Grüße aus Rom! Hier wurde diese Woche das größte Mitbestimmungsprojekt der Menschheitsgeschichte, wie es einige Beobachter nennen, abgeschlossen. Über drei Jahre wurden Gemeinden auf der ganzen Welt befragt, wie sie sich die Kirche der Zukunft vorstellen. Das Ergebnis liegt nun mit dem Abschlussdokument der Synode vor. Wer sich die große Revolution der katholischen Kirche erhofft hat, wurde ein wenig enttäuscht. Weder wurde das Frauenpriestertum eingeführt, noch die grundsätzliche Haltung der Kirche zu Homosexualität verändert. Dafür wurden viele kleine Schritte gegangen bei Themen wie Laienbeteiligung, Transparenz und Regionalisierung. Fragt man aber die Synodalen, dann hat sich noch etwas Wichtigeres getan, das man nicht in Schlagzeilen oder Nachrichtenmeldungen greifbar machen kann: Ein neues Miteinander. Gerade in einer polarisierten Welt kann das einen sehr großen Wert haben, auch über die Kirche hinaus. Meine Einordnung als Chefredakteur finden Sie HIER zum Nachlesen. Sie trägt den Titel "Revolutionäre Zwischentöne". In dieser Woche habe ich rund um den Vatikan Meinungen und Einordnungen gesammelt. Ein großer Dank geht dabei an Prof. Thomas Söding, der als theologischer Experte den ganzen Monat in der Synodenaula saß und direkt nach dem Beschluss des Synodendokuments am Samstagabend eine Einschätzung geliefert hat, die Sie HIER lesen können. Er bezeichnet das Ergebnis der Synode als einen "Durchbruch, den es so noch nie gab". Zwei große Themen haben die Schlagzeilen rund um die Synode bewegt: Die Frage der Frauen und eine stärkere Regionalisierung in der Kirche. Dies ist die erste Synode, bei der Frauen Stimmrecht hatten. Eine davon ist die deutsche Ordensfrau Anna Mirijam Kaschner. Ihre Eindrücke als Frau in der Synode können Sie HIER lesen. Zum Thema Regionalisierung haben wir am Samstagmittag mit dem frisch gewählten Abtprimas der weltweiten Benediktiner, Jeremias Schröder, gesprochen. Für den Benediktinerorden sind Internationalität, Inkulturation und Synodalität seit Langem gute Tradition. HIER beantwortet er uns die Frage, was die Kirche nach der Synode von den Klöstern lernen kann. Kritik fand im vergangenen Monat der Kommunikationsstil des Heiligen Stuhls, besonders um die Arbeitsgruppe 5 der Synode, die sich mit der Rolle der Frauen in der Kirche befasst hat. Der Glaubenspräfekt des Vatikans, Kardinal Fernandez, erntete Entrüstung, als er erst die Namen der Gruppenmitglieder nicht veröffentlichte, dann einer Aussprache mit den Delegierten fernblieb und schließlich noch hastig einlenkte und kurz vor Schluss der Synode ein Gespräch anbot. "Das ist nicht synodal" sagte uns HIER im Interview der amerikanische Synodenreporter Christopher White, der uns einen Einblick in das Reporterleben während der Synode gab. HIER finden Sie mein Fazit zur Aufregung über das Frauenforum. Kurzum: Wenn der Vatikan mit der Synode ein neues Miteinander und Zuhören etablieren will, muss er sich auch im eigenen Haus an diese Regeln halten. Wie wird es nach dieser Synode jetzt weitergehen? Das Schlussdokument wird nun zurückgegeben in die Gemeinden, die zum Anfang nach Ihrer Meinung gefragt wurden, um die Ergebnisse konkret vor Ort zu realisieren. Andere Arbeitsaufträge gehen an Kirchenrechtler. Ungewöhnlich ist, dass es erstmals kein postsynodales Schreiben des Papstes geben wird. Was das genau bedeutet, ist am Samstagabend noch nicht in allen Facetten klar. Viel wichtiger als dieser Text ist aber, wenn man die Delegierten beim Wort nimmt, eben die neue Form des Miteinanders. Auch wenn es hin und wieder ein wenig geruckelt hat, kann man das Projekt gut mit den Worten der Synoden-Untersekretärin Nathalie Becquart zusammenfassen: Auch im Vatikan wird Synodalität im Moment gelernt. Renardo Schlegelmilch, Chefredakteur DOMRADIO.DE |