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Wochenende Kurzstrecke |
Tagesspiegel Checkpoint vom Sonntag, 24.11.2024 | Regen und dicht bewölkt bei 3 bis 10°C. | ||
Das Beste für die beste Stadt + Der Checkpoint feiert seinen 10. Geburtstag + Von A (wie Anfang) bis Z (wie Zaun): ein Rückblick auf die vergangenen zehn Berlin-Jahre + Schön, dass Sie dabei sind und bleiben! |
von Lorenz Maroldt |
Guten Morgen, genau heute vor zehn Jahren, am 24. November 2014, erschien der erste Checkpoint. Er war auch der erste seiner Art – und ist es bis heute geblieben. Das Gründungsmotto steuerte der Berliner Flughafenexperte Johann Wolfgang von Goethe bei: „Alles Vergängliche ist nur ein Gleichnis; das Unzulängliche, hier wird’s zum Ereignis.“ Seitdem ist viel passiert, in Berlin, aber auch beim Checkpoint. Klaus Wowereit ist a.D., der BER eröffnet, und Berlins höchste Erhebung ist nicht mehr der Kofferberg von Tegel. An zeitnahen Terminen beim Bürgeramt arbeiten wir noch. Die ortstypischen Wartezeiten haben wir uns mit dem Erfinden neuer Spiele verkürzt – besonders beliebt: Behördenpingpong und Betriebsstörungsbingo. Das BER-Zitateraten gibt’s zwar leider nur noch in der Vintage-Variante, dafür erfreuen sich später eingeführte Rubriken wie „Amt, aber glücklich“ und „Mathe mit dem Checkpoint“ großer Begeisterung. Wir haben zuletzt viel in den alten Checkpoint-Ausgaben geschmökert – und da dachten wir: Bevor wir uns morgen wieder um die Gegenwart und die Zukunft kümmern, lassen wir Sie doch gerne teilhaben an unserer kurzen Zeitreise durch die vergangenen zehn Jahre Berlin – mehr dazu weiter unten. Wir wünschen Ihnen viel Spaß! Längst ist der Checkpoint mehr als ein informativer und unterhaltsamer Newsletter für Berlinkenner und alle, die es werden wollen. Wir sind unterwegs mit dem Regierenden Bürgermeister in New York und Hollywood, wir sind unter der Mailadresse checkpoint@tagesspiegel.de für viele Menschen in dieser Stadt die erste Anlaufstelle bei Berlinprobleme aller Art (und lösen Sie meistens auch). Wir gehen mit unseren Leserinnen und Lesern auf schönen Strecken laufen, organisieren Radtouren, begleiten Sie ins Kino und bringen den Checkpoint live auf die Bühne – mit prominenten Gästen, Spiel und Spaß, einer eigenen Band und demnächst auch mit einer Berlin-Revue. Im Checkpoint erfahren Sie eher als anderswo, was hinter den Kulissen der Politik passiert – und was nicht passiert. Wir lassen die Berliner Leuchttürme strahlen, vergessen dabei aber nicht diejenigen, die mitten unter uns im Dunkeln leben. Wir gehen den Regierenden (und auch den Opponierenden) manchmal gehörig auf die Nerven. Michael Müller rief einst verärgert im Parlament: „Nicht alles, was im Checkpoint steht, stimmt!“. Das allermeiste aber eben doch. Und wenn es etwas zu korrigieren gibt, dann tun wir das auch. Gegendarstellungen sind eher selten, sodass wir die eine, die uns so richtig gut gefiel, gleich viermal hintereinander veröffentlicht haben (hier nochmal nachzulesen in einer amüsanten Rezension von Stefan Niggemeier). Nur im Checkpoint gibt es den Kult-Comic „Berliner Schnuppen“ von Naomi Fearn. Nur im Checkpoint erfahren Sie, wo Sie in unserer tollen Stadt unbedingt noch hingehen sollten, bevor es zu spät ist. Nur im Checkpoint können Sie ihren Liebsten zum Geburtstag gratulieren (per Mail an checkpoint@tagesspiegel.de). Und auch das: Nur im Checkpoint stolpern Sie jeden Tag über das Schicksal eines Menschen, der vor rund achtzig Jahren in ihrer Berliner Nachbarschaft