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Tagesspiegel Checkpoint vom Dienstag, 10.09.2024 | Dicht bewölkt bei max. 19°C. | ||
+ Urania-Debatte: Wie soll Berlin umgebaut werden? + SPD bangt vor den Wahlen in Brandenburg + Immer mehr antisemitische Vorfälle in ehemaligen Konzentrationslagern + Ältester Plattenladen Berlins geschlossen + |
von Robert Ide |
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Guten Morgen, puh, ganz schön frisch heute! Gut, dass hier gleich ein paar erwärmende Nachrichten in Ihr Postfach flattern. Hätten Sie zum Beispiel das gedacht: Die Lebenserwartung in Berlin sinkt nicht? Wie vor knapp zehn Jahren liegt sie für Männer im Schnitt bei 78,1 Jahren, für Frauen bei 83,2 Jahren. Am ältesten sehen dabei die Frauen in Treptow-Köpenick (84,8 Jahre), in Charlottenburg-Wilmersdorf (84,7), Steglitz-Zehlendorf (84,5) und Pankow (84,3) aus. Das ergibt eine CDU-Anfrage an die Gesundheitsverwaltung, die dem Checkpoint vorab vorliegt. Statistisch am frühesten sterben Männer in Lichtenberg (77,5 Jahre), Spandau (77,6) und Friedrichshain-Kreuzberg (77,7). Der Herbst beginnt hier früher. | |||
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Bevor alle wieder aufgeregt auseinanderfliegen, landen wir hier mit einer exklusiven Nachricht. Der Senat will sein Wahlversprechen einer sauberen Stadt erfüllen (Berlinerinnen und Berliner wissen, was damit gemeint ist: ab zu und zu etwas weniger Dreck) und macht sich deshalb an die „Konzeption eines berlinweiten Taubenmanagements“. In einem Brief der für Tierschutz verantwortlichen Justizverwaltung an die Bezirksbürgermeisterinnen und Bezirksbürgermeister heißt es zur Begründung: „Ziel ist es, die Taubenpopulation zu reduzieren“, und zwar „tierschutzgerecht und nachhaltig“. In Berlin sollen laut der Ornithologischen Arbeitsgemeinschaft etwa 17.000 bis 19.000 Tauben herumschwirren. Aber wie vertreibt man die Tiere am besten tierschutzgerecht? Na klar, durch Menschengruppen. Diese haben sich schon vor dem Projektstart vermehrt wie die Tauben in den Stadtparks. Ab Mitte September sollen sich zur Taubenaustreibung folgende Arbeitsgruppen treffen: Betreute Taubenschläge Tierschutzkonforme Vergrämung und tierschutzkonformes Bauen Weitere Maßnahmen zur Bestandskontrolle und -regulation Klärung rechtlicher Fragen Öffentlichkeitsarbeit. In all diesen Projektgruppen sollen dann Mitarbeitende der Justizverwaltung, der Umweltverwaltung, der Bauverwaltung, aus den Bezirken und externe Expertinnen und Experten beraten. Und nicht nur das: „Eine Bildung von Unterprojektgruppen kann bei Bedarf erfolgen.“ Na, da geht es ja zu wie im Taubenschlag. „Die vielen Arbeitsgruppen und Unterarbeitsgruppen sehen nicht danach aus, als würde es bald Lösungen geben“, sagt Treptow-Köpenicks Bezirksbürgermeister Oliver Igel (SPD) dem Checkpoint. Er selbst sehe die Sache mit den Stadtvögeln ja nicht so problematisch, „weil Igel und Tauben in Berlin gut zusammenleben können“. Er besuche regelmäßig den örtlichen Taubenzüchterverein „Falke 05“, erkenne aber auch, dass der zunehmende Vogeldreck von vielen als Problem angesehen würde. Und so schlägt Igel ganz pragmatisch vor: „Für uns in Treptow-Köpenick wäre eine rasche finanzielle Unterstützung für Einrichtung und Betreuung eines Taubenschlags wichtig.“ Hier könnten sich einträchtig Tauben tümmlern und Menschen tummeln. | |||
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Seit Jahren in der Luft hängt eine der wichtigsten Daseinsfragen Berlins: Wohnst Du noch oder zwischenmietest Du schon? Durch immer neue Neubauten lässt sich die akute Wohnungskrise kaum lösen, zumal es immer weniger neue Bauten gibt. Die Architektenkammer fordert deshalb eine Umkehr in der bisherigen Stadtentwicklung. „Umbau kommt vor Neubau, schon einmal bebaute vor bislang unbebauten Grundstücken und Siedlungsgebiete vor größeren Landschafts- und Grünräumen“, heißt es im neuen „Leitbild zeitgemäßen Bauens“. Demnach müsse sich die Planung neuer Stadtquartiere darauf richten, was schon bestehe und umgebaut werden könne. Dazu schreibt die Architektenkammer: „Im Bestand schlummern immense Potenziale, die Berlin noch viel zu wenig nutzt, sei es im Kleinen durch die Umwandlung nicht mehr benötigter Büroflächen oder im Großen durch den Umbau überflüssiger Produktionsstandorte und Verkehrsflächen.