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Kurzstrecke |
Tagesspiegel Checkpoint vom Freitag, 28.05.2021 | Bedeckt, mal ein Sonnenstrahl, mal ein paar Regentropfen, bei 17°C. | ||
+ Schulen öffnen oder nicht? Giffey und Müller widersprechen sich + Die Hochschulen machen auf – und niemand geht hin + Behördenpingpong überwinden: Bilanz des Zukunftspakts Verwaltung + |
von Anke Myrrhe |
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Guten Morgen, da haben die Schülerinnen und Schüler mal wieder richtig was gelernt. Im Kurs Konfliktbewältigung I referierte gestern das politische Spitzenpersonal der Stadt. Das Thema der Unterrichtsstunde hatte die Schulleitungsanwärterin Franziska Giffey (SPD) höchstselbst gesetzt mit dem Satz: Selbst ein paar Tage Regelunterricht vor den Sommerferien wären es wert, darüber noch mal zu diskutieren. Butterweich, und dennoch knallhart – waren es doch die baldigen Frühpensionäre ihrer eigenen Partei, Michael Müller und Sandra Scheeres, die erst kürzlich und scheinbar unwiderruflich verkündet hatten: Schule findet bis zu den Sommerferien nur noch im Wechselunterricht statt. Nächstes Kapitel. (*dramatisches Klingeln der Schulglocke*) Doch dann kehrte Giffey nach Berlin zurück, im Ranzen ein dickes Glaubwürdigkeitsproblem. Da wäre es womöglich unschön aufgefallen, wenn sie die Kinder gleich wieder vergessen hätte, für die sie sich als Bundesfamilienministerin vermeintlich so vehement eingesetzt hatte in den vergangenen Jahren. Also nehmen wir den Stoff der Vorwochen wohl doch noch mal durch. Müller meldete sich gestern zunächst nicht, betonte dann aber nach dem Bundesimpfgipfel, man müsse über Regelunterricht nach den Ferien sprechen. Und auch Scheeres will den Lehrplan fürs Restjahr (vier Wochen bleiben noch) trotz Giffeys Intervention nicht noch einmal aufschnüren und schlägt als Kompromiss Unterricht im Botanischen Garten und im Freibad vor. Doch zu spät: Die Grünen schnappten sich den Wutball mit größtem Vergnügen, hatten sie doch bis vor kurzem noch für Öffnungen gekämpft, sich aber wegen nichtvorhandener Erfolgsaussichten im Senat, in ihre Ecke zurückgezogen. „Ganze Schulklassen dürfen zu Ikea, ins Kino oder ins Konzert, aber nicht gemeinsam in die Schule?“, twitterte Grünen-Fraktionschefin Antje Kapek gestern – und eröffnete damit einen Streit mit den linken Koalitionspartnern, die schnell noch mal nachgeschlagen haben: Klassenfahrten zu Möbelhäusern sind weder erlaubt noch vorgesehen. Lektion I (Grundkurs Social Media): Erst denken, dann twittern. Der grüne Justizsenator jedenfalls will seine Unterschrift auf einer neuen Corona-Schutzverordnung für die Schulen verweigern. Das Thema aufs nächste Halbjahr zu verschleppen, ist deswegen keine Option: Die aktuelle Fassung der Schulverordnung läuft am Montag aus, wenn sie – wie von SPD und Linken angestrebt – fortgeschrieben würde, wäre Regelunterricht vor den Ferien nicht mehr möglich. Und was passiert, wenn man sich nicht einigt? „Dann würde ab Dienstag überhaupt kein Präsenzunterricht in den Schulen mehr stattfinden können, auch nicht im Wechselunterricht“, sagte ein Sprecher der Bildungsverwaltung am Abend. Das Gegenteil von dem, was die Grünen erreichen wollen. Lektion II: Aussprache hilft. Nachdem das Thema gestern im Koalitionsausschuss clever ausgeklammert wurde, kommen heute Vormittag alle zum Nachsitzen zusammen: Bei der Telefonschalte des Senats ist dem Vernehmen nach kein Präsenzunterricht vorgesehen. Ob die SPD sich bis dahin intern geeinigt hat, steht leider in keinem Lehrbuch. | |||
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Ein Argument der Öffnungsgegner ist bekanntlich, dass weder Schüler noch Lehrerinnen ausreichend geimpft sind, dazu zwei inspirierende Schlagzeilen von gestern Abend: „Fast 80 Prozent der Grundschullehrer sind geimpft“ (Berlins Bildungssenatorin Sandra Scheeres, SPD) „Schule hängt nicht von der Frage des Geimpftseins ab“ (Bundeskanzlerin Angela Merkel, CDU). Na wunderbar. Die Zahlen der Bildungssenatorin beziehen sich nämlich auf die Erstimpfungen, über die Impf-Quote der weiterführenden Schulen habe sie „leider keine Erkenntnisse“, sagte Scheeres gestern im Bildungsausschuss. „Es wäre für uns aber auch schön, das zu wissen.