gelebt haben könnte, aber von den Nationalsozialisten ermordet wurde. Ideen für drei Bücher sind aus den ersten zehn Jahren Checkpoint entstanden: „Berlin in 100 Kapiteln, von denen leider nur 13 fertig wurden“ (Ullstein), „Klassenkampf“ über die Bildungsmisere und „Berliner Inseln“ (beide Suhrkamp). Der Checkpoint-Podcast über Kai Wegner hat Erkenntnisse zum Leben des neuen Regierenden Bürgermeisters zutage gebracht, die selbst enge Wegbegleiter überraschten. Und in unserem mobilen Ringbahn-Podcast „Eine Runde Berlin“ haben inzwischen gut sechzig Prominente im Gespräch mit Ann-Kathrin Hipp mehr über sich und ihr Leben in der Stadt erzählt, als sie eigentlich vorhatten. Die Autorinnen und Autoren des Checkpoints sind gerne gesehene und gehörte Gäste im Fernsehen und im Radio. Und immer wieder wurde der Checkpoint ausgezeichnet, unter anderem mit dem renommierten Grimme Online Award. Für all das arbeitet inzwischen ein großes Team. Wir lesen jede Amtsblatt-Ausgabe, jede Bezirksanfrage, jede Ausschreibung, also wirklich jeden Text mit Relevanz für Berlin – und auch immer wieder den Koalitionsvertrag, um den Senat daran zu erinnern, was er noch alles zu erledigen hat. Das Checkpoint-Team arbeitet Tag und Nacht – und ist deshalb Tag und Nacht zu erreichen (das wird auch gerne genutzt, vor allem von der Politik). Berlin hat schließlich (!) ebenfalls rund um die Uhr geöffnet (außer sonntags, aber das bekommen wir auch noch hin). Für die beste Stadt der Welt ist eben nur das Beste gut genug. Apropos: Der Checkpoint ist natürlich nicht nur in Berlin weltberühmt – hier unter diesem Link können Sie mal sehen, wo (und warum) wir wirklich überall gelesen werden. Und auch das noch: Zu unserem Jubiläum haben wir uns unter bekannten Berlinerinnen und Berlinern umgehört, was für sie das Beste an Berlin in den vergangenen zehn Jahren war, was sie sich für die nächsten zehn Jahre erhoffen – und was der Checkpoint für sie bedeutet. Hier unter diesem Link haben wir das für Sie zusammengefasst. | |||||
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Wenn Sie künftig nichts mehr von alldem verpassen, das Beste vom Besten live miterleben und unseren Berlin-Tag-und-Nacht-Journalismus unterstützen wollen, ist heute der perfekte Tag, um endlich ein Abo abzuschließen. Unser Geburtstagsgeschenk für Sie: Lesen Sie den Tagesspiegel jetzt 2 Monate für nur 2 Euro (Checkpoint-Vollversion, alle Bezirksnewsletter und alle Tagesspiegel-Plus-Inhalte inklusive) und erhalten sie einen Checkpoint-Beutel gratis obendrauf (nur solange der Vorrat reicht!). Zur Bestellung geht’s hier unter diesem Link. Wenn nicht jetzt, wann dann? Team Checkpoint jedenfalls freut sich auf die gemeinsame Reise und dankt! | |||||
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Und jetzt: Unser kurzer Rückblick auf zehn aufregende Jahre Berlin mit dem Checkpoint – zusammengestellt von Jessica Gummersbach: 2014: Klaus Wowereit kündigt für Ende des Jahres seinen Rücktritt als Regierender Bürgermeister an – der Sender „n-tv“ ergänzt die Eil-Nachricht mit dem Hinweis „Berlin bei Touristen immer beliebter“ (hier zu sehen). Beim Presseball im längst geschlossenen Flughafen Tempelhof dreht Bundespräsident Joachim Gauck zur Verblüffung amerikanischer Diplomaten übermütig zwischen Austernkisten stehend eine Runde auf dem Kofferband, in der Schöneberger Kleingartenkolonie Samoa versorgen sich Abgeordnete mit Chrystal Meth – und Jogi Löws Weltmeistermannschaft lässt sich vor dem Brandenburger Tor