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Exxon, Shell & Gazprom: Wie geht es bei den Öl-Riesen nach dem Crash weiter?

Lieber Geldanleger,

 

die jüngsten Schlagzeilen dürften vielen von Ihnen nicht entgangen sein – anhaltende Turbulenzen an den Öl-Märkten haben Anfang der Woche den Preis für ein Barrel Rohöl der amerikanischen Referenzsorte West Texas Intermediate („WTI“) kurzfristig deutlich ins Minus getrieben.

Allerdings waren diese Kapriolen vor allem dem unmittelbar bevorstehenden Auslaufen des Mai-Terminkontraktes geschuldet – wer nicht in die Situation kommen wollte, Öl tatsächlich abzunehmen, sah sich kurzfristig gezwungen dem Käufer seiner Kontrakte noch einen satten Zusatzobolus zu zahlen.

Die zugrundeliegenden Probleme sind bekannt:
Die kürzlich seitens der OPEC+ beschlossenen Produktionskürzungen kommen frühestens ab Mai zur Geltung, gleichzeitig ist die Nachfrage nach Rohöl aufgrund der Corona-Krise massiv gesunken. Entsprechend füllen sich die Lagerkapazitäten überall auf der Welt, immer häufiger wird zudem bereits auf Tanker als schwimmende Lagerstätten zurückgegriffen.

Dieser anhaltende Trend hat in den letzten Wochen die Charterraten in schwindelnde Höhen getrieben. Aktuell würde sich ein neuer Supertanker (VLCC – Very Large Crude Carrier) in nicht einmal zwei Jahren vollständig amortisieren.

Was für Tanker-Eigner aktuell Grund zur Freude darstellt, ist für Öl-Produzenten ein Desaster. Wer seinen Output nicht rechtzeitig komplett oder zumindest teilweise über Terminkontrakte abgesichert hat („Hedges“), muss sein Öl am Spotmarkt zu Spot(t)preisen unterbringen – oder, wie oben bereits diskutiert, im Extremfall potentielle Abnehmer sogar teuer bezahlen.

In der heutigen Ausgabe widmen wir uns 3 Giganten der Energie-Industrie, die aufgrund des jüngsten Kursverfalls derzeit mit besonders hohen Dividendenrenditen zum Einstieg locken:


1.)  ExxonMobil 

Hervorgegangen aus John D. Rockefellers legendärer Standard Oil, ist das Unternehmen heute einer der größten Öl-Produzenten der Welt und gehört zusammen mit den Konkurrenten Royal Dutch Shell, BP, Chevron, Total, Conoco Phillips und Equinor zu den sogenannten „Supermajors“.

Nach wir vor ist der sogenannte Upstream-Bereich, sprich Förderung und Absatz von Rohöl und Gas der maßgebliche Ergebnisträger mit einem mehr als 80%igen Beitrag zum Nettogewinn 2019.

Im letzten Jahr erwirtschaftete ExxonMobil einen operativen Cash Flow von annähernd 30 Milliarden Dollar, investierte davon allerdings netto rund 23 Milliarden Dollar in sein Geschäft und schüttete zudem noch knapp 15 Milliarden Dollar an Dividenden aus.

Zur Gegenfinanzierung musste das Unternehmen neue Schulden aufnehmen, so dass die Gesamtverschuldung um beinahe 25% auf rund 47 Milliarden Dollar anstieg und sich entsprechend auch die Verschuldungsquote von 16,0% auf immer noch sehr moderate 19,1% erhöhte.

Die jüngsten Ereignisse werden das Unternehmen allerdings auf eine harte Probe stellen, denn auf einmal erscheint selbst das Sakrileg einer Dividendenkürzung nicht mehr völlig an den Haaren herbeigezogen. Bereits am Donnerstag hat nämlich der norwegische Konkurrent Equinor seine Quartalsdividende um satte 67% auf 0,09 Dollar pro Aktie reduziert und damit die rechnerische Rendite auf nur noch knapp 3% abschmelzen lassen.

Betrachtet man die Gesamtsituation, sollte auch ExxonMobil diesen Schritt tatsächlich ernsthaft ins Auge fassen, denn nur so lässt sich eine weitere, deutliche Erhöhung des Verschuldungsgrades vermeiden.

Zwar hat das Unternehmen Anfang des Monats sein für dieses Jahr geplantes Investitionsbudget um rund 10 Milliarden Dollar oder satte 30% gekürzt, doch wird dies vermutlich nicht zur Deckung des Cash Flow-Einbruchs aus dem operativen Geschäft ausreichen.

Allerdings hat das Unternehmen seit Beginn der Corona-Krise rund 18 Milliarden Dollar am Anleihemarkt neu aufgenommen, möglicherweise ein Hinweis darauf, dass das Management wie angekündigt an der Dividende festhalten möchte.

Zwar haben die großen Agenturen wie Moody’s oder S&P zuletzt das Kreditrating des Unternehmens heruntergestuft, trotzdem wird ExxonMobil nach wie vor zu den qualitativ besten Kreditnehmern gezählt.

