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Kurzstrecke |
Tagesspiegel Checkpoint vom Freitag, 28.08.2020 | Dicht bewölkt bei milden 25°C. | ||
+ Neues Stadtmotto: „Wir sind ein Berlin“ + Lehrerin mit Kopftuch vom Senat diskriminiert + Kleinste Ikea-Filiale Deutschlands in Pankow + |
von Lorenz Maroldt |
Guten Morgen, mitten im Sommer verkündet der Regierende Bürgermeister: „Es kann Weihnachtsmärkte geben“ – na, da fällt uns ja vor Erleichterung eine Kerze vom Baum (und jedenfalls kein Zacken aus der Krone). Großveranstaltungen mit mehr als 5000 Leuten draußen und mehr als 1000 drinnen bleiben allerdings bis Ende des Jahres verboten. Eine weitere Erkenntnis der Bund-Länder-Konferenz zur Corona-Politik, die einheitliche Regeln bringen sollte: Jeder wünscht sich was anderes. Fazit der Kanzlerin: „Die Länder haben sehr unterschiedliche Vorstellungen, die man am heutigen Tag nicht zusammenbringen konnte.“ Aber bis Weihnachten sind‘s ja auch noch 119 Tage. (Eine Übersicht der Beschlüsse finden Sie hier) | |||
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Heute entscheidet das Verwaltungsgericht über die Verbote der „Querdenker“-Demos – und über die politische Karriere von Andreas Geisel. Scheitert die rechtlich begründete Verfügung am politischen Begleittext des Innensenators („Ich bin nicht bereit, ein zweites Mal hinzunehmen, dass Berlin als Bühne für Corona-Leugner, Reichsbürger und Rechtsextremisten missbraucht wird“), werden entscheidende Leute auf übercoronalen Abstand zu ihm gehen. Im Interview mit Julius Betschka verteidigt Geisel seine „Haltung“ und beansprucht auch für sich „das Recht auf freie Meinungsäußerung“. | |||
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In seiner umstrittenen Erklärung hatte Geisel für den Fall großer Menschenansammlungen trotz des Verbots ein „konsequentes Vorgehen der Polizei“ angekündigt (das war übrigens der Konditionalsatz zur „Bühne“-Bemerkung) – doch die wird auch dann kaum hinterherkommen, wenn die Verbote Bestand haben: Bis gestern Abend waren nach entsprechenden Aufrufen bereits mehr als 2000 weitere Versammlungen für den Sonnabend angemeldet worden. Hm, und wer will da so alles demonstrieren? Wir haben mal nachgefragt – hier die Auskunft der Polizei: „Die Auswertung dazu dauert noch an.“ | |||
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Etliche Protestler waren bereits gestern in der Stadt. Unterkünfte konnten sie über rechte Telegram-Gruppen u.a. bei „Helping Hotels“ buchen, was eine besonders pikante Note hat: Die Initiative war eigentlich gegründet worden, um besonders durch Corona gefährdeten oder nach überstandener Krankheit geschwächten Menschen eine Unterkunft zu vermitteln. Jetzt wird sie von Menschen genutzt, die Corona für eine Biermarke halten. Übrigens: Bei unserer Umfrage gestern waren 77 Prozent der Meinung: Ja, es ist richtig, die Corona-Demo zu verbieten, weil massive Verstöße gegen die Covid-19-Verordnung zu erwarten sind. | |||
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„Wir sind ein Berlin“ lautet der neue Stadtslogan – dabei hatte die von der Senatskanzlei beauftragte Agentur Jung von Matt eigentlich etwas anderes vorgeschlagen. Doch der historisch hübsch mit dem Freiheitsversprechen aufgeladene Satz „Wir sind ein Berliner“ fiel bei den internen Runden im Roten Rathaus durch – die zeitgeistige Begründung: Geht gar nicht, das ist ja nicht gendergerecht! Also wurde die leicht mutige, selbstironische Variante verworfen und stattdessen zurückgegriffen auf eine alte Neujahrsansprache des Regierenden Bürgermeisters von 2018 – damals hatte sich Michael Müller aufschreiben lassen: „Wir sind ein Berlin“, und: „Berlin bleibt die Stadt der Freiheit und Vielfalt.“ Für die neue Kampagne, die im September das hedonistische „be berlin“ ablösen wird und die Stadt jahrelang begleiten soll, wurde daraus: „Wir sind ein Berlin“, und: „Berlin ist die Stadt der Freiheit, Toleranz und Vielfalt.“ Und, haben Sie den Unterschied bemerkt? Na klar: Jetzt sollen wir auch noch tolerant sein. Aber gut, warum nicht, lassen wir die Kampagne ruhig mal laufen und, logo, den neu designten Stadtbären (dem die Krallen gezogen wurden) dazu lächeln. Aber eine Meinung wird man ja noch haben dürfen (siehe oben: Andreas Geisel): Ann-Kathrin Hipp hat sich seit der ersten tastenden Suche des Senats nach einem neuen Leitbild mit dem Entstehen der Kampagne beschäftigt, was sie davon hält, können Sie hier lesen. Und dann sind wir natürlich auch gespannt darauf, Ihre Meinung zu erfahren: | |||