feiern. Der Senat schließt das ICC, im Zoo kommen gleich zwei Spitzmaulnashornbabys zur Welt, zum 25. Jahrestag des Mauerfalls wird eine „Lichtgrenze“ errichtet, Tom Hanks dreht im Hohenschönhausener Stasi-Knast – und das Volk entscheidet sich für ein gebäudefreies Tempelhofer Feld. Der Checkpoint startet den „BER-Count-up“: 905 Tage seit der spektakulär geplatzten Eröffnung sind es zur Premiere am 24. November 2014. Flughafenchef Mehdorn versichert: „Wir werden fertiger und fertiger“, und der neue Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel legt sich gleich mal auf einen neuen Eröffnungstermin fest: „Eines Tages“, sagt er, ist es so weit. 2015: „Wir schaffen das“, sagt Bundeskanzlerin Angela Merkel und macht Selfies mit Geflüchteten in Spandau, während engagierte Berlinerinnen und Berliner mitten im staatlich organisierten Chaos die Initiative „Moabit hilft“ gründen. Das Humboldt Forum feiert Richtfest, der Senat verhebt sich mit einer weiteren Olympia-Bewerbung und T-Rex Tristan wird Berliner. Das neue Berliner-Tatort-Team geht an den Start: Jetzt ermitteln die Hauptkommissare Nina Rubin (Meret Becker) und Robert Karow (Mark Waschke). Im Görlitzer Park startet die „Null-Toleranz-Linie“, Queen Elizabeth besucht Berlin, und Neukölln bekommt eine Bürgermeisterin – ihr Name: Franziska Giffey. Der dauerempörte „B.Z.“-Kolumnist Gunnar Schupelius widmet dem Checkpoint eine ganze Seite – Überschrift: „Tagesspiegel-Chefredakteur putzt die Berliner herunter“. Schupelius druckt unseren Newsletter sogar aus und stellt fest: „Jede Nacht schreibt er alles auf, was in Berlin geschieht und dann noch mit ganz viel Witz!“ Die Story wird im Internet selbst zum Witz – und die Abo-Zahlen schießen in die Höhe. Es kriselt im rot-schwarzen Senat – der neue Regierende Bürgermeister Michael Müller fordert die CDU zum Ausstieg auf: „Wer sich dieser Aufgabe nicht gewachsen fühlt, sollte in diesen Zeiten nicht im Weg stehen, sondern Platz machen. Allen anderen sage ich: Lassen Sie uns füreinander da sein!“ Die Oppositionsfraktionen verstanden das zurecht als Aufforderung zum Vorsingen – die nachfolgenden Reden klangen wie das Casting zur Dauerwerbesendung „Voice of Senat“. Berlin hat einen neuen Flughafenchef! Er heißt Karsten Mühlenfeld und freut sich: „Jetzt kann ich zeigen, was in mir steckt.“ 2016: Berlin bekommt einen neuen Senat – er wird getragen von der bundesweit ersten rot-rot-grünen Koalition und angeführt von der SPD, die mal wieder ihr schlechtestes Ergebnis in der Geschichte erzielt hat. Die Piraten fliegen raus aus dem Abgeordnetenhaus, die AfD zieht ein, und alle sind erleichtert, dass die CDU nicht mehr mitregiert – sogar die CDU selbst. David Bowie stirbt – Hunderte trauern in der Schöneberger Hauptstraße vor dem Haus, in dem er einst mit Iggy Pop lebte. Kurz vor seinem Amtsende kommt Barack Obama nochmal nach Berlin. Und im Dezember rast ein Terrorist mit einem entführten Lastwagen auf den Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz. Der Checkpoint stellt seit einem Jahr jeden Tag eine Schrottschule vor – immer mehr Schüler, Eltern und Lehrer sind empört, der Senat reagiert mit einer „Schulbauoffensive“. Die Bürgerämter haben den Bschleunigungs-Plan des neuen Senats offenbar falsch verstanden: Bei der Online-Jagd nach einem der raren Termine erscheinen neuerdings seltsame Angaben wie „30. November 1999“. Oder ist das vielleicht sogar Absicht? Ein Masterplan? Berlin wird zurückdatiert! So gesehen ist sogar eine BER-Eröffnung im Juni 2012 wieder drin. „Ich will Ende 2017 fliegen“, verkündet Michael Müller, und zwar vom BER, denn: „Der Terminplan ist in der Umsetzung möglich“, und: „Es ist seriös zu sagen, dass wir diesen Zeitplan einhalten können“. Flughafenchef Mühlenfeld stimmt zu: „Zurzeit sind wir noch nicht so weit, dass wir das nicht mehr hinbekommen könnten.