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Kurzstrecke |
Tagesspiegel Checkpoint vom Donnerstag, 23.02.2023 | Dichte Wolkendecke bei bis zu 11°C. | ||
+ Grüne Staatssekretärin Niedbal macht CDU-Schattensenatorin Bonde zur neuen VBB-Chefin + Andreas Geisel steht vor dem politischen Aus + Panzerausstellung, Café Kyiv: Berlin erinnert an den Kriegsbeginn in der Ukraine + |
von Lorenz Maroldt |
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Guten Morgen, welche Koalition Berlin künftig regiert, steht weiter in den Sternen – aber heute früh ist am Himmel über Berlin ein schwarz-grünes Wetterleuchten zu beobachten. Das hat zum einen mit dem Verlauf des zweiten Sondierungsgesprächs von CDU und Grünen zu tun – und zum anderen mit einer politisch pikanten Personalie, die bisher geheim gehalten wurde. | |||
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Zum Sondierungsgespräch: Sieben Stunden sprachen die Delegationen gestern über die gegenseitigen „pain points“, also Verkehr (A100) und Wohnen (Enteignung). Und am Ende fassten die Spitzenleute das Ergebnis so zusammen: + Kai Wegner: „Wenn man lösungsorientiert und pragmatisch darüber spricht, gibt es Lösungen auch in trennenden Bereichen“ + Bettina Jarasch: „Wir haben bei all den Themen, wo wir klare Differenzen haben, festgestellt, dass man Gräben auch überbrücken kann, wenn man an Lösungen interessiert ist.“ Im Wahlkampfwaren beide noch wie Phrasendreschflegel aufeinander losgegangen; jetzt meint man sie schon fast händchenhaltend dem Sonnaufgang entgegenreiten zu sehen. Offenbar war der Gemüsesuppe, die gestern gereicht wurde, ein Beruhigungsmittel beigemischt. Und so gab es am Abend eine wichtige Einigung – beide Seiten verständigten sich auf eine Fortsetzung der Gespräche am kommenden Dienstag. | |||
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Damit zu einer bedeutsamen Personalie, die es offiziell noch gar nicht gibt, die aber schon beschlussfähig besprochen ist: Nach Checkpoint-Informationen soll Ute Bonde, im Wahlkampf 2021 von Kai Wegner als CDU-Schattensenatorin für die Verkehrsverwaltung vorgestellt, neue Chefin des mächtigen Verkehrsverbunds Berlin-Brandenburg werden – auf Vorschlag von Bettina Jaraschs Staatssekretärin Meike Niedbal, die auch VBB-Aufsichtsratschefin ist. Die Besetzung wurde dem Checkpoint von mehreren Seiten bestätigt. Zur Krönungsmesse im März gibt’s schwarz-grünes Konfetti - auch wenn ein paar Brandenburger Sozialdemokraten im Aufsichtsrat mitstimmen werden. An der Qualifikation von Bonde für das Amt gibt es kaum einen Zweifel (nach dem Auswahlverfahren waren sich alle einig) – aber die Umstände haben es in sich: Im vergangenen Jahr stand die BVG-Managerin im Mittelpunkt einer Polit-Affäre, bei der CDU und Grüne hart aneinandergerieten. Denn als das Engagement von Bonde für die CDU bekannt wurde, forderte BVG-Chefin Eva Kreienkamp sie auf, ihre Arbeit als Leiterin der BVG-Abteilung Recht und Compliance ruhen zu lassen – angeblich auf Wunsch der damaligen Aufsichtsratsvorsitzenden und Wirtschaftssenatorin Ramona Pop von den Grünen. Pop ließ damals zwar ausrichten, sie können die Vorgänge „so nicht bestätigen“, wies aber auf „die Neutralitätspflicht aller Führungskräfte“ hin. Die CDU gab sich schwer empört, Generalsekretär Stefan Evers sprach von „unrechtmäßigen und undemokratischen Maßnahmen“. Tempi passati. Jetzt kommt es also zum verkehrspolitischen Vorfriedensvertrag zwischen CDU und Grünen – und selbst wenn die Auswahl allein auf dem Vertrauen in die