während wir uns in Deutschland vorsichtig über den Rückzug der Inflation freuen, die im September noch 4,5 und in diesem Monat nur noch 3,8 Prozent beträgt, bricht in Benkos Immobilien-Imperium Totengräberstimmung an.
Dort gilt gerade nur eine Maxime: Schulden tilgen und Liquidität sichern - alles auf Kosten der Retail-Bereiche der Holding.
Den Überblick über die aktuelle Lage bei Signa und wieso Immobilienentwickler und Retail einfach nicht zusammenpassen, erfahren Sie im Thema des Tages.
Einen entspannten Feierabend wünscht
Ihr Jochen G. Fuchs | Ressortleiter E-Commerce INTERNET WORLD
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Benko-Imperium bröckelt: Die zum Scheitern verdammte Zwangsheirat zwischen Immobilienentwicklung und Handel
Ein Überblick über der aktuelle Schieflage der Signa Holding und die Lehre aus deren Handeln: Immobilienentwickler und Retail passen nicht zusammen, kommentiert IW-Redakteur Jochen G. Fuchs.
Signa bröckelt, händeringend wird das Tafelsilber verscherbelt und offensichtlich um Liquidität gerungen. Der Retailbereich wird dabei Stück für Stück geopfert, vielleicht bis zum bitteren Ende. Nach der gerade bekanntgewordenen Insolvenz der Signa Sports United, die das Schicksal von rund 100 Onlinehandelsplattformen steuert, wartet die Branche nur auf weitere Hiobsbotschaften.
Und die werden kommen.
Denn die Signa Retail Gruppe hat keinen Rückhalt mehr von der Mutter, die Milliardenverluste im Benko-Imperium bedrohen den Fortbestand der Gruppe.
Signa 2022: Fast zwei Milliarden Schulden, eine halbe Milliarde Verlust
Laut dem Wiener Nachrichtenmagazin News, das sich auf einen geleakten Geschäftsbericht bezieht, soll die Gruppe Ende vergangenen Jahres insgesamt fast 2 Milliarden Euro Schulden aufgehäuft haben, von denen im laufenden Jahr rund 1,3 Milliarden zur Refinanzierung anstehen. Allein die Sparte Luxusimmobilien, Signa Prime, weist nach Abwertung von Immobilien einen Nettoverlust von gut einer Milliarde auf, die Holding rund 505 Millionen Verlust.
Bei einer Übersicht über das weitverzweigte Signa-Reich sieht man wie viele Beteiligungen im Immobilienmarkt Signa hat: In diesem Imperium haben offensichtlich die Immobilienprojekte Priorität.
Prestigeträchtige Signa-Bauprojekte gestoppt
Doch die sind gefährdet. Die Liquidität der Gruppe ist offensichtlich nicht mehr gewährleistet, in Hamburg standen Zahlungen an das Bauunternehmen an und wurden nicht bedient.
Aktuell wurden gestoppt:
Das Milliardenprojekt Elbtower in Hamburg
Das Signa-Projekt Gänsemarkt-Passage in Hamburg
Der Neubau der Sportarena an der Stuttgarter Flaniermeile Königsstraße
Projekte, die ein Immobilienentwickler aufgrund der Außenwirkung niemals gefährden würde.
Stimmung bei Investoren und Banken angespannt
All das führt dazu, dass Investoren, Banken und Ratingunternehmen unruhig werden: Die Europäische Zentralbank (EZB) prüfte Kreditvergaben der Banken an die Signa und kam Ende August zu dem Schluss, dass Banken die Darlehen entweder zum Teil abschreiben oder weitere Vorsorgen für mögliche Verluste treffen sollten. Im gleichen Monat setzte Creditreform das Rating für Signa Prime aus.
Und schließlich will Unternehmensberaterlegende Roland Berger seine 1,64 Prozent an dem Immobilien-Luxus-Segment Signa Prime aufgrund schlechter Informationspolitik von Signa abstoßen.
Jetzt soll Sanierer Arndt Geiwitz, der schon Galeria mehrfach aus der Insolvenz führte, bei der Signa Holding helfen.
Ausverkauf und Opfer der Signa-Retail-Gruppe
Das Geld reicht nicht mehr, um der Retail-Gruppe langfristig Perspektiven zu geben, wie das Beispiel von Signa Sports United (SSU) zeigt, die am Freitag Insolvenz anmeldete. Zuletzt eine Milliarde Umsatz mit dreistelligen Millionenverlusten wies SSU vor, nochmal rund 150 Millionen Zusage hätte die Retail-Unit benötigt. Die Zusage dazu wurde von Signa zurückgezogen.
Laut der Immobilienzeitung hat Signa allein in den ersten sechs Monaten dieses Jahres Immobilien im Wert von 2,2 Milliarden Euro verkauft. Benko sei damit der mit Abstand größte Immobilienverkäufer in Europa gewesen.
Darunter auch ein Filetstück aus dem Immobilienbesitz: Benko hatte 49,9 Prozent der Berliner KaDeWe-Liegenschaft an seinen Geschäftspartner, die Central Group, verkauft.
Im Juni war zu hören, Signa habe die österreichische Möbelkette Kika/Leiner und deren 40 Liegenschaften veräußert, die erst 2018 erworben worden waren. Damit verschwand die Signa Home & Lifestyle-Unit komplett.
Maßnahmen, die maßgeblich zur Rettung der Immobilien-Projekte von Signa durchgeführt wurden.
Immobilienentwickler und Retail passen nicht zusammen
Das Kerngeschäft und das wesentliche Kapital eines Immobilienentwicklers, sind Immobilien. Und nicht Mieter. Und ist das Kerngeschäft bedroht, wie jetzt bei Signa, entscheidet sich der Immobilienentwickler im Zweifel für die Immobilien und gegen die Mieter.
Letztlich hat es sich in der Vergangenheit nie bezahlt gemacht, wenn ein Handelsunternehmen seine Liegenschaften verkauft und wieder zurückgemietet hat.
Um Handelsunternehmen zu transformieren, ist ein langer Atem nötig, und ein Immobilienentwickler schielt immer auf den Mieterlös, statt auf die Aussichten einer langfristigen Retailstrategie.
In dem oben verlinkten Artikel des Deutschlandfunks von 2020 wird Bernd Düsterdiek, Referatsleiter beim Deutschen Städte- und Gemeindebund, mit einer heute noch gültigen Aussage zitiert: „Letzten Endes wird man immer wieder zu der Erkenntnis gelangen, dass auch hier die Vermieter, für sich genommen, in die Pflicht genommen werden sollten. ‚Eigentum verpflichtet‘ — das ist ein bekanntes Motto. Eigentümer von Handelsimmobilien sind aufgerufen, eine angemessene Mietpreispolitik zu betreiben.“
Eigentum verpflichtet, möchte man auch René Benko entgegenrufen, der gerade Handelsunternehmen für Immobilien opfert. Und den Marken von SSU wünschen, dass sie schnell einen Käufer finden, der nichts mit Immobilien zu schaffen hat.
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BACKGROUND
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