“ Zuversichtlich ist auch Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke: „Jeder Tag, der vergeht, bringt uns der Eröffnung näher.“ Dagegen erklärt Daniel Abbou, Pressechef des Flughafens: „Kein Politiker, kein Flughafendirektor und kein Mensch, der nicht medikamentenabhängig ist, gibt Ihnen feste Garantien für diesen Flughafen.“ Tatsächlich ist Daniel Abbou der Einzige, der in dieser Zeit vom BER fliegt – er wird entlassen. 2017: Die Berliner Polizei benimmt sich beim G-20-Gipfel in Hamburg daneben („am freien Abend wurde getrunken, getanzt, gepinkelt und gebumst“) und wird nach Hause geschickt, der Berliner Journalist Deniz Yücel benimmt sich richtig (er recherchiert) und wird in ein türkisches Gefängnis gesteckt. Die Pandas Meng Meng und Jiao Qing ziehen in den Berliner Zoo ein und laufen prompt rückwärts. Letzter Flug der insolventen Air Berlin – der Checkpoint sichert sich die übriggebliebenen roten Schokoherzen und verschenkt sie an Leserinnen und Leser. An der Volksbühne endet die Ära von Frank Castorf, das Lollapalooza in Hoppegarten endet mit einem Verkehrschaos, aus dem Bode-Museum wird eine riesige Goldmünze geklaut und auch die letzte „Kaiser’s“-Filiale verschwindet. Mit der BER-Eröffnung wird es auch 2017 nichts. Brandenburgs MP Dietmar Woidke schimpft: „Wir planen doch hier keine Mondlandung!“ Jetzt soll es ein Müller-Vertrauter richten: Engelbert Lütke-Daldrup wird neuer Flughafenchef, und der stellt erstmal klar: „Ein Flughafen ist nie fertig.“ 2018: Die Pferdekutschen werden vom Pariser Platz verbannt, bei einer wilden Grillparty im Volkspark Friedrichshain drehen sich zwölf Schafe am Spieß, und im Tiergarten ist die Invasion der amerikanischen Sumpfkrebse nicht mehr aufzuhalten – die letzte Patrone des Senats: Die Eindringlinge dürfen jetzt auch gegessen werden. Greenpeace verschüttet gelbe Farbe auf dem Großen Stern, Seeed-Frontmann Demba Nabé stirbt, Deniz Yücel wird aus der Haft entlassen. Es wird viel großdemonstriert: mal gegen Rechtsextremismus, mal freitags für die Future, mal für die Enteignung großer Wohnungsunternehmen. Der Senat will die Preise fürs Schulessen „mindestens bis 2020“ bei 3,25 Euro pro Portion halten – kalkuliert worden war das 2012. Angesichts steigender Mindestlöhne und teurer gewordener Lebensmittel gibt’s bald nur noch Quatsch ohne Soße und Nudeln mit Analogkäse, was der Digitalhauptstadt Berlin allerdings gar nicht gut steht. Und was macht Michael Müller? Der fliegt nach Hollywood zur Premiere von Babylon Berlin. Im legendären Universal-Theater hält er eine kurze Rede und sagt: „I hope you become a taste of Berlin.“ Bei seiner Rückkehr in Tegel became Müller selbst einen taste of Berlin: Sein Koffer mit „Priority“-Badge rollt als letzter vom Band. Der neue Flughafenchef legt sich fest: Der BER wird zwar vielleicht nie fertig, aber am 31.10.2020 eröffnet. Der Checkpoint enthüllt die geheime Formel, die hinter dem neuen Termin steckt – sie laut „6 + 40 - (64 x 3037 + 2737 - 503000 - 10 x 2031 + 7 x 8 x 42 + 12529 + 350)“, denn das ist gleich 311020. Klingt kompliziert, ist aber eigentlich ganz einfach (rechnen Sie‘s gerne mal nach) 6: Zahl der geplatzten