Vera Schroeder über Ängste und Egoismus.
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26. November 2021
Familie
Alles, was Eltern interessiert
Vera Schroeder
Vera Schroeder
Redakteurin Wissen
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Guten Tag,
vorgestern habe ich kurzentschlossen meine beiden Mittelkinder, 6 und 8 Jahre alt, gegen Covid-19 geimpft. Einen Tag vor der offizielle Zulassung in Europa (was die bedeutet und was über Wirksamkeit und Sicherheit bekannt ist, habe ich mit meinen Kollegen hier aufgeschrieben). Ich war mit meinen Söhnen in einer Praxis, die seit Wochen schon Kinder impft und deren Namen sich unter Münchner Eltern zugeschoben wird.

Ich werde damit erstmal eine Ausnahme bleiben. Denn obwohl der Impfstoff nun zugelassen ist, wird es noch Wochen dauern, wahrscheinlich Mitte Januar werden, bis es mit den Kinderimpfungen richtig los geht. Der von Spahn bestellte Kinderimpfstoff kommt erst an Weihnachten. Er hat eine etwas andere innere „Verpackung“ – und bis dahin bleibt das Benutzen der Drittelportion des Erwachsenenimpfstoffs ein sogenannter „Off-Label-Einsatz“, Haftungsfragen liegen beim Impfarzt. Die meisten Kinderärzte werden daher auf den Kinderstoff warten, viele auch auf die Empfehlung der Stiko.

In Anbetracht der hohen Inzidenzen unter Kindern: Was für ein Downer schon wieder, dass nicht heute, am Tag nach der Zulassung vor jeder Schule Impfbusse stehen, die leicht zugänglich, unkompliziert und vor allem schnell allen Familien in Deutschland die Möglichkeit geben, ihre Kinder zu schützen! Man hätte endlich mal Familien nach vorne ziehen können. Man wusste seit Monaten, dass die Zulassung bald kommen wird.

Aber noch eine zweite Sache deprimiert mich: Vor zwei Jahren noch hätte ich die privilegierte Gelegenheit zur Impfung, bei der ich vorgestern zugegriffen habe, noch unbedingt ausgeschlagen. Ich hätte nicht gewollt, vor allen anderen einen Impfschutz für meine gesunden und damit relativ ungefährdeten Kinder abzugreifen. Ich hätte an die Alten gedacht, die gerade noch nicht geboostert sind. An die vielen Länder auf der ganzen Welt, die noch immer viel zu wenig Impfstoff zur Verfügung haben. Oder an die Kinder mit Vorerkrankungen, die viel dringender geimpft werden müssen als meine eigenen. Ich hätte Institutionen vertraut, dass sie den wertvollen Impfstoff gerecht verteilen, wenn ich mit meinen Kindern erstmal verzichte. Und dass diese Institutionen mir ebenfalls zuverlässig sagen, wann wir dran sind, und das wirklich schnellstmöglich ist. Sie kennen diese Gedanken vielleicht auch vom Booster für Erwachsene: Darf ich mich überhaupt schon in die Schlange stellen und einem älteren Menschen den Shot damit möglicherweise wegnehmen?

Die erschreckend traurige Wahrheit ist: Die vergangenen zwei Jahre haben mir beigebracht, zuzugreifen, wenn sich eine Gelegenheit ergibt. Weil am Ende strukturelle Ungerechtigkeiten eh immer das finale Wort haben und meine individuelle Verhaltensweise kaum einen Unterschied zu machen scheint. Weil ich oft nicht mehr verstehen kann, weshalb Dinge geschehen oder nicht geschehen, vor allem auch wenn es um Kinder und Familien geht – und ich (meistens) aufgehört habe, mich darüber aufzuregen. Die vergangenen zwei Jahre haben mich egoistisch abgestumpft und gleichzeitig trotz all meiner Privilegien so erschöpft, dass ich es mir erlaube, aus der Reihe zu tanzen, um nicht erdrückt zu werden vor lauter Familiencoronaschwere.

Es gibt Momente, in denen ich denke, dass aus diesem Zurückgeworfensein aufs eigene, ungesicherte für sich selbst Entscheiden auch etwas Gutes entspringen könnte. Weil es den Kopf frei macht, um alte, vermeintlich umsichtige Gewohnheiten wirklich los zu werden, die am Ende womöglich auch nur den Status Quo zementieren. Man könnte sich mit diesem von Sicherheiten frei geschüttelten Kopf im Grunde viel radikaler eine neue, bessere Zukunft ausdenken, die für alle Menschen gerechter wäre. Aber dann piepst die Waschmaschine, das Kleinkind hat ne volle Windel, der Teenie sucht seine Maske und der Laptop am Küchentisch klingelt, mein Kommentar zur Kinderimpfung braucht noch Änderungen – und dann funktioniere ich einfach weiter.

Wie geht es Ihnen in diesem Wahnsinn? Ich freue mich über Nachrichten.
Vera Schroeder
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