Medien wird uns tagtäglich vorgelebt, wie die Reichen und Schönen leben und was sie sich alles leisten können. Wie schön, dass das meiste davon auch für Normalbürger verfügbar ist, jedenfalls für jene mit ausreichend finanziellen Möglichkeiten. Am 200. Geburtstag der Luxus-Marke Louis Vuitton hat es der Großaktionär und Chef von deren Mutterkonzern LVMH Moët Hennessy – Louis Vuitton SE zurück auf den Thron des reichsten Menschen unseres Planeten geschafft. Auch dank des Kurseinbruchs der Amazon-Aktie aufgrund eines eher verhalten ausgefallenen Ausblicks auf das laufende 3. Quartal schob sich das Vermögen des LVMH-Eigners Bernard Arnault wieder an dem von Amazon-Gründer Jeff Bezos vorbei. LVMH ist der weltweite Branchenführer der Luxusgüter-Industrie. Der Konzern beschäftigt weltweit mehr als 150.000 Mitarbeiter und hält Rechte an über 75 verschiedenen Marken, die in 80 Ländern in rund 5.000 Geschäften vertrieben werden. Der Konzern ist überwiegend in den Segmenten Mode und Lederwaren, Parfüm und Kosmetik, Uhren und Schmuck sowie Wein und Spirituosen aktiv. Zu seinen bekanntesten Marken zählen Louis Vuitton, Givenchy, Kenzo, Christian Dior Parfums, TAG Heuer, Zenith, Hublot, Bvlgari, Moët & Chandon, Dom Pérignon, Hennessy, Belvedere und natürlich Tiffany. Dabei wächst LVMH nicht nur organisch, sondern vor allem auch durch gezielte Übernahmen. Und obwohl LVMH angekündigt hatte, sich zunächst auf die Übernahme und Integration von Tiffany konzentrieren zu wollen, hat man in letzter Zeit weitere Luxus-Marken gekauft. Zuletzt erwarb man eine Mehrheitsbeteiligung von 60 Prozent an Etro und vereinbarte mit Virgil Abloh, einen 60%-igen Anteil an Off-White LLC zu erwerben, dem Unternehmen hinter der gleichnamigen Mode-Marke. Der Gründer der Marke soll dabei einen Anteil von 40 Prozent behalten und weiterhin als Kreativdirektor fungieren. LVMH ist eine wahre Erfolgsgeschichte und der Konzern inzwischen rund 350 Milliarden Euro wert. Allein in den letzten 5 Jahren hat sich sein Aktienkurs mehr als ver-4-facht. Da kommen selbst viele wachstumsstarke Technologie-Werte nicht hinterher. Und doch ist LVMH nicht alleine im Luxus-Universum, sondern es gibt noch einige starke Wettbewerber, zu denen auch die sehr erfolgreiche Schweizer Richemont gehört. Compagnie Financière Richemont SA Der Schweizer Luxusgüter-Konzern bringt verglichen mit LVMH lediglich bescheidene 61 Milliarden Euro auf die Waagschale. Er konzentriert sich auf die vier Segmente Schmuck, Uhren, Accessoires und Mode. Zu seinen bekanntesten Marken gehören Cartier, Van Cleef & Arpels, IWC, Jaeger-LeCoultre, Piaget, Baume & Mercier, A. Lange & Söhne, Montblanc, Dunhill oder Chloé. Die Genfer schwammen lange Zeit auf einer Erfolgswelle, weil insbesondere die aufstrebende Mittelschicht in China und die neuen Reichen in Russland ihren großen Nachholbedarf an exklusiven westlichen Luxus-Gütern entdeckten und ihren neu gewonnenen gesellschaftlichen Status durch den Kauf von Luxus-Artikeln auch zeigen wollten. Selbst die Finanzkrise erwies sich nur als vorübergehende Delle und Richemont nutzte sie geschickt, um durch den Zukauf weiterer exklusiver Marken sein Portfolio an Luxus-Marken weiter auszubauen. Das hat sich auch unter dem neuen Unternehmens-Chef Jérôme Lambert nicht geändert, der von der Richemont-Tochter Montblanc in die Konzern-Zentrale