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Kurzstrecke |
Tagesspiegel Checkpoint vom Montag, 29.01.2024 | früh Sonne, später bewölkt, 2 bis 8°C. | ||
+ SPD will „Volksentscheide von oben“ – Kritiker erinnern an Brexit als Warnung + Warum Ex-Senator Peter Kurth rechts abgebogen ist – und was dem „Identitären“ Sellner droht + Streik bei der Bahn vorzeitig beendet, aber jetzt droht Arbeitskampf bei der BVG + |
von Stefan Jacobs |
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Guten Morgen, in wenigen Wochen könnten in Berlin zwei publikumsträchtige Volksbegehren starten. Beide zielen auf Anpassung an den Klimawandel, aber unterscheiden sich deutlich in Ambition und Konsequenz: Während der Umweltverband BUND per Bürgervotum Stadtgrün und Freiflächen vor ungezügelter Bebauung bewahren will, plant der durch den Radentscheid berühmte Kampagnero und Klima-Unionist Heinrich Strößenreuther ein „Baum-Gesetz“, das nicht nur einen Rechtsanspruch auf intakte Schattenspender sichern, sondern auch Verwaltung und Wasserversorgung klimakrisenfest machen soll. Juristisch gewagt, aber Strößenreuther hat nach eigenem Bekunden jede Menge Expertise an Bord. Und wenn einer weiß, wie man Druck aufbaut, dann er. | |||
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Kurzer Überblick über die SPD-Fraktionsklausur vom Wochenende: Ex-Finanzsenator Matthias Kollatz drang mit seiner Kritik an dem Motto „Beschluss first, Debatte second“ über den löchrigen Landeshaushalt nicht durch, seine Idee eines Darlehensfonds fand kaum Anklang. Fraktionschef Raed Saleh versprach Haushaltsdisziplin mit Rücksicht aufs Soziale, klassifizierte die Magnetbahnträume der CDU als „Luftschlösser“. Beschlossen wurde eine Resolution für „Volksentscheide von oben“, also Befragungen durchs Abgeordnetenhaus zu Großthemen, konkret zur Randbebauung des Tempelhofer Feldes. Während es in der CDU bereits ähnliche Überlegungen gab, lehnen Grüne, Linke und Vereine die Idee u.a. mit Verweis auf den so zustande gekommenen Brexit ab. | |||
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Gute Nachricht vom CDU-Abgeordneten Kurt Wansner: Er hat schon mehrere Tage lang nicht mehr im AfD-Sound auf Facebook gehetzt. Die schlechte: Fraktionschef Dirk Stettner attestiert Wansner zwar eine Neigung „zu sehr zugespitzten, manchmal aus meiner Sicht überspitzten Formulierungen“, aber sieht keinen Grund, etwa an dessen Eignung für den Vorsitz des Ausschusses für Verfassungsschutz zu zweifeln. Stettner attestiert Wansner, dass der sich „unmissverständlich von rechtsradikalen und rechtsextremen Gruppen und Parteien“ abgrenze. Woran genau er diese Abgrenzung bei seinem Parteifreund erkennt, der eine Demo gegen Nazis als Mobilmachung „dieser abgewirtschafteten Bundesregierung zusammen mit ihren linksradikalen Kampfverbänden gegen die arbeitende Bevölkerung“ beschrieb, ließ Stettner offen. | |||
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Die Frage, wann und warum der einst als liberal bekannte Berliner Ex-Finanzsenator Peter Kurth allzu scharf rechts abgebogen ist, beschäftigt nicht nur Weggefährten, sondern auch den aktuellen Checkpoint-Podcast. Kurth selbst will sich erst später äußern. Aber das CP-Team hat in den vergangenen Tagen so viele Puzzleteile zusammengesetzt, dass sich ein überraschend stimmiges Bild ergibt. Gegen einen der im vergangenen Sommer auf Kurths Dachterrasse versammelten Rechtsextremisten, den „Identitären“ Martin Sellner, hat die Bundespolizei ein Einreiseverbot nach Deutschland verhängt, die Potsdamer Ausländerbehörde prüft das Gleiche. Wie gerichtsfest das Verbot ist, wird sich erweisen. | |||
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Und er bewegt sich doch, der Lokführerführer. Zumindest hat er sich bewegen lassen, mit dem von ihm verachteten Management der Bahn zu verhandeln und dafür den GDL-Streik einen Tag früher als geplant zu beenden. An diesem Montag sollen die Züge wieder planmäßig – im Rahmen des Möglichen und Üblichen – fahren; die S-Bahn verspricht für alle Linien „mindestens einen 20-Minuten-Takt“ (was angesichts des Streikendes um 2 Uhr nachts in der Tat das Mindeste wäre). Bis Anfang März wollen Bahn und Gewerkschaft sich einigen, bis dahin gilt Friedenspflicht. Die Kundschaft kann sich also zurücklehnen – jedenfalls bis heute 15 Uhr, wenn die Gewerkschaft Verdi ihre Streikpläne für die BVG verkünden will. CP-Prognose anhand früherer Erfahrungen: Es dürfte zunächst nur um ein paar Stunden gehen. | |||
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Um ein paar Jahre geht’s inzwischen bei der Ausschreibung von rund zwei Dritteln der Berliner S-Bahn. Das hochkomplexe, in Zugbeschaffung und Fahrbetrieb unterteilte Vergabeverfahren für die Stadtbahnlinien und die Nord-Süd-Strecken verzögert sich immer weiter, sodass wohl alte Züge ausrangiert werden müssen, bevor neue startklar sind. Außerdem steigen die Kosten ins Unermessliche, hat CP-Kollege Christian Latz erfahren: Statt avisierter 2,8 Milliarden Euro für den Kauf der Züge sind jetzt 5,4 Milliarden aufgerufen, für den Fahrbetrieb über 15 Jahre werden statt acht eher 20 Milliarden Euro fällig. Und auch die sind nur ein Zwischenstand, solange der französische Konkurrent Alstom weiter durch alle Instanzen gegen die für den Platzhirsch DB und dessen Waggonlieferanten Siemens/Stadler höchst attraktive Ausschreibung vorgeht. | |||
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Heute will die Sozialverwaltung die geplante Erforschung der Migrationshintergründe von Landesbeschäftigten erläutern (CP von Donnerstag). CP-Leser Detlef Loy schreibt, dass dieses Vorhaben statt der mutmaßlich guten Absicht der Teilhabe auch deren Gegenteil befördern könnte: Ausgrenzung jener, deren Migrationsgeschichte sich auf amtsdeutsche Kriterien beschränkt. In seiner Familie habe der Enkel – Kind eines Berliners und einer der Liebe wegen nach Berlin gezogenen, längst eingebürgerten Mexikanerin – ebenso einen „Migrationshintergrund“ wie der Sohn seiner deutschen Frau, dessen mexikanischer Vater Deutschland schon vor dessen Geburt wieder verlassen habe. So sei es auch bei zwei Cousins dieses Sohnes, deren mexikanische Mutter seit ihrer Geburt in Hannover lebt und ihnen damit zu ihrer subjektiv durch und durch deutschen Biografie einen amtlichen „Migrationshintergrund“ verpasst. Loy hielte es lieber mit der britischen Praxis, die für dort Geborene keine „Hintergründe“ kenne – ganz gleich, woher ihre Eltern stammten. | |||
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