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+ So wird Berlins öffentliches Leben dicht gemacht + Der Coronavirus führt wohl zu mehr Radverkäufen + Michael Müller bleibt wegen der Corona-Krise länger SPD-Parteivorsitzender +
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Wochenende Kurzstrecke
 
  Tagesspiegel Checkpoint vom Samstag, 14.03.2020 | Sonnenklar und trocken bei 6°C, morgen sogar bis 11°C.  
  + So wird Berlins öffentliches Leben dicht gemacht + Der Coronavirus führt wohl zu mehr Radverkäufen + Michael Müller bleibt wegen der Corona-Krise länger SPD-Parteivorsitzender +  
Julius Betschka
von Julius Betschka
  Guten Morgen,

reden wir nicht groß drum herum: Das war eine Mistwoche. Das Coronavirus breitet sich in der Stadt aus, das Leben in Berlin steht zunehmend still. Der Shutdown kommt. Die politischen Entwicklungen überholen dagegen sogar unsere langen Checkpointnächte. Es gab in den vergangenen Tagen wenig zu berichten, das länger als einen Sonnenaufgang Bestand hatte. Wenig, was der Berliner Senat tat, wirkte durchdacht, einiges irrlichternd. “Katastrophal”, “Verheerend”, “Fassungslos” waren so Worte, die man aus dem Senat über die Arbeit des Senats hörte. Leider geht es diesmal nicht um eine kaputte Ampel in Reinickendorf, einen unfertigen Flughafen oder verplante Zebrastreifen, sondern um den Kampf gegen eine Pandemie.

Rot-Rot-Grün wollte deshalb zeigen, dass man nicht nur Berlin dicht machen kann, um das Virus einzudämmen, sondern ganz eng beisammen ist. Nach dreieinhalb Stunden Marathonsitzung drängt sich der Senat am Freitag für die Pressefotografen hinter Michael Müller. Der angeschlagene Regierende verkündet drastische Maßnahmen gegen das Coronavirus

1. Alle Oberstufenzentren und beruflichen Schulen in Berlin werden ab Montag geschlossen, alle anderen Schulen und die Kitas folgen am Dienstag. 15 Prozent sollen als Notfallplätze offen bleiben (alle wichtigen Details hier). Der Regierende erklärte: "Wir sind in einem Not- und Krisenszenario und das wird in jeder Familie spürbar sein." Noch am späten Donnerstagabend hatte Müllers Parteifreundin Sandra Scheeres, immerhin Bildungssenatorin, das abgelehnt. Ihr Beschluss wird schon in der Nacht im Roten Rathaus wieder einkassiert. Signal: Der Chef kocht jetzt selbst.

2. Die Theater und Museen sind schon zu, jetzt sollen auch alle Clubs, Bars und Kneipen den Zapfhahn abdrehen. Restaurants und Imbisse bleiben unter Auflagen offen. Ab wann das gilt?, fragt ein Reporter den Regierenden Bürgermeister. Hilfesuchend schaut sich Chef Müller um. Ein Schabowski-Moment liegt in der Berliner Rathausluft. Ab Dienstag, sagt Müller dann zögerlich, werde es eine entsprechende Rechtsverordnung geben. Heißt: Die Hauptstadt feiert auch dieses Wochenende, buchstäblich, bis der Arzt kommt. Viele Veranstalter hatten zwar wegen der hohen Infektionsgefahr schon von sich aus geschlossen, einige Bar- und Clubbetreiber fiedelten aber fröhlich weiter. Dabei soll Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD) noch Freitagmittag in einer Sitzung mit Bezirksvertretern erklärt haben, die Regelung könne bereits  - herrlich sinnvoll - ab dem Wochenende gelten. Warum man stattdessen nun drei Tage für eine Verordnung braucht, während das Bundesarbeitsministerium in einer Nacht mit Langarbeit ein ganzes Gesetz zur Kurzarbeit schreiben kann, konnte oder wollte uns am Abend niemand so recht erklären.