aufstieg. Starke Zahlen Auf Jahressicht muss Richemont im Geschäftsjahr 2020/21, das Ende März endete, einen Erlösrückgang um 8 Prozent auf 13,1 Milliarden Euro hinnehmen. Während die Gruppe in ihrem wichtigsten Markt Asien-Pazifik die Erlöse um gut ein Fünftel steigern konnte, knickten die Geschäfte in den anderen Regionen ein, vor allem in Europa. Hier ging der Umsatz um etwa ein Drittel zurück. Beim operativen Ergebnis musste Richemont einen Rückgang von 3 Prozent auf knapp 1,5 Milliarden Euro hinnehmen. Den vergleichsweise moderaten Rückgang bei Umsatz und operativem Ergebnis hat Richemont vor allem den weltweiten Lockerungen der Corona-Maßnahmen zu verdanken. So erholten sich die Geschäfte in der zweiten Hälfte des Geschäftsjahres von dem heftigen Einbruch während der Corona-Hochphase. Auch der anziehende Online-Vertrieb von Luxus-Gütern half. Unterm Strich blieb im vergangenen Geschäftsjahr deutlich mehr Geld beim Konzern hängen. Der Nettogewinn stieg um fast 40 Prozent auf knapp 1,3 Milliarden Euro, weil Bewertungseffekte infolge von Wechselkursveränderungen sowie bei Finanzinstrumenten günstig ausfielen. Und die guten Nachrichten rissen nicht ab. Im Auftaktquartal des Geschäftsjahrs 2021/22 kletterte der Umsatz im Vorjahresvergleich um 121 Prozent auf 4,4 Milliarden Euro. Vor allem mit Schmuck, dem wichtigsten Geschäftsbereich, deckten sich die Kunden ein. Kernmarke des Konzerns ist der Schmuck-Hersteller Cartier und dieses „Maison“, wie Richemont seine Konzerngesellschaften nennt, brummt. Wachsende Herausforderungen Der chinesische Markt ist inzwischen mit einem Umsatzanteil von mehr als 40 Prozent der wichtigste für Richemont. Das Unternehmen und die Anleger blicken daher immer auch mit mindestens einem Auge auf die Entwicklungen im Reich der Mitte. Denn auch in der glitzernden Welt der Schönen und Reichen ziehen ab und zu Gewitterwolken auf und trüben die Stimmung. So entschloss sich vor einigen Jahren die chinesische Regierung, den Kampf gegen die Korruption ernsthafter anzugehen und stellte das Annehmen von Geschenken durch Beamte unter drakonische Strafen. Und dies hatte spürbare Folgen für die Luxusgüter-Hersteller, denn bis dahin waren teure Geschenke wie Cognac oder Uhren gefragte Präsente für den Beamtenapparat. Des Weiteren erschwert der anhaltende Handelskrieg Chinas mit den USA die Geschäfte und auch die Proteste in Hong Kong, die aufgrund von Corona vorübergehend eingeschlafen waren, dürften bei einem Wiederaufflammen weitere Sorgenfalten mit sich bringen, denn Hong Kong ist für die Schweizer Uhren-Industrie inzwischen der weltweit wichtigste Absatzmarkt. Doch auch jenseits konjunktureller und politischer Risiken lauern weitere Herausforderungen, denen sich das Unternehmen stellen muss. Wie der Erfolg der Wearables. Unternehmen wie Fitbit haben die kleinen Helferlein fürs Handgelenk salonfähig gemacht, doch vor allem der Einstieg von Apple mit seiner Apple Watch im Hochpreissegment setzt der Uhren-Industrie schwer zu. Denn die Apple Watch wurde in der jüngsten Generation nicht nur um wichtige Gesundheitsfunktionen erweitert, sondern kann auch losgelöst von einem iPhone genutzt werden. Dank ihres hohen Preises und dem hohen Stellenwert der Marke Apple steht sie damit in direkter Konkurrenz zum unteren Luxus-Uhrensegment. Und hat im Bereich der Wearables einen