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Kurzstrecke |
Tagesspiegel Checkpoint vom Freitag, 18.06.2021 | Sengende Hitze mit etwa 34°C. | ||
+ Das Stromnetz ist wieder Berliner: Parlament stimmt Rückkauf für 2,1 Milliarden Euro zu + Verkehrsverwaltung prüft stadtweites Tempo 30 + Kulturbrauerei droht Verdrängung + |
von Julius Betschka |
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Guten Morgen, nein, es darf keine Toleranz für diese Gewalt geben. Die Linksextremisten aus der Rigaer Straße haben laut Polizei 82 Beamte zumindest leicht verletzt, zwei schwer – wegen einer Brandschutzprüfung. Sie zündeten Barrikaden an, warfen Steine von Dächern. Das ist kein folkloriges „Katz-und-Maus-Spiel“, wie es so oft heißt, sondern potenziell tödlich. Die Autonomen führen einen zynischen Kleinkrieg, der seinen ideologischen Nullpunkt längst erreicht hat. Dieser richtet sich nicht, wie so oft von linker Seite behauptet, gegen „das System“ oder „das Kapitel“, er richtet sich in der Rigaer Straße ganz konkret gegen Menschen, gegen Nachbarn (Analyse mit T-Plus), die auch im Kiez terrorisiert und angegriffen werden. Linke schmähen die Empörung darüber oft als kleinlich: Was ist der Kopf eines Polizisten gegen „die Ungerechtigkeit des Systems“? Im linken und grünen Milieu wird die Gewalt oft als Folklore abgetan, als „Kampf für Freiräume“, nicht so gefährlich. Der grüne Bezirksstadtrat Florian Schmidt versucht, eine ordentliche Brandschutzprüfung, darum geht es, abzuwenden, verhandelt mit Anwälten der Bewohner direkt. Linke und Grüne schafften es am Mittwoch erst nach Stunden, sich klar gegen die Gewalt zu positionieren. Es wäre unredlich, beiden Parteien zu unterstellen, sie hätten in der Breite Sympathien für die Gewalt. Aber es sieht so aus, als hätten sich viele Politiker damit abgefunden, dass das irgendwie so weiterläuft. Diese Lethargie ist nicht nur fatal, sie ist apolitisch. Ein Abriss des Hauses ist nicht die Lösung, keine Stürmung unter einem Vorwand – in einem Rechtsstaat gelten die Grundrechte auch für all jene, die auf andere Steine schmeißen. Nicht alle Wohnungen im Haus sind tatsächlich besetzt, die Hintergründe der Eigentümer sind noch immer nicht komplett offengelegt. Seit Jahren wird im Senat über einen Kauf des Hauses geredet, verhandelt. Bislang wurden die im Nebel liegenden Eigentumsverhältnisse als Grund angeführt, nicht zu kaufen. Dieser Nebel lichtet sich inzwischen. Es ist jetzt eine Frage des politischen Willens: Soll diese Gewalt weiter geduldet werden, oder nicht? Daran werden alle drei Regierungsparteien am Wahltag gemessen werden. Es mag einmal anders gewesen sein, aber ein Freiraum ist die „Rigaer94“ heute nur noch für Gewalttäter. | |||
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Themenwechsel: Tempolimit! Grüne erinnern sich: 2011, Renate Künast, 30 km/h im Stadtgebiet, Wahl verloren. Damals war es nur ein Vorschlag, jetzt nimmt die Debatte richtig – Ba-dumm-tss! – Fahrt auf. Die grün geführte Verkehrsverwaltung prüft, ob Tempo 30 „systematisch und stadtweit“ eingeführt werden kann, noch im Sommer soll dafür eine „umfangreiche Untersuchung“ durchgeführt werden. Bis Ende des Jahres werden Ergebnisse erwartet, bestätigt Jan Thomsen, Sprecher der Verkehrsverwaltung, meinem Kollegen Christian Hönicke. Über die Hintertür Lärmschutz soll die Geschwindigkeitsdrosselung StVO-konform eingeführt werden – damit nicht wieder Gerichte meckern. Alle Details des Vorhabens lesen Sie mit Tagesspiegel-Plus. Und wir wollen wissen: Ist die Stadtgesellschaft zehn Jahre später weiter? Ist Tempo 30 heute noch ein ähnlicher Karrierekiller wie Benzinpreise? Wo muss unbedingt die Geschwindigkeit gedrosselt werden? Das wollen wir von Ihnen wissen! Bitte an: checkpoint@tagesspiegel.de. | |||