erfahrene Managerin Bonde beruht, ist allein schon das Verfahren ein Zeichen:Hier werden in der unsicheren Zeit nach der Wahl eines neuen Parlaments, aber noch vor Wahl eines neuen Senats Fakten geschaffen. Übrigens: Auch der gut dotierte Führungsjob bei der BVG wird neu besetzt – Kreienkamp hatte den internen Machtkampf verloren, ihr Vertrag wurde nicht verlängert. Bei den Grünen heißt es, sie hätten da eine sehr gute Kandidatin im Angebot – zurzeit ist sie VBB-Aufsichtsrätin und Staatssekretärin in der Verkehrsverwaltung. | |||
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Und noch etwas spricht für Schwarz-Grün – die Aschermittwochsrede von Markus Söder. Hören wir mal rein: „Wir lassen uns von den Grünen nicht Kultur und Sprache diktieren! Die Grünen wollen ein Fleischverbot, ein Böllerverbot und Sprachverbote. Wir stehen für Leben und leben lassen. Deswegen ist klar, auch wenn sie sich anbiedern: Wir wollen kein Schwarz-Grün!“ Tja, aber wann hört hier jemals jemand auf einen fränkischen Bayern, der meint, „das Schönste an Berlin ist, es zu verlassen?“ Das kommt nicht in Frage – nicht mal für einen Spandauer. Und schon gar nicht für eine Augsburgerin. Der politische Fahrplan für die kommenden Tage: + Donnerstag: Zweites Sondierungsgespräch SPD, Grüne, Linke. + Freitag: Zweites Sondierungsgespräch CDU und SPD. + Montag: Bekanntgabe des amtlichen Wahlergebnisses. + Dienstag: Drittes Sondierungsgespräch CDU und Grüne. | |||
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Dazu noch eine kleine Erinnerung, die recht gegenwärtig wirkt: 2011 standen nach diversen Sondierungsgesprächen alle Zeichen auf Rot-Grün. Doch schon nach der ersten Runde der anschießenden Koalitionsverhandlungen erklärte SPD-Chef Michael Müller den Versuch einer Senatsbildung für gescheitert – angeblich wegen des Streits um die A100, dessen Weiterbau die Sozialdemokraten unbedingt wollten und den die Grünen unbedingt verhindern wollten. Grünen-Parteichefin Bettina Jarasch sagte damals: „Es ist nicht wirklich an der A100 gescheitert. Es gab nicht wirklich den Willen bei der SPD, gemeinsam mit uns eine Koalition einzugehen.“ Klaus Wowereit hatte das tatsächlich nie wirklich gewollt: Nach dem erfolgreichen Scheitern der Verhandlungen mit den Grünen nahm die SPD die Gespräche mit der CDU wieder auf – und beide regierte bis 2016, dann kam Rot-Rot-Grün. | |||
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Andreas Geisel wurde 2014 Senator, erst für Stadtentwicklung, dann für Inneres, dann wieder für Stadtentwicklung. Ein zehnjähriges Dienstjubiläum wird er nicht feiern können, egal unter welcher Konstellation: In der SPD gilt es inzwischen als Fehler, dass Geisel als politisch Verantwortlicher für das Wahldesaster keine Konsequenzen zu tragen hatte. Die infrage kommenden Koalitionspartner lehnen ihn ohnehin als Senator ab (auch wenn es offiziell heißt, in die Personalentscheidungen der anderen mischen sich die Partner nicht ein). | |||
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In seiner ersten Amtszeit war Geisel als Stadtentwicklungssenator auch zuständig für Verkehr – diese für Sozialdemokraten glückseligen Allzuständigkeitszeiten will der SPD-Fachausschuss „Soziale Stadt“ zurückhaben: In einem Eckpunktepapier fordert der Kreis die Zusammenlegung von Bau- und Verkehrsverwaltung. Genau das soll auch die CDU der SPD angeboten haben. Was für ein fetter Köder – es kommentiert Franz Müntefering: „Opposition ist Mist.“ | |||
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