Marktanteil von weit über 50 Prozent und Apple verzeichnet in dem Segment deutliche Absatzerfolge. Luxus goes Online Und dann ist da noch das veränderte Konsumverhalten, das für die Luxusgüter-Hersteller Chance und Risiko zugleich ist. Denn gerade die kaufkraftstarken Millennials, die Generation Y, sind es gewohnt, online einzukaufen. Und es gab und gibt berechtigte Sorgen, ob sich denn auch Produkte im Wert von mehreren tausend Euro über das Internet verkaufen lassen, sowohl Uhren, als auch Schmuck oder Mode. Nach Schätzungen von Morgan Stanley wurden vor Corona weltweit 88 Prozent aller Schweizer Uhren über Händler verkauft, doch bereits in 10 Jahren sollte dieses Großhandelsgeschäft nur noch 48 Prozent ausmachen. Im Gegenzug sollte der Absatz über Online-Shops von heute rund einem auf 25 Prozent anwachsen. Corona hat auch hier die Entwicklung um mehrere Jahre beschleunigt. Richemont ging und geht diese Herausforderung offensiv und strategisch an. So hat man vor zweieinhalb Jahren die weltgrößte auf Luxusgüter spezialisierte Online-Plattform YOOX Net-A-Porter übernommen. Des Weiteren übernahm Richemont den britischen Internet-Händler Watchfinder, der auf hochwertige gebrauchte Uhren spezialisiert ist. Damit haben die Schweizer nicht nur ein neues lukratives Geschäftsfeld aufgetan, sondern sich auch einen etablierten Vertriebsweg für ihre eigenen zurückgenommenen Uhren erschlossen. Über Watchfinder können sie selbst die Höhe der Preisnachlässe für ihren Überbestand an Luxus-Uhren und die angebotene Menge kontrollieren und laufen so nicht Gefahr, ihre eigenen Marken zu kannibalisieren. China? Online-Handel? Alibaba! In China geht Richemont notgedrungen einen etwas anderen Weg und zwar über ein Joint-Venture mit dem Onlinehandelsgiganten Alibaba. Das geht natürlich zulasten der üppigen Margen, denn diese muss man sich künftig mit Alibaba teilen. Dennoch hat sich dieser Schritt für Richemont als richtig erwiesen. Denn in China ticken nicht nur die Uhren anders, alles funktioniert dort inzwischen mobil über Smartphones, Tablets und Apps. Wer hier nicht präsent ist, macht kein Geschäft (mehr). Und Richemont hätte gar nicht die Kapazitäten, hier auf eigene Faust durchzustarten. Die Partnerschaft mit Alibaba bringt nicht nur einen großen Zeitvorteil mit sich gegenüber der Konkurrenz, sondern die Affinität der Chinesen zum mobilen Bezahlen zeigt sich auch bei ihren Auslandsbesuchen. Und die meisten von ihnen haben ein Konto bei der Alibaba-Tochter AliPay, so dass Richemont dank der Joint Ventures mit Alibaba sich aus dem Stand heraus den Zugang zu Millionen und Abermillionen kaufkräftiger Chinesen gesichert hat. Und das nicht nur in China, sondern weltweit, denn die Chinesen sind Reise-Weltmeister und lieben es, im Ausland zu shoppen. Wobei sie dort ihre gewohnten Zahlungsmethoden vorfinden und nutzen wollen, so dass immer mehr europäische und amerikanische Händler auch die Zahlungsoptionen chinesischer Zahlungsanbieter akzeptieren. Ein Rückgang der Coronabeschränkungen und Wiederaufleben der Reisetätigkeit dürfte Richemonts Uhrenabsatz also kaum schaden. Compagnie Financière Richemont SA (ISIN: CH0045159024) | | WKN / Kürzel | Börsenwert | KGV 21e/22e/23e | Kurs | A0RBR3 / RIU1 | 61 Mrd. EUR | 36 / 29 / 26 | 10,85 EUR |
