Schwere Gefechte bei Kiew und Charkiw
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Rheinische Post

Morgenausgabe

Stimme
des Westens

Moritz Döbler

27. Februar 2022

Liebe Frau Do,

willkommen zur sonntäglichen Sonderausgabe der „Stimme des Westens“. Die dritte Kriegsnacht liegt hinter der Ukraine. Das Land wehrt sich mit allen Mitteln gegen den russischen Überfall. Nach Regierungsangaben wurden 25.000 automatische Waffen und zehn Millionen Patronen an Einwohner Kiews ausgegeben. Zugleich sind inzwischen weit mehr als 100.000 Menschen aus der Ukraine in Nachbarländer geflüchtet, wie die Uno berichtet. Aber jetzt erstmal zum aktuellen Stand der Kämpfe und der politischen Debatte in Deutschland.

Heute wichtig:

Kämpfe: In der Nacht zu Sonntag wurden besonders aus den Regionen Kiew und Charkiw schwere Kämpfe gemeldet. Ukrainische Einheiten haben nach eigenen Angaben eine tschetschenische Sondereinheit zerschlagen und deren Kommandeur, General Magomed TuschajewIn, getötet. In Charkiw ist nach Angaben der Ukraine eine Gasleitung getroffen worden und explodiert. Von unabhängiger Seite lassen sich diese Informationen bislang nicht bestätigten. Nach Angaben der USA zeigt der erbitterte Widerstand der Ukrainer im ganzen Land Wirkung. Die russische Armee komme schlechter voran als erwartet, heißt es aus dem Pentagon. Luftabwehr und Luftwaffe der Ukraine seien noch intakt. Hier gibt es die Details.

Kehrtwende: Der internationale Druck und der Kampf der Ukrainer gegen den russischen Überfall zeigen Wirkung. Die Bundesregierung hat eine Kehrtwende vollzogen. Deutschland liefert nun doch Waffen an die Ukraine und verwehrt sanktionierten russischen Banken den Zugang zum weltweiten Swift-Zahlungsverkehr. Die Einzelheiten hat Tim Braune recherchiert.

Konfrontation: Heute kommt der Bundestag um 11 Uhr zu einer Sondersitzung in Berlin zusammen. Bundeskanzler Olaf Scholz gibt eine etwa halbstündige Regierungserklärung zum Ukraine-Krieg ab, danach folgt eine ausführliche Aussprache der Fraktionen. Die Sondersitzung wird unter anderem bei Phoenix übertragen, aber Sie können ihr auch in unserem Liveblog folgen.

Meinung am Morgen:

Waffenlieferungen: Angesichts der russischen Invasion in der Ukraine liefert Deutschland nach langem Zögern nun doch Waffen an das Land. Aus Beständen der Bundeswehr werden 1000 Panzerabwehrwaffen und 500 Boden-Luft-Raketen zur Verfügung gestellt. Warum sie das für richtig hält, erläutert Ihnen Kerstin Münstermann.

Putins Taktik: Bis er sich vor zweieinhalb Jahren mit US-Präsident Donald Trump überwarf und zurücktrat, war John Bolton dessen Nationaler Sicherheitsberater. Hinter dem 73-Jährigen liegt eine jahrzehntelange Karriere als Diplomat und konservativer Außen- und Verteidigungspolitiker. Man mag in vielen Dingen anderer Meinung sein als er, aber er kennt sich aus. Welche militärische Taktik er bei Wladimir Putin erkennt und warum er nicht ein schnelles Ende des Krieges glaubt, hat er Michael Hesse in einem lesenswerten Interview dargelegt.

Der Krieg im Netz: Nie waren Krisen greifbarer, näher und allgegenwärtiger als im Zeitalter der sozialen Medien. Das gilt auch für den Krieg in der Ukraine, doch bei Facebook, Twitter und Co. sind Fakten von Halbwahrheiten, Lügen und Propaganda nur schwer zu trennen. Julia Rathcke ordnet das Dilemma in ihrer Analyse ein.

Über die aktuellen Entwicklungen in der Ukraine informieren wir Sie auch in unserem späten Newsletter „Der Abend“ – jetzt anmelden!“

So gesehen:

Ich spare mir heute den Versuch einer launigen Überleitung. Selbstverständlich wünsche ich Ihnen trotz alledem einen erholsamen, schönen Sonntag. Aber wir erleben gerade eine Zeitenwende, die viele Gewissheiten der letzten Jahrzehnte infrage stellt. Meine Redaktion und ich bemühen uns nach Kräften, Sie genau und substanziell zu informieren: über die Lage in der Ukraine, die Folgen für unsere Gesellschaft und die politische Debatte hierzulande. Aber wenn Sie ab 11 Uhr Zeit finden, dann schalten Sie doch die Sondersitzung des Bundestags ein – es ist schließlich Ihr Parlament. Bis morgen!   

Herzlich,

Ihr

Moritz Döbler

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