Eröffnungstermine / 40: Breite von Terminal 2 / 64: Alter von Flughafenchef Lütke Daldrup am Tag der angekündigten Eröffnung / 3037: Stand des BER-Counters am Tag der angekündigten Eröffnung / 2737: Stand des BER-Counters am Tag der Verkündung des neuen Eröffnungstermins / 503000: Jahresgehalt des Flughafenchefs / 10: Zahl der Wildpferde, die der Flughafenchef der Gemeinde Schönefeld geschenkt hat / 2031: Zahl der verbliebenen Mängel / 7: Zahl der gescheiterten Flughafenchefs / 8: Zahl der Gepäckbänder im BER-Terminal 1 / 42: Laut Douglas Adams die Antwort auf die Frage nach dem Leben, dem Universum und dem ganzen Rest / 12529: Die Postleitzahl des BER / 350: Länge von Pier Süd. Macht 311020, also: 31.10.20. Zufällig ist das auch der Geburtstag des Flughafenchefs. 2019: Der Senat führt den Mietendeckel, das kostenlose Schulmittagsessen und den 8. März als Feiertag ein. Im Tiergarten erschießt ein russischer Auftragsmörder den tschetschenisch-stämmigen Georgier Zelimkhan Khangoshvili. Ein schwerer SUV-Unfall auf der Invalidenstraße erschüttert Berlin. In Marzahn wird das „Goldnest“ aus der Biesdorfer Fuchsberg-Grundschule gestohlen – der Wert des Kunstwerks: 80.000 Euro. In Köpenick fällt der Strom aus und Union steigt in die Bundesliga auf. Im Zoo werden die Panda-Zwillinge Pit & Paule geboren. Und überall in der Innenstadt tauchen E-Roller auf. Der Flughafen Tegel wird zum Flughafen Flegel – die Beschwerden nehmen zu, und ein Verdacht kommt auf: Wird der alte Airport absichtlich heruntergewirtschaftet, um den Abschied leichter zu machen? Die lange Wartezeit auf die Eröffnung des neuen wird unterdessen erleichtert durch die monatliche Kolumne des Flughafenpfarrers im BER-Magazin – sie spendet Trost in düsterer Zeit mit anspielungsreichen Gleichnissen wie diesem: „Die Sekunden verrinnen und dann die Minuten, schließlich die Stunden. Ein Tag vergeht und ein neuer Tag bricht an. Seit 2000 Jahren warten wir als Christinnen und Christen auf die Wiederkehr von Jesus Christus. Inzwischen hat sich bei uns mehr Geduld eingestellt.“ 2020: Am 1. März wird in Berlin der erste Coronafall gemeldet. Kneipen, Bars, Clubs und Restaurants müssen schließen; die einen hamstern Klopapier und backen Bananenbrot, die anderen versuchen, den Reichstag zu stürmen. Erste Pop-up-Radwege werden eröffnet. Der Senat sperrt die Friedrichstraße für Autos, die Verlängerung der U5 und das Humboldt Forum sind (fast) vollendet. Im Dezember eröffnen die ersten Impfzentren, der Senat verhängt ein Böllerverkaufsverbot. Doch zuvor vollbringt Flughafenchef Engelbert Lütke Daldrup das Wunder:Wie im Checkpoint zwei Jahre zuvor exakt berechnet, wird der BER am 31. Oktober 2020 offiziell eröffnet. Genau 3073 Tage nach der ersten Nicht-Eröffnung stellt der Checkpoint damit auch seinen legendären „BER-Count-up“ ein. Im Checkpoint Podcast „Eine Runde Berlin“ sagt Lütke Daldrup im Rückblick auf seinen erledigten Job: „Es war eine harte Zeit.“ 2021: Corona ist ein ständiger Begleiter, das Geschäftsmodell des Jahres lautet: Testzentren. Im Mai dürfen Restaurants erstmals wieder draußen öffnen. Berlin scheitert am Demokratie-Triathlon: Bundestagswahl, Berlinwahl und Volksentscheid sind zu viel auf einmal, zumal ja auch noch Marathon ist. Schuld am Desaster ist mal wieder niemand – in der Disziplin „Organisierte Unzuständigkeit“ lässt sich Berlin von keiner anderen Stadt übertreffen. Aus Rot-Rot-Grün wird Rot-Grün-Rot, aus Michael Müller wird Franziska Giffey: Sie gewinnt die Wahl mal wieder mit dem schlechtesten SPD-Ergebnis aller vorherigen Zeiten, verliert aber ihren Doktortitel. Das Humboldt Forum wird eröffnet, die Neue Nationalgalerie wiedereröffnet. Der Flughafen Tegel schließt für immer, Flughafenchef Engelbert Lütke Daldrup hört auf, und auch für den Mietendeckel ist Schluss – er wird für verfassungswidrig erklärt. 