„Hannoveraner ist der, der von Richterseite aus betrachtet bei der Siegerehrung ganz links steht“. Diesen Satz pflegte ein PR-Stratege des größten deutschen Warmblutzuchtverbandes früher zu sagen, wenn er „Hannoveraner“ erklären wollte. Nun ja, heute weiß man: Hochmut kommt vor dem Fall. Die Zuchtlandschaft ändert sich. Ein „das haben wir schon immer so gemacht“ ist zwar ein probates Mittel für zustimmendes Raunen bei Züchterversammlungen. Aber das richtige Leben findet eben nicht an der Theke oder „im Saal“ der Gaststätte Grüner Jäger statt. Draußen ist der Wind rau, die Konkurrenz, innerdeutsch wie global, groß. Diese Erkenntnis macht sich gerade wohl auch beim Hannoveraner Verband breit. Eine Million Euro Minus, auch wegen wenig gewinnträchtiger Auktionen, musst der altehrwürdige Verband, der gerade im vergangen Jahr seinen 100. Geburtstag gefeiert hat, vermelden. Jetzt wird ein neuer Finanzmanager gesucht. Der alte hat seinen Hut genommen, im Guten wie betont wird. Das Dilemma in Verden ist kein ur-hannoversches Problem. In Holstein hat es lange gegärt, Oldenburg hat seinen Geschäftsführer bis auf weiteres freigestellt. Pferdezucht muss profitabel sein. Die Beschäftigten in den Zentralen wollen bezahlt sein. Es gab Zeiten, da galt in Verden sinngemäß „an hannoverschem (Zucht-)Wesen soll die Welt genesen“. Die Auflage, zumindest ein hannoversches Elternteil aufweisen zu müssen, galt den Altvorderen („nur ein Hannoveraner?“) schon als Abkehr vorm rechten Weg, lange Bestand hatte dieses Dogma aber auch nicht. Und dank der „freundlichen Übernahme“ des Rheinischen Pferdestammbuchs hatte man ja einen Weg, Hengste nicht für Hannover, wohl aber „fürs Rheinland“ anzuerkennen. Gebühr ist Gebühr. Nun geht Hannover den nächsten Schritt: Bei der kommenden Körung zweieinhalbjähriger Hengste wird es auch solche geben, die nicht beim Hannoveraner Verband registriert sind. Was eigentlich nur Kosmetik ist. Denn längst schon sind es die gängigen Hengstnamen, die landauf, landab auf Körungen mit Nachkommen vertreten sind, die auch in Verden im Hengstkatalog verzeichnet sind. Mit dem „das Experiment“ überschriebenen Zuchtprojekt will man dazu Züchter dafür begeistern, das Sperma der Heroen längst vergangener Zeiten zu nutzen. Zuchtfortschritt Hannoveraner Art – mal sehen, was das ergibt. Ein erster Schritt, um Käufer wieder fürs Hannoveraner Pferd zu begeistern wäre vielleicht, Hengste, die an der Longe deutlichst unklar gehen, nicht zu prämieren. Das schafft Vertrauen. Und das braucht, wer im Markt bestehen will. Zu wünschen wäre es den Züchtern, die nach wie vor an „ihre Hannoveraner“ glauben. Beste Grüße aus Hamburg, |