Glaubt man den Beteuerungen des Managements, können Investoren auch in Zukunft noch mit einer großzügigen Quartalsdividende von 0,87 Dollar planen. Auf das Jahr gerechnet ergibt sich zum aktuellen Kurs eine Rendite von 8,2%.

Allerdings hat sich der Aktienkurs seit den Tiefs vor einem Monat bereits wieder um mehr als 30% erholt ohne dass sich die Auswirkungen der Corona-Krise bereits in den Finanzdaten des Unternehmens niedergeschlagen hätten.

Anleger sollten hier Geduld beweisen und einen möglichen Rücksetzer nach den für Anfang Mai terminierten Quartalszahlen abwarten.

Exxon Mobil Corp. (ISIN: US30231G1022)
WKN / Kürzel
Börsenwert
KGV 20e/21e/22e
Kurs
852549 / XOM
172 Mrd. EUR
neg. / 4 / 4
43,70 USD


2.)  Royal Dutch Shell 

Bis in die Top 10 der bekannten Forbes 2000 Liste brachte es der meist nur als „Shell“ bekannte niederländisch-britische Öl- und Gas-Gigant im letzten Jahr und rangiert zudem in Sachen Umsatz und Ergebnis mittlerweile deutlich vor dem amerikanischen Konkurrenten ExxonMobil.

Anders als ExxonMobil verfügt Shell zudem über mehrere starke Geschäftssegmente, allen voran Integrated Gas (Ergebnisbeitrag von rund 45% im letzten Jahr), das auch die aufstrebenden LNG-Aktivitäten des Unternehmens beinhaltet.

Allerdings verfügen rund 90% der Terminkontrakte für zukünftige LNG-Lieferungen an Kunden über eine Ölpreis-Bindung, die mit einer zeitlichen Verzögerung von drei bis sechs Monaten zum Tragen kommen und entsprechend sich in diesem Jahr deutlich negativ auf den Ergebnisbeitrag des Gas-Bereichs auswirken werden.

Der Downstream-Bereich (Öl-Produkte und Chemikalien) steuerte 33% zum Gesamtergebnis in 2019 bei, während das klassische Upstream-Geschäft mit nur 22% den kleinsten Beitrag lieferte.

Fairerweise muss man aber auch sagen, dass sich die Segmentzuordnung bei ExxonMobil und Shell in wesentlichen Bereichen unterscheidet und deshalb hier teilweise Äpfel mit Birnen verglichen werden.

Trotzdem lässt sich feststellen, dass das Unternehmen im direkten Vergleich mit ExxonMobil insgesamt deutlich breiter aufgestellt erscheint.

Auch bei Shell hat man jedoch zuletzt mehr Geld ausgegeben als das Unternehmen eingenommen hat. Neben rund 15 Milliarden Dollar an Dividendenzahlungen wurden zusätzlich noch mehr als 10 Milliarden Dollar in Aktienrückkäufe investiert.

Letztere wurden im Zuge der aktuellen Krise zunächst gestoppt und auch das für dieses Jahr ursprünglich geplante Investitionsbudget um 20% auf 20 Milliarden Dollar gekürzt.

Zusätzlich zu den Ende März vorhandenen liquiden Mitteln von rund 20 Milliarden Dollar hat sich Shell in den letzten Monaten neue Kreditlinien in Höhe von 22 Milliarden Dollar gesichert, möglicherweise auch hier ein Hinweis darauf, dass das Unternehmen zunächst an seiner aktuellen Quartalsdividende von knapp 0,80 Dollar festhalten möchte. Zum aktuellen Kurs errechnet sich damit eine annualisierte Rendite von 9,2%.

Nachdem sich allerdings der Aktienkurs von den Tiefs Mitte März bereits um mehr als 60% erholt hat, sollten Anleger vor dem Eingehen neuer Positionen unbedingt auf einen Rücksetzer warten.

Royal Dutch Shell PLC (ISIN: US7802592060)
WKN / Kürzel
Börsenwert
KGV 20e/21e/22e
Kurs
A0ET6Q / RDSA
126 Mrd. EUR
45 / 9 / 7
34,75 USD


3.)  Gazprom 

Etwas anders gelagert ist der Fall beim russischen Gas-Giganten Gazprom. Zwar wird das Unternehmen voraussichtlich ebenfalls deutlich unter dem Ölpreis-Verfall leiden, da Gas-Lieferverträge im Regelfall eine Ölpreis-Kopplung beinhalten, jedoch kontrolliert der russische Staat nach wie vor die Geschicke bei Gazprom und der dürfte angesichts der drohenden Wirtschaftskrise derzeit ganz besonders an stabilen oder gar steigenden Ausschüttungen interessiert sein.

Allerdings hat Gazprom erst im Dezember eine neue Dividendenpolitik bekannt gegeben, die eine Auszahlung von mindestens 50% des bereinigten Nettogewinns nach IFRS ab 2022 vorsieht.