2022: Russland überfällt die Ukraine. Zehntausende fliehen nach Berlin,Hundertausende gehen gegen den Krieg auf die Straße – und die Stadtgesellschaft hilft den bedrängten Menschen dieser Welt wieder einmal auf eindrucksvolle Weise. Im März enden die meisten Corona-Regeln – es blickt sowieso niemand mehr durch. Spätestens bei „2G++“ und mathematisch auszurichtenden Familientreffen hat die Politik die Gutwilligsten verloren. Die Jugend feiert unterdessen in den Parks der Stadt, der Bezirk Mitte verhängt für den James-Simon-Park vergeblich ein Alkoholverbot – Prost. Ungefragt offenbart die Berliner Politik ihre Hygienegewohnheiten und erklärt die „Katzenwäsche“ zur Waffe im Kampf gegen die Energiekrise. Franziska Giffey hält sich da heraus, zum Glück – am 1. Mai wird sie bei der DGB-Demo von einem Ei getroffen. Die Aktivisten der „Letzten Generation“ retten im Großraum Berlin die Welt, indem sie in Museen Kartoffelbrei auf Kunstwerke werfen und sich vor Notarztwagen auf die Straße kleben. Berlin bekommt einen neuen Wahlleiter – und der darf gleich ran: Die Abgeordnetenhauswahl muss wiederholt werden. Außerdem gewinnt Union dreimal gegen Hertha, die Idee eines Sprengplatzes mitten im Grunwald fliegt in die Luft – und auch der Aquadom in Mitte explodiert. Außerdem platzt den Leuten angesichts der RBB-Skandale der Kragen – Intendantin Patricia Schlesinger muss gehen. 2023: Nach den Silvester-Krawallen will die CDU über die Vornamen der Täter sprechen – die Vornamen ihrer Fraktionsmitglieder lauten vor der Wahlwiederholung Adrian, Alexander, Ariturel, Björn, Christian (3 x), Christopher, Cornelia, Danny, Dirk, Frank, Heiko, Johannes, Kai, Katharina, Kurt, Maik, Martin, Michael, Oliver, Robbin, Roman, Sandra, Scott, Stefan, Stefanie, Stephan (2 x) und Sven (was auch immer das zu bedeuten hat). Apropos Kai und Katharina: Der neue Regierende Bürgermeister und seine Bildungssenatorin beschließen, erst nach der Bildung des neuen Senats eine Beziehung miteinander gehabt zu haben. Alles, was vorher zwischen den beiden beobachtet und über sie berichtet wurde, waren demnach lediglich Verhandlungen. Und im Sommer zeigt sich, dass in Berlin wirklich jeder alles sein und alles werden kann – zum Beispiel ein Wildschwein ein Löwe (oder ein Löwe ein Wildschwein). 2024: Der Sommerhit des Jahres kommt von Shirin David (die von Innensenatorin Iris Spranger „meine Freundin, die Influrenzerin“ (sic!) genannt wird): „Bauch, Beine, Po“. Die Bauern demonstrieren, allerdings nicht gegen die schleppende Umsetzung des Cannabis-Anbau-Gesetzes. Die SPD bekommt zwei neue Vorsitzende und Verkehrssenatorin Manja Schreiner verliert zwei Titel: Doktor und Senatorin. Und in Kreuzberg könnte William Shakespeare neuer Stadtschreiber werden – der mögliche Titel seines ersten Werkes: „Zaun oder nicht Zaun – das ist hier die Frage.“ Wenn Sie aber lieber Antworten lesen möchten, sind Sie hier ganz richtig: Der Checkpoint liefert sie Tag für Tag, verlässlich seit zehn Jahren. Und mindestens für die nächsten 99. Wie genau? Das zeigt ein Blick hinter die Kulissen, gezeichnet von Naomi Fearn. | |||||
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