Junge Trader wirbeln die Märkte durcheinander! Liebe Leserin, lieber Leser, es ist derzeit DAS Thema an den Börsen: Der Kampf von Klein-Anlegern gegen Hedgefonds, wenn man es pathetisch ausdrücken will. Sicherlich hast Du von den Turbulenzen um die GameStop-Aktie gehört. Die zuvor weitgehend unbekannte Aktie einer Kette von Videospiel-Läden ist seit Mitte Januar extrem nach oben geschossen, hat aber in den letzten Tagen wieder deutlich nachgegeben:
Der Hintergrund ist folgender: Im sogenannten WallStreetBets-Forum, einer Untergruppe des Diskussions-Portals „Reddit“, verabreden sich Privat-Anleger, die dank Billigbroker quasi umsonst an der Börse handeln können. Ihr Ziel sind stark geshortete Aktien wie eben die zuvor dahinsiechende GameStop-Aktie an der Wall Street. Massenhafte Käufe sollen die Short-Seller (zu Deutsch: Leer-Verkäufer) zum Handeln zwingen und dadurch einen sogenannten Short Squeeze auslösen. Hedgefonds sollen in die Knie gezwungen werden Professionelle Short-Seller sind oftmals Hedgefonds. Diese verkaufen Aktien, die sie gar nicht besitzen, mit der Absicht, diese später billiger einzukaufen. Die Differenz ist dann der Gewinn. Steigt jedoch die Aktie, so kann es für die Hedgefonds unter Umständen sehr teuer werden, denn irgendwann müssen die leer verkauften Aktien zurückgekauft werden. Genau darauf setzt die Strategie der Flashmob-Trader. Auch an Europas Börsen gab es Turbulenzen. So explodierte z.B. die Nokia-Aktie zeitweise um rund 40 Prozent. Am deutschen Aktien-Markt schossen die Aktien des Zulieferers für die Pharma- und Biotechnologie-Branche Evotec und des Batterie-Herstellers Varta nach oben. Bei beiden Aktien aus dem TecDAX sind Hedgefonds möglicherweise gezwungen gewesen, Short-Positionen aufzulösen, um an anderer Stelle nötiges Kapital zur Verfügung zu haben. Das dürfte die Kurssprünge – und auch den raschen anschließenden Kursrückgang erklären:
Ob die Strategie der WallStreetBets nachhaltig ist und auch bei anderen Aktien Erfolg hat, muss sich zeigen. Jedenfalls hat das Vorgehen bereits die Aufsichts-Behörden auf den Plan gerufen, die dem Verdacht der Kursmanipulation nachgehen. Außerdem könnten die Infrastruktur-Anbieter dem Treiben schnell einen Riegel vorschieben. Doch das ist problematisch, denn es liegt ja nicht unbedingt strafbare Markt-Manipulation vor. Silber ein zu großer Brocken? Ende letzter Woche nahm sich WallStreetBets dann sogar Silber vor. Es kursierten Kursziele von 1.000 US-Dollar. Tatsächlich gelang es dieser Gruppe in wenigen Tagen den Silber-Preis auf den höchsten Stand seit 8 Jahren zu treiben. Aber der sehr liquide Silber-Markt ist etwas ganz anderes, als eine Einzel-Aktie mit geringen Umsätzen. Es bestehen hier auch keine übermäßigen Leer-Verkäufe bzw. Short-Positionen. Im Gegenteil: Am Futures-Markt bestand vor der Rallye der letzten Tage bereits ein Überschuss an Long-Positionen. Es geht also in diesem Fall eher darum einen bereits bestehenden Trend durch gemeinsames Vorgehen zu verstärken. Das kann funktionieren, hat aber sicher nicht das Vervielfachungs-Potenzial wie bei Angriffen auf wenig liquide, geshortete Aktien. Für die Preis-Bildung bei Silber – wie auch bei anderen Rohstoffen – ist der hochliquide Futures-Markt maßgeblich. Doch der ist durch die entsprechenden Börsen stark reguliert. Die CME Group (Chicago Mercantile Exchange) hat bereits auf die erhöhte Volatilität reagiert und die sogenannte Margin erhöht. Händler müssen nun für ihre Silber-Positionen eine höhere Sicherheitsleistung hinterlegen. Das ist ein probates Mittel der Futures-Börsen, um irrationale Kursturbulenzen abzukühlen. Es scheint auch in diesem Fall zu funktionieren, der Silber-Preis hat wieder deutlich nachgegeben:
Allerdings könnte der "Angriff" auf Silber und die zeitweilige Preis-Rallye auch nachhaltige Auswirkungen haben. Zum einen gab es enorme Zuflüsse in Silber-ETFs, die mit physischem Silber hinterlegt sind. Die ETFs müssen die Anlagegelder mit Silber-Käufen abdecken. Darüber hinaus hat die ganze Aktion Silber in den Fokus einer breiteren Anleger-Öffentlichkeit gerückt. Das könnte sich langfristig positiv für den Silber-Preis auswirken.
Mein Fazit Die Ereignisse der letzten Wochen sind keine Eintagsfliege, davon muss man ausgehen. Es war eigentlich nur eine Frage der Zeit, dass die sozialen Medien auch die Finanz-Märkte durcheinanderwirbeln. Verbände von Klein-Anlegern werden zu ernstzunehmenden Akteuren am Finanz-Markt. Wie solltest Du auf die dadurch verursachten Kursturbulenzen reagieren? Auf den Zug aufspringen sollten jedenfalls – wenn überhaupt – nur erfahrene Trader. Die Kurssprünge sind enorm und können auch über Nacht erfolgen. Das Risiko von Verlusten ist groß und eines ist sicher: Den Letzten beißen die Hunde. Die WallStreetBets gehen davon aus, dass dies die Hedgefonds mit Ihren Leer-Verkäufen sind, aber das ist keineswegs sicher. Auch viele private Trader werden zu spät auf den Zug aufspringen und am Ende die Gewinne derjenigen bezahlen, die das Ganze angestoßen haben. Als langfristiger Anleger solltest Du cool bleiben. Basis langfristiger Anlage-Entscheidungen sollten immer fundamentale Erwägungen und eine durchdachte Depot-Strategie sein. Daran hat sich nichts geändert. Silber z.B. sollte meiner Ansicht nach gemeinsam mit Gold einen Anteil von 8 bis 12 Prozent an einem langfristigen Depot ausmachen. Dabei bleibt es.
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