In diesem Jahr soll die Ausschüttung mindestens 30% des bereinigten Nettogewinns für 2019 betragen und im nächsten Jahr mindestens 40% des bereinigten Nettogewinns für 2020 und genau darin liegt der Haken:

Sollten die Öl-Preise auf dem aktuellen Niveau für längere Zeit verharren oder sogar noch weiter abrutschen, wird der bereinigte Nettogewinn des Unternehmens in diesem Jahr massiv einbrechen und dies dürfte auch die vorgesehene Ausschüttungsanhebung auf 40% des bereinigten Nettogewinns nicht vollständig ausgeglichen werden.

Es gilt: Sollte der bereinigte Nettogewinn dieses Jahr lediglich um 25% oder sogar weniger einbrechen, würden Aktionäre einer im schlechtesten Fall stabilen Ausschüttung entgegensehen. Fällt der Gewinn noch niedriger aus, wäre eine Dividendenkürzung die Folge.

Wie bereits erwähnt zieht jedoch der russische Staat die Fäden bei Gazprom und der könnte in Anbetracht der Wirtschaftslage durchaus auf einer höheren Auszahlung bestehen, was automatisch auch für außenstehende Aktionäre gelten würde.

Darauf sollten Anleger sich aber nicht verlassen – derzeit ist nämlich nicht von einer schnellen Erholung der Öl-Nachfrage auszugehen, was die dringend notwendige Preiserholung weiter verzögern dürfte.

Auf dem aktuellen Kursniveau beträgt die Dividendenrendite rund 8%. Obwohl Aktionäre aufgrund der jüngsten Ereignisse für nächstes Jahr möglicherweise eine Kürzung ihrer Dividende einplanen sollten, verfügt die Gazprom-Aktie mit der geplanten Ausschüttungsanhebung auf 50% des bereinigten Nettogewinns für das Geschäftsjahr 2021 über einen interessanten Joker, der dem Aktienkurs auch in aktuellen Krisenzeiten zusätzliche Stabilität verleihen könnte.

Auch die Gazprom-Aktie hat sich von den Tiefs Mitte März um mittlerweile rund 30% erholt, liegt seit Jahresbeginn aber trotzdem noch um fast 40% im Minus.

Über die Liquidität des Unternehmens brauchen sich Anleger zudem keine Sorgen machen, als de facto Staatsunternehmen verfügt Gazprom auch in der aktuellen Situation über quasi unbegrenzten Zugang zu den Kapitalmärkten.

Gazprom (ISIN: US3682872078)
WKN / Kürzel
Börsenwert
KGV 20e/21e/22e
Kurs
903276 / GAZ
58 Mrd. USD
3 / 5 / 4
4,55 EUR


Mein Fazit:

Kein Zweifel, die Zeiten sind nicht rosig für die Öl- und Gas-Industrie aber Investoren sollten führende Vertreter wie ExxonMobil, Shell und Gazprom deshalb nicht abschreiben.

Große Liquiditätsreserven und/oder ein quasi uneingeschränkter Zugang zum Kapitalmarkt zeichnen diese weltweit führenden, integrierten Konzerne aus – exakt das, was es braucht um die aktuelle Krise zu überstehen.

Ein Fragezeichen bleibt in Bezug auf die Höhe der zukünftigen Dividendenausschüttungen insbesondere bei ExxonMobil und Shell. Aus betriebswirtschaftlicher Sicht wäre eine Kürzung angezeigt, auf der anderen Seite verfügen beide Unternehmen über mehr als ausreichenden Mittelzugang um das aktuelle Dividendenniveau über einen gewissen Zeitraum aufrecht zu erhalten.

Bei Gazprom existiert seit kurzem eine Formel zur Berechnung der Dividende, die binnen der nächsten 2 Jahre eine Ausschüttung von mindestens 50% des bereinigten Nettogewinns nach IFRS vorsieht.

Sollten sich Öl- und Gas-Preise mittelfristig wieder erholen, besteht insbesondere bei Gazprom die Chance auf steigende Dividenden, während Shell und ExxonMobil ihr Augenmerk in diesem Fall vermutlich zunächst auf die Rückzahlung der aufgelaufenen Schulden legen würden.

Nach der starken Erholung in den letzten Wochen sollten Anleger jedoch vor einem Einstieg auf einen Rücksetzer warten.

Hinweispflicht nach §34b WpHG: Die Geldanlage-Report-Redaktion ist in den genannten Wertpapieren/Basiswerten zum Zeitpunkt des Publikmachens des Artikels nicht investiert. Es können daher keine Interessenskonflikte vorliegen. Die in diesem Artikel enthaltenen Angaben stellen keine Aufforderung zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren dar.
 


 

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Viel Erfolg bei Deinen Finanzentscheidungen &
ein schönes Wochenende wünscht Dir

Dein
Armin Brack
Chefredakteur Geldanlage-Report

>> Die nächste Ausgabe erscheint am 2. Mai

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