| Guten Morgen, wir schauen zurück auf eine politische Woche in Berlin, in der sich die CDU gleich dreimal auf besondere Weise, sagen wir, hervorgetan hat: 1) Am Mittwoch veröffentlichte CDU-Landeschef Kai Wegner einen „Debattenbeitrag“ auf Xing.de. Er schreibt: „Wer Menschen aus echter oder inszenierter Seenot aufnimmt, um sie nach Europa zu transferieren, macht sich moralisch mitschuldig am Tode unzähliger Menschen, die erst aufgrund der Taxidienste der sogenannten Seenotretter dazu ermutigt werden, die Einwanderung über das Mittelmeer zu versuchen.“ Diese These ist so beliebt wie falsch. Denn es gibt keine Belege dafür, dass sich mehr Menschen auf den Weg nach Europa machen, wenn sie davon ausgehen, dass Seenotretter sie zur Not aus dem Wasser ziehen. Das zeigen diverse Studien, unter anderem der Uni Oxford und der Scuola Normale Superiore in Florenz oder des „Italian Institut for International Political Studies“. Was andererseits gut belegt ist: Seit es weniger Seenotretter gibt, ertrinken mehr Menschen im Mittelmeer: 2015 kamen bei der Passage 4 von 1000 Migranten ums Leben. Inzwischen sind es 25 von 1000. Kai Wegner ist übrigens Präsident der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG). 2) Am Donnerstag verweigerte die CDU-Fraktion im Abgeordnetenhaus – wie angekündigt – ihre Zustimmung zu einer parteiübergreifenden Resolution, welche die Bürgerbewegungen ehrt, die die Wende herbeigeführt haben. Stattdessen brachte sie einen eigenen Entwurf ein. Interessant: Vor 10 Jahren, zum 20. Jubiläum des Mauerfalls, trug die CDU-Fraktion, damals geführt von Frank Henkel, die damalige Resolution noch mit – unter einer rot-roten Regierung. 3) Ebenfalls am Donnerstag ließ die CDU-Fraktion offenbar die Linke-Kandidatin für den Berliner Verfassungsgerichtshof, Lena Kreck, durchfallen – gemeinsam mit FDP und AfD. Ob es tatsächlich daran lag, dass es Zweifel an ihrer Eignung gab, oder dass Kreck zu parteipolitisch aufgetreten war, sei mal dahingestellt. Was bleibt, ist der Eindruck, dass die CDU einen ihrer wichtigsten konservativen Werte verletzt: die Verlässlichkeit. Denn es ist parlamentarische Gepflogenheit, dass sich die Fraktionen über die Wahl neuer Verfassungsrichter verständigen. Die CDU hätte Zweifel an Kreck also im Vorhinein äußern können. Das soll allerdings nicht passiert sein. Damit schadet die CDU dem Ansehen von Berlins höchstem Gericht und katapultiert sich in der parlamentarischen Zusammenarbeit ins Abseits. Am Ende freut sich die AfD, deren Rhetorik in der Flüchtlingspolitik salonfähig gemacht wird, und die am Donnerstag twitterte, „mit den Stimmen der CDU“ die Wahl „der radikal-linken Verfassungsrichterin Kreck“ verhindert zu haben. | |