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Kurzstrecke |
Tagesspiegel Checkpoint vom Dienstag, 08.11.2022 | Sonne und Wolken bei milden 16°C. | ||
+ Die Friedrichstraße wird wieder für Autos geöffnet – aber nur kurz + Nach Niederlage vor Gericht wegen Clayallee: Senat stoppt Arbeit an neuen Busspuren + Strom vom Balkon: Die Sonne scheint nur für Eigentümer + |
von Lorenz Maroldt |
Guten Morgen, falls Sie vor der endgültigen Schließung der Friedrichstraße für den Autoverkehr noch mal kurz durchrasen oder einen Auspuffkorso veranstalten wollen – merken Sie sich den 22. November vor. An dem Tag werden jedenfalls alle Vitrinen und Sitzmöbel beiseite geräumt und die Fahrradstreifen abgekratzt sein –der Senat verzichtet auf eine Beschwerde gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts, das die wilde Fortsetzung des konzeptions- und autolosen Modellversuchs untersagte. Die AfD, die auch mal wieder in die Zeitung wollte, räumte gestern schon ein paar Absperrungen zu Seite. Zeitlich und räumlich parallel läuft dagegen nebenan das Projekt Fahrradstraße an – hier in der Charlottenstraße soll ebenfalls bis zum 22. November alles umgebaut sein, Autos kommen dann nur noch in einer Richtung bis zu den Parkhäusern rein. Drittens aber bereitet die Verwaltung auch schon die nächste Sperrung in der Friedrichstraße vor – diesmal dauerhaft und für Autos sowie Fahrräder zugleich, und zwar so schnell wie möglich. Bereits in diesem Jahr will die Mobilitätssenatorin Bettina Jarasch die Automobilität endgültig von hier verbannen: Noch bevor am Brandenburger Tor die Silvesterparty beginnt (übrigens zum ersten Mal wieder mit Publikum), soll im Amtsblatt Vollzug gemeldet werden. Was fehlt? Na klar: 1) eine Idee, wohin das alles läuft – die soll erst im Anschluss erarbeitet werden, auf der Basis vollendeter Tatsachen. Und 2) fehlt eine Vorstellung davon, was das für die Straßen drumherum bedeutet. Das wird dann mal wieder per Experiment geklärt. Was bleibt? Das Erstaunen darüber, mit wie viel Verve und Leidenschaft sich die Verkehrsideologen aller Lager an einem untauglichen Symbol abarbeiten. Weder kommt hier die Verkehrswende voran, noch wird sie hier gestoppt. Und die nächste Wahl wird hier auch nicht entschieden. | |||
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Ohnehin stellt sich die Frage, ob Jarasch nicht bald den Titel „Verkehrtsenatorin“ trägt, wie ein weiteres Beispiel zeigt: Die Verwaltung stellt notgedrungen sämtliche Pläne für neue „Bussonderfahrstreifen“ zurück – und muss in der Clayallee die Spuren sogar wieder vom Asphalt reißen lassen. Der Grund dafür (Sie wissen‘s sicher längst) ist mal wieder ein Gerichtsbescheid. Erst ab 20 Linienbussen pro Stunde sind Extrastreifen zulässig, und das ist in Berlin (zumal außerhalb des S-Bahnrings) oft nicht der Fall. Mit anderen Worten: Wegen eines zu schlechten Angebots wird das Angebot schlechter. Umgedreht würde ein Bus … ach Quatsch: ein Schuh draus (mit dem es sich sogar durch die Friedrichstraße latschen ließe). | |||
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Sonnige Aussichten für alle Fans der Solarenergie – na ja, für fast alle, oder eigentlich sogar: nur für die wenigsten. Mieter landeseigener Wohnungsgesellschaften leben jedenfalls weiter klimatisch und finanziell auf der Schattenseite. Und das kommt so: Der Senat nimmt zwar im kommenden Jahr steckerfertige Balkonanlagen ins Förderprogramm „Solar plus“ auf; wer aber bei Degewo & Co wohnt, kann sich nicht einfach so ein Panel an die Brüstung schrauben, um bei schönem Wetter die Waschmaschine mit günstigem und sauberem Naturstrom ins Schleudern zu bringen – die Gesellschaften sorgen sich ums einheitliche Erscheinungsbild ihrer Klötze. Gefördert werden also