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+ Wie Brandenburg zur Blaupause für Shutdown-Lockerungen wird + Erste Betrugsverfahren wegen unrechtmäßigen Corona-Zuschüssen sind wohl nur „die Spitze des Eisbergs“ + An Berlins Universitäten finden 80 Prozent der Kurse statt +
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  Tagesspiegel Checkpoint vom Samstag, 18.04.2020 | Sonnig und klar bei bis zu 18°C, am Sonntag mit 15°C ein wenig kühler.  
  + Wie Brandenburg zur Blaupause für Shutdown-Lockerungen wird + Erste Betrugsverfahren wegen unrechtmäßigen Corona-Zuschüssen sind wohl nur „die Spitze des Eisbergs“ + An Berlins Universitäten finden 80 Prozent der Kurse statt +  
Julius Betschka
von Julius Betschka
  Guten Morgen,

es sollte eine Woche der Entscheidungen werden. Doch Berlin bummelt. Der Senat will sich bis nächsten Dienstag Zeit nehmen, die strikten Eindämmungsmaßnahmen dort zu lockern, wo es möglich scheint. Für Geschäfte, Schulen, Kirchen vielleicht, einsame Herzen. Falsche Erwartungen will aber niemand wecken: So schnell kommt unsere Berliner Normalität nicht zurück. Aber wir gehen diesen Weg jetzt  das ist die schöne, die mutmachende Nachricht der vergangenen Tage. Gesundheitsminister Jens Spahn bezeichnet den Ausbruch des Virus am Freitag als “berechenbar”, das Robert-Koch-Institut gibt das magische R (die Reproduktionszahl) mit nur 0,7 an. Ein Infizierter steckt weniger als einen anderen Menschen an. Und es gibt weitere Zahlen, die Hoffnung machen. Nach allem, was wir wissen, ist das die Konsequenz der schmerzhaften Restriktionen, die wir uns als Gesellschaft auferlegt haben. Wir gegen das Virus. Jetzt ist es ein Poker: Wie weit können wir uns dem alten Normalzustand nähren, ohne einen weiteren unkontrollierten Ausbruch der Seuche auszulösen?
 
     
 
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  Brandenburg hat sein Blatt schon ausgespielt. Das rot-schwarz-grüne Dreierbündnis in der Mark hat – wie alle anderen Bundesländer – am Freitag Lockerungen beschlossen. Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) bezeichnete die Maßnahmen als “kleine Schritte, aber auf dünnem Eis”. Vieles, was in Brandenburg wieder erlaubt ist, könnte auch für Berlin gelten. Die Hauptstadtregion soll kein regulativer Flickenteppich werden. Woidke: Die Regeln werden "weitgehend adäquat" sein. Aus dem Senat heißt es auf Checkpoint-Anfrage, man stehe in engem Kontakt, Stadtstaat und Flächenland seien aber "nicht in allen Bereichen vergleichbar". Checkpoint-Prognose: sieht nach dreiviertel-adäquat aus.

Was Brandenburg beschlossen hat (gilt ab 22. April):  Geschäfte mit einer Verkaufsfläche von bis zu 800 Quadratmetern dürfen wieder öffnen. Auch solche, die ihre Fläche auf diese Größe verkleinern. Einkaufszentren dürfen öffnen. Die Abstandsregel von 1,5 Metern muss in allen Läden eingehalten werden. In Wartebereichen dürfen sich nicht mehr als zehn Personen aufhalten. Kulturfrühling: Museen, Galerien, Ausstellungshallen und Bibliotheken dürfen wieder öffnen. Sogenannte “Körpernahe Handwerks- und Dienstleistungen” wie Nagelstudios, Tätowierer, Kosmetikstudios oder Massagesalons bleiben geschlossen. Ab 4. Mai dürfen Friseure aus lauter Robinsons wieder schnittige Köpfe machen. Die Kontaktsperren bleiben größtenteils, auch die Abstandsvorgaben. Sie wurden bis 8. Mai verlängert. Auf der Bank sitzen, ist wieder erlaubt (galt in Berlin schon). Besonders im Nahverkehr und beim Einkaufen werden Masken dringend empfohlen. Angemeldete Demonstrationen mit bis zu 20 Teilnehmern können erlaubt werden (in Berlin schon gestattet) Religiöse Zeremonien wie Taufen und Bestattungen werden mit bis zu 20 Teilnehmern erlaubt. Gottesdienste und andere Formen der Zusammenkunft bleiben verboten. Die Abiturprüfungen finden ab dem 20. April wie geplant statt. In Brandenburger Schulen soll der Unterricht ab dem 27.April schrittweise wieder aufgenommen werden. Berlin hatte vorgelegt. Wider den tierischen Ernst: Die Zoos und Tierparks öffnen. Aus dem Berliner Senat drang am Freitag wenig Neues nach außen. Silke Gebel, Fraktionsvorsitzende der Grünen, bestätigte dem Checkpoint: "Der Grundsatz, dass Berlin und Brandenburg nah beeinander sein wollen, wurde im Senat mehrfach bekräftigt.” Die Entscheidungen werden am kommenden Dienstag getroffen: 10 Uhr, Rotes Rathaus, Louise-Schroeder-Saal.

