Liebe/r Leser/in,

Sebastian Kurz ist vor allem für konservative Politiker in Deutschland gern Vorbild. Kaum ein Landtagswahlkampf in der jüngeren Zeit, in der CDU-Politiker nicht die Hilfe des jungen Österreichers bemühten.

Kurz zieht. Er scheint smart, gelenkig und, wenn es sein muss, auch hart. Kurz ist die perfekte Projektionsfläche – mit dem Lächeln des Jokers.

Kurz könnte Blaupause bleiben. Denn in Österreich deutet sich eine Regierungskoalition an, wieder eine bürgerliche, aber eben auch ganz anders. Die Chancen stehen nicht schlecht, dass die erste schwarz-grüne Bundesregierung nicht in Berlin, sondern in Wien steht. Und das noch bevor bei uns die SPD überhaupt entschieden hat, ob sie in der GroKo bleiben möchte.

Ich wünsche Ihnen einen guten Start in die Woche!

Drei Thesen um drei

Start mit Hindernissen

So holprig hatte sich die künftige EU-Kommissions-Präsidentin Ursula von der Leyen ihren Wechsel von Berlin nach Brüssel wohl nicht vorgestellt. Von den 26 nominierten Mitgliedern ihrer künftigen Kommission, die sich heute in einer Anhörung dem Europaparlament stellen müssen, steht ein halbes Dutzend unter dem Verdacht, sich illegal bereichert oder sonst wie regelwidrig verhalten zu haben. Zwei Kandidaten, die Rumänin Rovana Plumb und der Ungar László Trócsányi, hat der Rechtsausschuss des Parlaments erst gar nicht zur Anhörung zugelassen. Es geht bei den designierten Kommissaren um Vorwürfe wie Steuervermeidung, unzulässige Nebengeschäfte sowie um Spesenbetrug oder Scheinbeschäftigung. Für die Vorbildfunktion hoher Amtsträger ein verheerendes Signal!

Daniel Goffart, Politik & Wirtschaft

Noch fehlt ihm Profil

Heiko Maas hat es selbst erkannt. „Nachhaltige Außenpolitik heißt, beharrlich ein Ziel verfolgen“, stellte er in seiner Rede vor der UN-Generalversammlung in New York vorige Woche fest. Diplomatie ist ein mühsames Geschäft, wollte er damit wohl sagen. Vieles findet hinter verschlossenen Türen und in ermüdenden Verhandlungen über kleinste Formalien statt. Dass sich der Sozialdemokrat nach anderthalb Jahren an dieses Amt gewöhnt und ihm sogar Profil gegeben hätte, kann man allerdings nicht sagen.

Kritiker innerhalb und außerhalb der Partei monieren, der 53-Jährige zeige zu wenig Leidenschaft und bemühe sich eher um Themen, denen schneller Beifall vor allem unter deutschen Wählern sicher sei. Dazu gehört auch das Treffen mit einem der Organisatoren der Hongkong-Proteste in Berlin. Das fand allerdings keinen Applaus in Peking: Ein Arbeitsfrühstück mit dem deutschen Außenminister in New York ließen die Chinesen platzen. Maas bleibt hinter den Erwartungen, die an den Außenminister der größten Volkswirtschaft der EU gestellt werden, weit zurück. Lesen Sie mein Porträt im aktuellen FOCUS.

Gudrun Dometeit, Politik & Wirtschaft

Grünes Licht für die Ampel – aber wann wird sie installiert?

A ist grün und steht für ein (halbwegs) gesundes Lebensmittel, E ist dunkelrot und steht für zu viel Salz, Zucker und/oder Fett beziehungsweise ein ungünstiges Mischungsverhältnis: Nach den Ergebnissen einer „Bürgerbefragung“ befürwortet nun auch Bundesernährungsministerin Julia Klöckner (CDU) die Lebensmittelampel, auch Nutri-Score genannt. Ein Blick auf die Verpackung soll genügen, und schon ist klar, was man sich da eigentlich in den Einkaufswagen oder den Korb legen möchte.

Wissenschaftlich perfekt kann die vor allem in Frankreich bereits weit verbreitete Kennzeichnung nicht sein, aber Studien belegen, dass sie zu einer gesünderen Auswahl führt. Verpflichtet wird aber in Deutschland (noch) kein Hersteller und kein Handelskonzern, die Ampel einzuführen. Es beginnt also der x-te Feldversuch zu freiwilligen Schritten der Wirtschaft.

Kurt-Martin Mayer, Wissen & Gesundheit