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Kurzstrecke |
Tagesspiegel Checkpoint vom Mittwoch, 27.11.2019 | Stark bewölkt, am Nachmittag Regen, max. 9°C. | ||
+ Schweinepest-Vorsorge von Stadträtin Zivkovic + Lompscher empfiehlt, durch Mietendeckel gesparte Miete zurückzulegen + Verwaltung lässt Hakenkreuz am Havelberg: „Stört ja keinen.“ + |
von Lorenz Maroldt |
Guten Morgen, wie ein Schwarm Schmeißfliegen fielen gestern tausende Trecker über Berlin her – bei Radioeins hatte ich gestern früh noch für Gelassenheit gegenüber der dieselmotorisierten Bauerndemo plädiert, aber zwischen den tonnenschweren Landmaschinen mit ihren riesigen Rädern und hoch gefährdeten Berliner Fußgängern blieb dafür dann doch kein Platz: Wer so hemmungslos rote Ampeln und die Anweisungen der Polizei ignoriert, verwirkt seinen Anspruch auf Verständnis. | |||
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Die folgende Meldungsüberschrift „Kaum sind die Bauern weg, kommt die Schweinepest“ bitten wir dennoch nur in einem losen zeitlichen Zusammenhang zu verstehen (ähnlich wie „Kaum ist die Sonne weg, geht der Mond auf“) – aber die Randbezirke bereiten sich auf den tierischen Ernstfall vor. Stadträtin Nadia Zivkovic aus Marzahn-Hellersdorf bestätigte am späten Abend Checkpoint-Informationen, wonach das Bezirksamt gestern den Kauf eines neun Kilometer langen Zauns zur Einrichtung von Sperrzonen sowie die Anschaffung von hundert Baustellensicherungen für Straßensperren beschlossen hat – sie rechnet schon bald mit den ersten Fällen: „Die afrikanische Schweinepest steht 80 bis 100 Kilometer vor Berlin.“ Auch ein Krisenstab wird eingerichtet. Den vorsorglichen Kauf begründet Zivkovic mit vermutlich steigenden Preisen: „Der Run auf solche Zäune geht jetzt los, das ist für die Hersteller ein Riesengeschäft.“ Wird bei einem Wildtier das Virus nachgewiesen, müssen die Behörden in einem Radius von 1,5 Kilometer um den Fundort sofort ein Zaun ziehen und im Umkreis von 15 Kilometern eine Sperrzone errichten. Wie Durchgangsverbote und Schleusen in der Stadt funktionieren, ist unklar. Für Menschen besteht keine direkte Gefahr, aber in der Sperrzone sind wegen der Ansteckungsgefahr alle Hausschweine zu töten. Mangelnde Unterstützung beklagte Stadträtin Zivkovic gestern von der zuständigen Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz. So wurden vor drei Wochen bei einer Übung der bezirklichen Amtstierärzte die Notfallpläne überprüft, dabei spielen die Behörden auch die telefonische Alarmkette durch, aber: „Die Senatsverwaltung war nie zu erreichen.“ Ausführliche Information zur Schweinepest in Berlin gibt es im Laufe des Tages auf tagesspiegel.de sowie am Abend im E-Paper und in der Zeitung. | |||
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Wir kommen zur Frage für Berlinkenner: Über welches für die Zukunft der Stadt und ihrer Bewohner bedeutsame Thema hat die rot-rot-grüne Regierung der Weltmetropole Berlin gestern im Rathaus am längsten und erbittertsten debattiert: a) den B-Plan für den Checkpoint Charlie, b) den Beschluss des Mietendeckels, c) einen Standort für den Kinderzirkus Cabuwazi? Ok, das war leicht: Handgestoppte 18 Minuten (und damit am längsten) zofften sich die Senatsmitglieder hinter verschlossenen Türen über ein Zelt auf dem Tempelhofer Feld. Die Ausgangslage: Laut Gesetz sind hier feste Bauten verboten, der parteiübergreifend für seine pädagogisch wertvolle Arbeit gelobte Zirkus muss sich bewegen (CP von gestern). Das Problem: Keine Senatsverwaltung fühlt sich zuständig, niemand will die Kosten für den Umzug und die Erschließung eines Ersatzstandorts tragen, außerdem geht bei den Grünen die Furcht um, ein Verbleib am alten Standort könnte der „Einstieg in die Bebauung des Feldes“ sein (Fraktionschefin Antje Kapek). Am Ende ein hart erkämpfter Kompromiss: Es wird etwas geprüft, „schnellstmöglich“ (Sie wissen, was das heißt in Berlin). Einzelheiten und Stimmungslagen ersparen wir Ihnen, stellen Sie sich einfach den „Schrei“ von Munch und die „Götterdämmerung“ von Wagner vor (oder, falls Sie Voyeurist sind: Lesen Sie alle delikaten Details im Text von Alexander Fröhlich). Ach ja, noch kurz zu a) und b): | |||
