Liebe Frau Do, in dieser Woche habe ich an meinem ersten digitalen Elternabend teilgenommen. Das war klasse: Ich saß im Büro - Kamera und Mikrofon am Computer ausgestellt - habe noch dies und das erledigt, während der Direktor des künftigen Gymnasiums meines Sohns wortreich erklärte, was auf Kinder und Eltern an der Schule so zukommt. Doch leider sind solche Beispiele keineswegs selbstverständlich in Deutschland. Die Schulschließungen wegen Corona haben gezeigt, dass die Digitalisierung der Schulen teils auf einem erschreckenden Niveau liegt. An einen geregelten Unterricht ohne Präsenz, was in anderen Ländern durchaus möglich ist, war nicht zu denken. Deshalb gelten für Zeugnisse und Versetzungen in diesem Sommer auch andere Regeln. Was Eltern und Schüler in NRW dazu wissen müssen, hat Marlen Keß recherchiert. Auch mit FDP-Chef Christian Lindner haben mein Kollege Gregor Mayntz und ich über das Thema Digitalisierung der Schulen gesprochen. Ausgerechnet der Liberale fordert weniger Wettbewerb in der Bildungspolitik unter den Ländern. Dieser erzeuge nur Reibungsverluste, findet Linder und verlangt stattdessen mehr Verantwortung und mehr finanzielle Eigenmittel für die einzelne Schule. Zugleich strebt er mehr gesamtstaatliche Verantwortung an. Das klingt nach einer Entmachtung der Länder in der Bildungspolitik, die tatsächlich auf diesem Feld viel zu selten liefern. Das ganze Interview, in dem es auch um die hohen Staatsschulden und die niedrigen Umfragewerte der FDP geht, finden Sie hier. Zwei Porträts möchte ich Ihnen noch ans Herz legen: Unser Chefreporter und Fußballexperte Robert Peters hat den Großmetzger, Unternehmenspatriarch und Schalke-Boss Clemens Tönnies in seinen einflussreichen Positionen und in seinem genialen Netzwerk ausgeleuchtet. Das Stück ist auch deshalb lesenswert, weil der Fall Tönnies das Potenzial hat, die NRW-Landesregierung noch in schweres Fahrwasser zu bringen. Über die neuesten Nachrichten zur Corona-Krise im Kreis Gütersloh halten Sie die Kollegen von RP Online das ganze Wochenende auf dem Laufenden. Das zweite Porträt: Am Bundesverfassungsgericht geht die Ära des Präsidenten Andreas Voßkuhle zu Ende. Henning Rasche, der Voßkuhle persönlich kennt, schildert einen „Richter der Krisen“, in dessen zwölfjährige Amtszeit zahlreiche historische Urteile fallen - zum Beispiel Lissabon-Vertrag, NPD-Verbotsverfahren und Sterbehilfe. Womöglich hätte er sogar ins Schloss Bellevue einziehen können. Gefragt wurde er jedenfalls, ob er bereit wäre, Bundespräsident zu werden. War er nicht. Für Philipp Amthor platzte gestern Abend der politische Traum, jüngster Ministerpräsident Deutschlands zu werden: Der 27-jährige CDU-Bundestagsabgeordnete wird nicht Landeschef in Mecklenburg-Vorpommern und kann somit auch nicht im kommenden Jahr die amtierende Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) herausfordern. Damit zieht sein Landesverband die Notbremse und die Konsequenzen aus dem Skandal um seine Tätigkeit für das undurchsichtige US-Unternehmen „Augustus Intelligence“. Ob Amthor politisch überhaupt überlebt, ist ungewiss. Längst ist noch nicht alles aufgeklärt. Bleiben Sie informiert. Herzliche Grüße! Ihre Eva Quadbeck Mail an die Chefredaktion senden P.S.: Wenn Ihnen dieser Newsletter gefällt, empfehlen Sie die "Stimme des Westens" weiter! |