vor allem jene, die sich so eine Anlage meistens auch ohne Senatsunterstützung leisten können: Eigentümer in ihrer eigenen Wohnung. Grundsätzlich schwärmt Staatssekretär Tino Schopf von Solaranlagen für ganz Berlin-Balkonien: Er hält sie für „sinnvoll“, „wichtig“ und „absolut wünschenswert“ – das gab er dem Wirtschaftsausschuss jetzt sogar schriftlich. Was allerdings fehlt: eine Strategie fürs Große und Ganze – und ein einheitlicher Genehmigungsprozess mit der Klärung von Haftungsfragen. Dabei verfügten die landeseigenen Wohnungsgesellschaften über einen großen Hebel, um mit ihren enormen Beständen die Klimaziele des Senats zu erreichen – und ihren Mietern hohe Energiekosten zu ersparen. Ausgerechnet die FDP, die ja sonst eher eine Subventionsfreude ausstrahlt wie die Wintersonne am Polarkreis, hat das tatsächliche Balkonpotential von „Solar plus“ erkannt: Sie fordert vom Senat ein vereinfachtes Sammelverfahren für die Genehmigung dieser Minikraftwerke (Drucksache 19/0555). Ihr wirtschaftspolitischer Sprecher Christian Wolf sagte dem Checkpoint dazu: „Es wird Zeit, den Mietern ein Angebot zu machen, damit auch sie von der Förderung profitieren.“ | |||
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Wäre der Neubau der Landesbibliothek ein Buch, gäbe es dafür immerhin schon ein paar tausend geschriebene Seiten und einen passenden Titel: „Die unendlich teure Geschichte“. Gestern kam ein neues Kapitel hinzu, es lautet: „Wie der Bausenator den Ausschuss zum Lachen brachte“. Und das kam so: Am Freitag berichtete unser Kollege Robert Kiesel im Tagesspiegel exklusiv über Bestrebungen an der Spitze der Stadtentwicklungsverwaltung, die Standortentscheidung für den Kreuzberger Blücherplatz zu revidieren – weil der Bauplan, der Zeitplan und der Kostenplan wackeln. Das unterirdische Vorhaben gilt wegen des nahen Landwehrkanals als Fehlplanung, der Baustart wurde zuletzt auf 2027 verschoben, die Kosten sind von einst 270 Millionen auf 500 gestiegen – und steigen Jahr für Jahr weiter. Mögliche Alternative: Aufbau der Landesbibliothek im alten Flughafengebäude Tempelhof. Wer dahinter steckt, können Sie hier lesen. Gestern fragte die CDU-Abgeordnete Stefanie Bung den Bausenator im Ausschuss, welche Position er denn nun wirklich vertritt. Aber Andreas Geisel schnippelte den Ball gleich weiter an die Kulturverwaltung: „Wir sind nicht zuständig.“ Das ist zwar formal korrekt, was die Federführung betrifft – aber zugleich eine Antwort, die zwangsläufig zu hämischer Heiterkeit führt: Der Bausenator, im Bauausschuss nicht zuständig fürs Bauen! Ping, Pong … … und weiter zum Kulturausschuss, wo Bung wenig später Kultursenator Klaus Lederer fragte, was er von alledem hält. Der retournierte volley: Er verstehe die ganze Diskussion nicht, die Entscheidung sei bereits 2018 (!) gefallen – man möge dazu doch bitte (Sie ahnen es sicher schon): den Bausenator befragen. Pingpong! Bung nannte es „ein Armutszeugnis für den Senat, dass Ende 2022 immer noch offen ist, wo die Bibliothek ihren Standort haben soll“, und Lederer erklärte, er halte nichts davon, „mit Beginn jeder Legislaturperiode diese Diskussion neu zu führen“. Moooment mal: Wieso „mit Beginn jeder Legislaturperiode“? Und war Bauen nicht „Chefinnensache“? Apropos: Was macht eigentlich Franziska Giffey? Hm, wollen wir doch mal schauen, wo wir sie finden … na, das war ja klar: mal wieder bei Instagram! Ein schönes Foto aus ihrem Rathauszimmer, dazu der folgende Text: „Wichtiger Teil meiner Arbeit im Berliner Senat: die enge Abstimmung mit den zehn Senatorinnen und Senatoren über wichtige Entwicklungsprojekte in der Stadt. Heute war Bausenator Andreas Geisel bei mir.“ Hm, so ein Zufall aber auch … | |||
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