Wer am Freitag durch Berlin ging, fühlte schon das Streben nach Normalität. Die Bahnen waren voller, die Gehsteige belebter. Kaum Schutzmasken. Es liegt am Senat, den richtigen Sound zu erwischen. Bleibt zu Hause, haltet Abstand. Das gilt – trotz notwendiger Lockerungen. Und zur Not gibt's nen Eierlikörchen.
 
     
 
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  Das Berliner A 1,5 Meter B 1,5 Meter I ist laut Schulsenatorin Sandra Scheeres (SPD) sicher. Am Montag sollen die Abi-Prüfungen beginnen, da war man sich im Senat verhältnismäßig schnell einig. Ausgerechnet mit Latein geht's los. Herrje. Nicht nur der Landesschülerausschuss kritisiert scharf, dass die Klausuren stattfinden (CP von Gestern). Dem Checkpoint liegt die Mail eines Vaters vor, der Scheeres und Regiermeister Müller eine "förmliche Dienstaufsichtbeschwerde" androht. Der Grund: Der Senat delegiere die Verantwortung für Gesundheitsgefahren an Schulen und Eltern. Erziehungsberechtige sollen "Besondere Regelungen zur Vermeidung der weiteren Ausbreitung des Coronavirus bei der Durchführung der schriftlichen und mündlichen Prüfungen“ unterschreiben. Darin sind Gründe angegeben, wann Kinder nicht zu den Prüfungen erscheinen dürfen: unter anderem bei Kontakt zu Rückkehrern oder Infizierten und Erkältungssymptomen. Gib es "im Kontaktbereich" einen Covid-19-Fall muss das Kind zu Hause bleiben. Weder sei dieser Bereich definiert, noch könne man ausschließen, dass es Kontakte zu Infizierten gegeben habe, schreibt der Vater. Gesundheitsfährdungen würden durch diese Erklärung "auf die Schüler abgewälzt" - sie müssen ebenfalls unterschreiben. Weiter: "Wenn Sie die Abiturprüfungen meinen durchführen zu müssen, dann tragen Sie allein das Risiko von Infektionen Dritter, die dadurch verursacht werden." Abi 2020: Hygiene- statt Reifeprüfung.  
     
 
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  Wir bleiben im Bereich Jugendkultur: Ich und meine Maske. Was Berlins Maskenträger Nummer 1 schon 2008 besungen hat, wird dieses Jahr nochmal ganz groß Thema: Brauchen wir eine Mundschutzpflicht? Eine Dringende Empfehlung? Reicht ein Hinweis? Sido rappte damals: "Heut' und für ewig, Ich und meine Maske // Sie kann mit mir reden, ich verdank' ihr mein Leben // Auch wenn ich sie hasse." Gut, "Heute und für ewig" wird es hoffentlich nicht sein, aber es gibt starke Indizien dafür, dass Masken die Ausbreitung des Coronavirus verlangsamen: In Jena gibt es seit acht Tagen keine Infektionen mit Covid-19 mehr. Seit knapp zwei Wochen gilt in der thüringischen Stadt eine Maskenpflicht in Bussen, Bahnen und Supermärkten, seit einer Woche auch am Arbeitsplatz. Ob das momentane Abebben der Fälle einzig an der Maskenpflicht liegt? Unklar. Jenas Oberbürgermeister Thomas Nitzsche (FDP) ist aber sicher, dass die Pflicht geholfen hat. Auch gleich nebenan in Sachsen wurde jetzt verordnet: „Verpflichtend ist das Tragen einer Mund-Nasenbedeckung bei der Benutzung des öffentlichen Nahverkehrs und beim Aufenthalt in Einzelhandelsgeschäften." So geht's sächsisch.

Wie sehen das die Deutschen? Laut einer exklusiven Umfrage des Tagesspiegel halten 46,2 Prozent den Verzicht auf eine Maskenpflicht für falsch, 39,7 Prozent halten die Maskenpflicht für falsch. Klassisch: Unentschieden. Und Berlin? Die Innenverwaltung hatte nach Checkpoint-Informationen vorgeschlagen, die Ausgangsbeschränkungen für diejenigen zu lockern, die Maske tragen, und wollte so Gruppentreffen erlauben. Interner Vermerk aus der Senatkanzlei dazu: Die Lockerung der Regeln sollte nicht an "begrenzt wirksame Mittel wie das Tragen von Schutzmasken" gekoppelt werden. Sido missfällt das.
 
     
 
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  Zum Schluss: Drei Nachrichten, die über den Tag hinausreichen:

1) Schluss mit telefonischer Krankschreibung: Ab nächster Woche müssen Arbeitnehmer mit Atemwegserkrankung für ihre Krankschreibung wieder in Arztpraxen. Ärzte- und Patientenverbände protestieren dagegen. Sie vermuten misstrauische Arbeitgeber hinter dem Beschluss.

2) Ab sofort können Angehörige von Risikogruppen für einen schweren Covid-19-Verlauf ihre Therapiewünsche für den Notfall mit dem eigenen Hausarzt beraten. Der kann künftig die „Ärztliche Notfallanordnung“ (ÄNo) unterschreiben, die die Intensivbehandlung und lebensverlängernde Maßnahmen regelt.

3) Hoffnung im Kampf gegen die Pandemie: Es gibt Hinweise darauf, dass viele Covid-19-Erkrankte an Lungenembolien sterben. Dagegen könnten gängige Blutverdünner helfen, glaubt ein Schweizer Forscher. Die Details hat mein Kollege Sascha Karberg aufgeschrieben.

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