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a) Der Beschluss über den B-Plan am Checkpoint Charlie wurde trotz Dringlichkeit vertagt – angeblich brachte ein Brief von Mitte-Baustadtrat Ephraim Gothe zur Höhe von Eckhäusern die Runde so durcheinander, dass allen schwindelig wurde. Gothe sagte dem Checkpoint am späten Abend erkennbar entnervt: „Der Bezirk sitzt bei diesen Verhandlungen nicht mit am Tisch, muss aber in der Debatte ständig dafür herhalten, warum etwas geht oder nicht geht. Das ist nicht gut! Mein wichtigstes Anliegen ist, dass die Koalition sich auf etwas Sinnvolles einigt und einen B-Plan beschließt. Ich habe signalisiert, dass der Bezirk, der irgendwann die Bauanträge genehmigen muss, kooperativ ist und einer Einigung der Koalition nicht im Wege stehen wird, jedenfalls, solange nicht Unsinn beschlossen wird. Ich appelliere an die Koalition im Abgeordnetenhaus und an den Senat, etwas zu verabreden, was umsetzbar ist. Der Bezirk wird das mittragen.“ | |||
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b) Der Mietendeckel ist beschlossen – jedenfalls vom Senat (trotz rechtlicher Bedenken mehrerer Verwaltungen). Der Knallfrosch des Tages ging erst nach der Sitzung hoch: Stadtentwicklungssenatorin Lompscher empfiehlt, das bei Mietsenkungen nach dem neuen Gesetz gesparte Geld vorsichtshalber zurückzulegen. Politik als Glücksspiel: Die Ziehung der Paragraphen geschieht ohne Gewähr. | |||
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Aus der Reihe „Berliner Kultberufe“ (die Sie noch kennenlernen werden): Seit vergangenem Jahr bietet die S-Bahn im gesamten Netz einen „WhatsApp-Reinigungsservice“ an, die Nummer lautet 0157 923 628 36. Bis zu 400 Meldungen über verschmutzte Bahnhöfe und Züge gehen dort monatlich ein – und jetzt raten Sie mal, wer dann losgeschickt wird? Richtig: der „Unterwegsreiniger“ (heißt dort wirklich so – vergessen Sie garantiert nicht mehr). | |||
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Bereits vorgestellt hatten wir hier den „Baumbegutachter“ – der heißt in Berlin Elmar Kilz, besitzt den Status eines Forstdirektors und hat wahnsinnig viel zu tun. Vor mehr als drei Wochen machte ihn Checkpoint-Leser Ralph Bauer per Mail darauf aufmerksam, dass der Gipfelstein auf dem Havelberg mit einem Hakenkreuz bemalt ist – keine Reaktion. Auch vom Forstamt, Teil der Umweltverwaltung, kam kein Echo. Wir haben Kilz gestern Abend erreicht, hier die Zusammenfassung eines kuriosen Gesprächs: Checkpoint: Wie geht es weiter mit dem Kreuz auf dem Stein? Elmar Kilz: „Wird beseitigt.“ CP: Und wann? Kilz: „Keine Ahnung. Je nach Kapazität.“ CP: Aber es handelt sich um ein verbotenes Hakenkreuz. Kilz: „Das hat nicht die oberste Priorität. Stört ja keinen.“ CP: Naja, offensichtlich doch. Kilz (verärgert): „Ich bin immer der, der den Blödsinn anderer Leute wegmachen muss!“ Tja, das ist wohl so. Und mit Blick auf die Gesetze: Das hier hat Priorität. Oder wie Günter Schabowski sagen würde: „Das muss weg. Sofort, unverzüglich!“ Oder sehen Sie das anders, Frau Senatorin Günther? | |||
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