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Die Senatskanzlei will bei ihren Recherchen für das neue Leitbild der Stadt übrigens völlig ungegendert festgestellt haben: „Die Berliner wollen nicht immer den Eindruck einer ‚Failed City‘“ haben – ok, aber woher hat die Senatskanzlei diese Erkenntnis? Na, schauen wird doch mal vorab in die noch unveröffentlichten Antworten auf eine Anfrage des Grünen-Abgeordneten Stefan Ziller zur „Evaluierung von Kundenzufriedenheit“ mit dem Service-Portal des Senats: (DS 18 / 24 358) – die wesentlichen Aussagen: + „Eine regelmäßige Zufriedenheitsumfrage bei den Nutzerinnen und Nutzern des Berliner Service-Portals findet nicht statt.“ + „Eine statistische Erhebung der Kundenzufriedenheit liegt nicht vor.“ + „Eine für alle passende Evaluation des Gesamtangebotes muss erst noch gefunden werden.“ + „Die Entwicklungen sind derzeit sehr volatil.“ + „Die Kundenbefragungen in den Bürgerämtern befinden sich im Stadium der Pilotierung.“ Übrigens: Online verfügbare Termine (berlinweit) zur Wohnungsanmeldung, Passverlängerung oder Beantragung eines Personalausweises, Stand heute früh: keine, für niemanden. Wie Sie sehen, hat die Senatskanzlei also auch hier mal wieder recht – beim Warten im Bürgeramt sind wir Slogan-konform alle gemeinsam „ein Berlin“. | |||
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Frage für Berlinkenner, was ist leichter: einen Termin im Bürgeramt zu bekommen – oder eine konkrete Auskunft der Wirtschaftsverwaltung in Sachen Ermittlungen gegen die IBB? Sie ahnen es… Wir wollten wissen, ob die Senatorin handschriftliche Änderungen an den Entwürfen zu den am 27. März erstmals online gegangenen Antragsformularen für Corona-Soforthilfen vorgenommen hat (und wenn ja: ob durch Verzicht auf Nachweispflichten Missbrauch begünstigt wurde). Erst nach mehreren Anläufen und dem Hinweis auf die Auskunftspflicht kam eine grundsätzliche Antwort: „Es entspricht selbstverständlich der politischen Leitungsverantwortung, Vorschläge der Verwaltung persönlich abzuzeichnen und ggf. abzuändern, handschriftlich und / oder elektronisch.“ | |||
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Gesucht und gefunden: Für die Rubrik „Wer sucht was?“ meldete sich Marion Geisler (linkes Bild vorne links) beim Checkpoint, sie ist Teil der „Omas on Stage“. Die Gruppe von 25 Frauen im Alter von 60-80 Jahren enstand über den Verein „Omas gegen Rechts“, suchte für ihre Theateraufführung eine Choreografin – u.a. für eine Saturday-Nightfever-Gruppenchoreografie und ein Elvis-Presley-Solo von Marion Geisler. Tanzlehrerin Sabine Neske-Krüger (rechtes Bild) reagierte – wir haben beide befragt. (Fotos: privat) Wie wars? Marion Geisler: „Wir haben ein gutes Gefühl. Wir sind uns sehr sympathisch.“ Sabine Neske-Krüger: „Die Begegnung mit Frau Geisler war sehr nett, sie stellte mir ihr geplantes Projekt vor, ich konnte ihr Vorschläge unterbreiten zum geplanten Auftritt mit der Gruppe und für ihr Solo.“ Was war Ihr erster Eindruck? Marion Geisler: „Wir hatten sofort einen Draht zueinander.“ Sabine Neske-Krüger: „Frau Geisler und ich hatten einen positiven Eindruck gegenseitig. Die Probentermine werden noch abgestimmt.“ Gab's Kaffee dazu? Marion Geisler: „Es gab Kaffee und Torte.“ Sabine Neske-Krüger: „Ja, wir tranken jede einen Kaffee und aßen ein Stück American Cheesecake (passend zu Elvis Presley!)“ Mit welchem Gefühl sind Sie gegangen? Marion Geisler: „Wir waren neugierig aufeinander und freuen uns auf eine Zusammenarbeit.“ Sabine Neske-Krüger: „Mit einem guten Gefühl. Beide Seiten sind sehr optimistisch eingestimmt, was das Gelingen angeht.“ Gibt's eine Fortsetzung? Marion Geisler: „Es gibt eine Fortsetzung. Es wird noch etwas dauern – ich habe mir eine hässliche Sommergrippe eingefangen, aber ich bin ganz gespannt, wie es mit uns weiter geht.“ Sabine Neske-Krüger: „Ja, jetzt beginnt die Arbeit. Choreografien erstellen, Probentermine durchführen für Gruppe und Soloperformance. Und natürlich viel Spaß!“ Sind Sie auch auf der Suche nach etwas oder jemandem? Dann schreiben Sie uns an checkpoint@tagesspiegel.de, wer Sie sind und was Sie suchen, egal was es ist. Wir helfen beim Finden. | |||
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