Mein Fazit Da das Wachstum der Luxus-Branche in den letzten Jahren hauptsächlich von chinesischen Millennials getragen wurde, die inzwischen bei globalen Mega-Brands wie Louis Vuitton von LVMH, Gucci von Kering oder eben Cartier von Richemont für 40 bis 60 Prozent der weltweiten Verkäufe verantwortlich sind, sollte man die sinkenden Margen nicht nur absolut bewerten, sondern sich an die von Warren Buffett so gern ins Feld geführten Opportunitätskosten erinnern. Denn in China nicht präsent zu sein, stationär wie online, ist keine Option. Und ein eigenes Händlernetz aufzubauen wäre sehr kostspielig. Auf einen stark positionierten Partner wie Alibaba zu setzen, kostet daher zwar Marge, aber es dürfte die aussichtsreichste Strategie sein, um die Umsätze und damit auch die Gewinne weiter anzukurbeln und keine Marktanteile an die Konkurrenz zu verlieren. Die Aussichten für die Luxusartikel-Branche sind weiterhin gut, sofern sich die Unternehmen den neuen Herausforderungen stellen und sich nicht auf ihren Lorbeeren ausruhen. Richemont hat sein Angebot durch gezielte Übernahmen immer weiter ausgebaut und durch seine Partnerschaft mit Alibaba in China frühzeitig und schnell seinen Fuß in die Tür gesetzt in seinem mit Abstand wichtigsten Absatzmarkt. Im Rest der Welt geht man die Herausforderung, vor die der zunehmende Online-Handel die Luxusgüter-Industrie stellt, offensiv an und positioniert sich mit eigenen und etablierten Angeboten geschickt am Markt. Gegen die aggressive Wachstumsstrategie von LVMH kam Richemont in den letzten Jahren allerdings nicht an. Auch wenn der Kurs sich an der Schweizer Börse in 5 Jahren knapp verdoppelt hat, nimmt sich dieser Kurszuwachs gegen die Vervierfachung bei LVMH eher bescheiden aus. Auf der anderen Seite macht LVMH vor, was im Luxus-Segment möglich sein kann und dürfte Richemont als Vorbild dienen. Und so ist Richemont dabei, seine Führungsriege umzubauen. Die Chefs der Schmuck-Marken Cartier und Van Cleef & Arpels und drei weitere Mitglieder scheiden zum 8. September aus der Konzernleitung aus, behalten aber ihre übrigen Aufgaben. "Die Zeit ist reif für eine schlankere Struktur, wenn wir die nächste Stufe unserer Entwicklung einleiten", erklärte Verwaltungsratspräsident Johann Rupert, der auch Großaktionär des Unternehmens ist. Die Aktionäre dürfte es jedenfalls freuen, wenn Richemont seinen erfolgreichen Wachstumskurs noch beschleunigen könnte, um die größer werdende Lücke zu LVMH wieder zu verringern. Für deutsche Anleger gibt es wie bei allen Schweizer Aktien aber das Problem, dass diese in Deutschland nicht mehr handelbar sind. Daher muss man entweder auf die ADRs ausweichen (siehe Chart oben; die allerdings einen hohen Spread und ein niedriges Handelsvolumen haben) oder direkt in der Schweiz kaufen (Aktueller Kurs: 115,90 CHF | Kürzel: CFR | ISIN: CH0210483332).
Die heutige Ausgabe entstand wieder in Zusammenarbeit mit Michael C. Kissig, Value Investor und Betreiber des Blogs „iNTELLiGENT iNVESTiEREN“. | |
Hinweispflicht nach §34b WpHG: Der/die Verfasser ist/sind in ein oder mehreren der oben genannten Wertpapieren/Basiswerten zum Zeitpunkt des Publikmachens des Artikels NICHT investiert. Es können daher KEINE Interessenskonflikte vorliegen. Die in diesem Artikel enthaltenen Angaben stellen keine Aufforderung zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren dar.
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