“ Wo genau aber liegen diese brach liegenden Flächen für neue Wohnungen? Das diskutieren wir am heutigen Dienstag in der Tagesspiegel-Reihe „Stadt im Gespräch, Berlin im Wandel“ ab 19.30 Uhr in der Urania (An der Urania; U-Bahnhof Wittenbergplatz). Mit dabei sind unter anderem Sebastian Bartels vom Mieterverein, David Eberhart vom Wohnungsverband BBU und Ricarda Pätzold vom Deutschen Institut für Urbanistik. Ich freue mich, wenn auch Sie mit Ihren Vorschlägen vorbeikommen – der Eintritt ist frei. Wie sollte aus Ihrer Sicht die Stadt um- statt neu gebaut werden? Das können Sie uns auch gerne schreiben an checkpoint@tagesspiegel.de. Wir sind gespannt auf ihre Ideen der neuen Stadtgestaltung. Berlin kennen Berlinerinnen und Berliner schließlich am besten. | |||
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Die Beben erschüttern noch das ganze Land, die vor einer Woche die Wahlen in Thüringen und Sachsen ausgelöst haben. In Berlin flüchtet sich die für ihren Dauerstreit abgestrafte Ampel-Koalition unter Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) von Ausflucht zu Ausflucht, warum bis zur Bundestagswahl in einem Jahr irgendwie noch alles besser werden wird – allein, es glaubt kaum noch jemand. Die CDU, mit nicht wenigen Leihstimmen zum selbsterklärten Wahlsieger der Mitte aufgestiegen, muss im Südosten nun stabile Regierungen in unstabilen Konstellationen bilden und sich dafür dem populistischen Bündnis Sahra Wagenknecht andienen (und in Thüringen zusätzlich noch mit der verfemten Linken eine Tolerierung klarmachen). Klar ist schon jetzt: Das Parteiensystem der nach Berlin transferierten Bonner Republik funktioniert nicht mehr. Ostdeutschland zeichnet die politische Landkarte des Landes neu – und steht selbst vor nervenaufreibenden Monaten unkonventioneller Regierungsbildung. Schon Ende nächster Woche droht bei den Landtagswahlen in Brandenburg (alle Informationen dazu hier) die nächste Erschütterung. Die AfD, die auch rund um Berlin auf kalkulierte Provokation setzt (etwa am Sonntag beim Wahltalk der Spitzenkandidierenden in Potsdam), liegt in den Umfragen knapp vorn. Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) droht die Abwahl als stärkste Kraft – und er droht für diesen Fall mit seinem Rückzug. Dies könnte nicht nur die märkische SPD in die Krise stürzen, sondern auch Kanzler Scholz ins Mark treffen. „Dieses märkische Roulette ist ein hochriskantes Spiel. Geht es verloren, ist nicht allein das politische Schicksal des Ministerpräsidenten besiegelt“, schreibt meine Kollegin Sabine Schicketanz. Wie Ostdeutschland sich selbst herausfordert, begleiten wir Woche für Woche in unserem Tagesspiegel-Newsletter „Im Osten“; ein kostenloses Abo gibt’s hier. Die Demokratie lebt – auch von unabhängiger Information. | |||
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Dass eine gute gemeinsame Zukunft kaum gestaltet werden kann ohne Erinnerung an die Vergangenheit, zeigt sich gerade in den ehemaligen Konzentrationslagern rund um Berlin. Mehrere zehntausend Menschen wurden während des Nationalsozialismus in den Brandenburger KZs Ravensbrück und Sachsenhausen ermordet. An diesen Orten des Schreckens geschehen, verstärkt durch Rechtsextremismus und Islamismus, nun erschreckende Dinge in der Gegenwart. Mehr als eine halbe Million Menschen haben im letzten Jahr Sachsenhausen besucht, 80.000 waren es in Ravensbrück. Doch immer häufiger zweifeln Besucherinnen und Besucher hier offen und provokativ an, dass die NS-Verbrechen insbesondere an jüdischen Mitbürgern tatsächlich geschehen sind. In Gästebüchern fänden sich immer mehr fremdenfeindliche oder antisemitische Eintragungen. „Seit dem Überfall der Hamas auf Israel stellen wir eine deutliche Zunahme solcher Vorfälle fest“, sagt Axel Drecoll, der die Gedenkstättenstiftung leitet. Seine Worte sollten eine Mahnung für alle gegenwärtigen Debatten sein: „Dass die NS-Verbrechen an den Orten infrage gestellt werden, an denen sie stattfanden, und die eigentlich als Beweis dienen, dass es diese Verbrechen gegeben hat, ist eine Eskalationsstufe, die wir uns lange so nicht vorstellen konnten.“ Einer erneuten Entmenschlichung systematisch ermordeter Menschen kann die Gesellschaft nur eines entgegensetzen: mehr Menschlichkeit. | |||
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