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Gerade erst läuft die Berliner Kultur wieder an, da droht einer der bekanntesten Institutionen schon die Dernière: Pankow fürchtet um die Zukunft der Kulturbrauerei. Nach der Fusion des Grundstückseigentümers TLG Immobilien mit dem Luxemburger Immobilienkonzern Aroundtown fürchten Politiker aller Parteien, dass die alte Schultheiss-Brauerei nun zu einem Büro- und Shoppingstandort umgewandelt wird. Investor Aroundtown ist auf Gewerbeimmobilien spezialisiert, der Erhalt von „frannz Club“, „Soda“, „Alte Kantine“ oder „Kesselhaus“ wäre: exotisch. Besonders kunstvoll: Erst 2012 verkaufte der Bund das Areal an einen Investor. Versäumte wurde, die kulturelle Nutzung in den Bebauungsplan zu schreiben. Jetzt wollen Pankower Linke und Grüne, dass der Senat das Areal erwirbt. Kultursenator Klaus Lederer (Linke) reagiert auf Checkpoint-Anfrage aber skeptisch: „Weder kann das Land einseitig Grundbucheinträge durchsetzen noch einen Ankauf, zumal ein dem Shareholder Value verpflichteter Finanzakteur seine Gewinnerwartungen in einem solchen Fall einpreist.“ Lederer greift den Bund scharf für den damaligen Verkauf an: Öffentliches Eigentum sei „in unfassbarem Umfang für wenig Geld verschleudert“ worden. Lederer: „Damals galt das als linke Panikmache, als Zweifel an der wohltuenden Wirkung des Markts.“ Der Kultursenator hält einen neuen Bebauungsplan für das geeignete Mittel, um „die Verwertungsinteressen des Konzerns zu begrenzen“. Gegen Renditebrauerei. | |||
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Von Prenzlberg nach Schöneberg: Im Nollendorfkiez kochen die Mieter der Gewobag – und zwar ganz plastisch. Bei 35°C Außentemperatur läuft die Heizung ohne Tempolimit, abstellbar ist sie nicht (da hilft auch keine Senatsstudie). In der Winterfeldtstraße 18 etwa bollert die Heizung so seit Wochen, Schüler können nicht lernen, Erwachsene zerfließen im Homeoffice. Trotz Beschwerden: keine Reaktion – und die Kosten zahlen die Mieter. Erst auf Checkpoint-Anfrage reagiert das städtische Wohnungsunternehmen: „Wir haben das Abschalten der Heizanlagen insbesondere die in der Winterfeldtstr. 18 noch einmal mit Priorität an unseren Dienstleister kommuniziert. Spätestens morgen sollte hier die Anlage in den Sommerbetrieb überführt worden sein.“ Den betroffenen Bewohnern werde man eine Mietminderung gewähren. Ärgerlich, dass es dafür eine Presseanfrage brauchte. | |||
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Jetzt entdeckt auch die Berliner CDU das Gendern – aber als Wahlkampfthema. Am späten Abend wurde der Antrag „Kein Genderzwang an Berliner Hochschulen“ von Burkard Dregger und seiner Fraktion in die Plenardebatte eingebracht. Sie wollen nicht wie die Hamburger und Brandenburger CDU-Kollegen ein „Genderverbot“ (allein das Wort: Irrsinn:in!), sondern eine Klarstellung, dass der Nicht-Gebrauch gendergerechter Sprache keine Nachteile für Studierende bedeutet. Soweit: nachvollziehbar. In dem Antrag heißt es: „Der vereinzelten Praxis an Hochschulen, nach der ein Verzicht auf gendergerechte Sprache für Studenten zu Punktabzügen oder zum Nichtbestehen von Prüfungen, Modulen oder wissenschaftlichen Arbeiten führt, ist unverzüglich entgegenzuwirken.“ Falls tatsächlich jemand Opfer dieser angeblich „vereinzelten Praxis“ geworden ist: Bitte melden. | |||
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