“ Same here. Also zurück in die Bildungseinrichtung. Auch der Landesschulbeirat fordert in einer Stellungnahme, den Wechselunterricht bis zu den Sommerferien beizubehalten, allerdings mit folgenden Bedingungen: +++ Die letzten Schulwochen sollen „intensiv für eine Lernstandserhebung vor den Sommerferien“ genutzt werden; +++ Senat und Schulen sollen „alle notwendigen pädagogischen und organisatorischen Vorbereitungen für den pandemiegerechten, ggf. digitalen Unterricht eine Woche vor Schulbeginn, und Regelbetrieb ab dem ersten Tag des neuen Schuljahres“ treffen; +++ Besonders intensive Testung und die strikte Beibehaltung aller notwendigen Hygieneregeln sollen nach den Ferien Urlaubseffekte verhindern; +++ Die Impfung des Schulpersonals muss bis zum Schulbeginn am 9. August so weit wie möglich abgeschlossen sein. Und was meinen Sie? Sollten die Schulen noch vor den Ferien wieder zum Regelunterricht zurückkehren? | |||
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Dritte Möglichkeit: Jeder macht seins. Stell dir vor, es ist Uni, und niemand geht hin. Nachdem Müllers Öffnungsplan unter anderem Lerngruppen bis 40 Personen vorsieht, machen die Berliner Hochschulen weitgehend was sie wollen (Übersicht hier). Studentenrevolte 2021 – mit freundlicher Unterstützung der Präsidenten. Eines der Hauptargumente gegen Präsenzlehre ist übrigens, dass sich viele Studierende gar nicht in Berlin befänden. Papa, fahr schon mal den Wagen vor. Die Sache mit der Wohnungssuche ist ja bekanntlich überhaupt gar kein Problem. | |||
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Apropos Wohnungssuche. Nicht ausgeklammert wurde das Thema „Folgen des Mietendeckels“ gestern im Koalitionsausschuss. Gegen den Wunsch des Finanzsenators einigte man sich darauf, dass der Mietendeckel nun doch für die landeseigenen Wohnungsunternehmen gelten soll – und teilweise sogar darüber hinaus gehen soll. Die Mieten werden in diesem Jahr eingefroren und dürfen in den nächsten drei Jahren um maximal ein Prozent erhöht werden. Finanzsenator Kollatz, der die geschätzten 35,5 bis 58,7 Millionen Euro lieber in den Neubau gesteckt hätte, soll nun bis Dienstag eine neue Vorlage erarbeiten. Und sich definitiv nach der Wahl einen neuen Job suchen. | |||
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Wundervolle Verwaltungsphrasen stecken im Abschlussbericht des Zukunftspakts Verwaltung, eines der Prestigeprojekte des aktuellen Senats (inkl. eigenem Staatssekretär). Das Papier mit dem Titel „ZUKUNFTSPAKT VERWALTUNG. Senat und Rat der Bürgermeister ziehen Bilanz“ wurde uns nun aus eben jener Verwaltung zugespielt, aus Gründen der Fassungslosigkeit. „Es ist aus Sicht vieler Beschäftigter der Berliner Verwaltung ein Offenbarungseid“, schreibt uns der Mitarbeiter. „Kein konkretes Ergebnis, wenn man die vollmundigen Ankündigungen zu Beginn der Legislaturperiode danebenlegt. Und dieser soll nun auch noch in einer gemeinsamen Sitzung von Senat und Bezirksbürgermeistern am 15.6 gefeiert werden.“ CP-Kurzfazit: Die Aussagen werden nicht besser, wenn man Großbuchstaben verwendet und Smileys auf den Titel druckt (kein Witz). Schauen wir doch mal, was das Papier in Sachen Behördenpingpong zu bieten hat, ah: „Klare Zuständigkeit und akzeptierte Mechanismen für Zuständigkeitsklärungen schaffen!“ (!) „Mit der Umsetzung des Zukunftspakts Verwaltung sind wir erste Schritte für eindeutige Zuständigkeiten gegangen und haben eine Vorgehensweise entwickelt, um offene Zuständigkeitsfragen zu klären. Der Prozess hat auch gezeigt: Wir benötigen … auch eine zentrale Instanz, die den Prozess moderiert und im Falle einer ausbleibenden Einigung schnell und akzeptiert eine Entscheidung fällen kann.“ Heißt: Wir brauchen einen Zuständigen für Zuständigkeiten. Da fühlen wir uns doch gleich mal zuständig und blicken gemeinsam in die Zukunft: Einen Tag nach dem Festakt, am 16. Juni, fragen wir in einer Tagesspiegel-Live-Veranstaltung gemeinsam mit der Stiftung Zukunft Berlin, wie die Verwaltung das Behördenpingpong überwinden kann. Arbeitstitel: „Nicht zuständig!“ Eingeladen haben wir Spitzenkandidatinnen und Bezirksbürgermeister. Mal sehen, wer sich traut. | |||
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