3. Größter Aufreger: Bus und Bahn. Am Morgen wurde aus dem Roten Rathaus eine Mitteilung verschickt, die drastisch klang und offenbar in ganz kleiner Runde (Chefsache!) erarbeitet wurde: Der ÖPNV sei auf “ein Mindestmaß zu reduzieren” stand da. Übrig war davon am Nachmittag fast nichts mehr. Müller sagte: „Wir haben besprochen, dass wir den ÖPNV aufrechterhalten.“ Die grünen (eigentlich zuständigen) Senatorinnen Pop und Günther nickten. Noch überfahren von der Mitteilung am Morgen. Womöglich eine, wir bleiben im Bild, Retourkutsche Müllers für das Vorpreschen der Grünen bei der Absage von Großevents - und alles andere als souverän.

Grobe Abzüge in der B-Note daher, aber die wichtigste Frage ist: Reichen die Maßnahmen? Wir hören Patrick Larscheid zu, Amtsarzt aus Reinickendorf: Die Schließung der Clubs und Kneipen sei ein "richtiger Schritt" mit einer „unverständlichen Verzögerung“, sagt er dem Checkpoint. „Wegen dieser Entscheidung ist zu befürchten, dass sich an diesem Wochenende noch unnötig viele neue Infektionen ereignen“, sagt der Amtsleiter. Verwaltungstechnisch sei es möglich gewesen, die Verbote sofort durchzusetzen. „Das notwendige Personal, um die Eilverordnung in Kraft zu setzen, hätte man natürlich vorhalten können“, sagt Larscheid.

Alle genannten Maßnahmen gelten offenbar bis zum Ende der Osterferien am 19. April. Außerdem sind Berlins Schwimmbäder ab heute dicht, Fitness Studios sollen ab Dienstag schließen. Der Berliner Fußball-Verband hat den gesamten Spielbetrieb im Amateurfußball ausgesetzt. 174 Menschen wurden bis gestern Abend positiv auf das Coronavirus getestest. Berlin hat Fieber, Ruhe ist verordnet - hoffentlich rechtzeitig.

Was Sie selbst tun und lassen müssen, falls Sie in Quarantäne kommen, lesen Sie hier.
Einen umfassenden Überblick über eine insgesamt verstörende Woche erhalten Sie hier.
 
     
 
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  Digital ist besser. So lautet der erste Albumtitel der eh tollen (allerdings) Hamburger Band Tocotronic, es ist andererseits das Gebot dieser (Krisen-)Zeit. Draußen im Betondschungel wird in den kommenden Tagen, wahrscheinlich Wochen wenig zu tun sein. Isolation Berlin (gibt's, klar, auch als Band). Auf soziale Kontakte sollen wir verzichten, das hat die Bundeskanzlerin gesagt, uns räumlich voneinander lösen. Ja, das stimmt. Aber in der nicht-mehr-analogen Welt eben auch nur so halb. Die Möglichkeiten miteinander zu kommunizieren, sind so vielfältig wie die Quarantäne-Playliste einiger Berliner Coronavirus-Verdachtsfälle, die sich ihren Humor behalten haben. In Italien klappt das mit der Kommunikation sogar, trotz Isolation, ganz analog: die Menschen stehen auf Balkonen und singen Volkslieder miteinander - gegen den Quarantäne-Blues. Und wir wissen ja: auch Kreuzberger Nächte können lang werden. Zur Not machen wir es miteinander wie der Berliner Welt-Pianist Igor Levit nun abends: per Live-Video.

Gehen Sie am Wochenende mal digital raus, wenn es Ihnen gefällt. Meine Kollegin Birgit Rieger zeigt Ihnen in ihrem Kunst-Newsletter schon den richtigen https://-Pfad. Zum Beispiel mit Alexander Iskin, der seit Februar live vor der Kamera eine Ausstellung vorbereitet. Oder interessiert Sie die 15.000 Tüten-Instagram-Ausstellung von Tobias Sadecki? Chef-Denker Bazon Brock siniert bereits darüber, wie wir die verordnete Isolation produktiv nutzen können. Übrigens: Isaac Newton hat im Home Office (damals war Pest in London) fleißig an der Gravitationstheorie geforscht, schreibt die Washington Post. Lassen Sie uns zusammen das Beste aus dieser schwierigen Zeit machen. Haben Sie weitere (analoge oder digitale) Tipps für die kommenden Wochen? Bitte gern an checkpoint@tagesspiegel.de. 
 
     
 
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