Deutschland sucht den Superkanzler – nicht nur im aktuellen Wahlkampf, sondern in seiner nunmehr 72-jährigen Geschichte. Cicero-Autor Stephan Bierling glaubt, dass eine Kanzler-Rangliste überfällig und keineswegs nur eine intellektuelle Spielerei ist. Im besten Fall nämlich löst der Weg dahin eine Diskussion darüber aus, was eine Diskussion im Kern ausmacht. In den USA sind Präsidenten-Rankings daher bereits zu einem interessanten Zeitvertreib für Historiker geworden. Jeder Superkanzler indes fängt einmal klein an. So wie Wiebke Winter (25, CDU) und Ria Schröder (29, FDP). Die beiden Nachwuchspolitikerinnen wollen erstmals in den Bundestag ziehen. Winter erhielt überregionale Aufmerksamkeit für die von ihr mitgegründete Klimaunion. Und Schröder kämpft gegen das Image der FDP als Altherrenpartei für Besserverdiener. Für unseren Autor Ulrich Thiele sind sie jung, weiblich, wirtschaftsliberal. Doch können die Nachwuchskräfte auch ihre Parteien modernisieren? Franziska Giffey scheint diese Modernisierung bereits geschafft zu haben – und zwar mit einer Suche nach der verlorenen Zeit. Ausgerechnet die ostdeutsche Wahl-Berlinerin verkörpert im Kampf um die Nachfolge von Michael Müller jenes West-Berlin, das dereinst vom Kontrollpunkt Dreilinden bis zu Butter Lindner in Charlottenburg reichte. Mit dem Mauerfall ist dieser tote Winkel der damals angeblich so freien Welt in Vergessenheit geraten. In der Kampagne von Giffey lebt sie wieder auf. Wir haben den Berliner SPD-Wahlkampf daher einer Stilkritik unterzogen. Ihr Ralf Hanselle, stellvertretender Chefredakteur |