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| | | | | Guten Tag, bis heute ist es mir fast ein bisschen peinlich, andererseits hat es sich einfach so ergeben: Ich lernte die Hauptstadt meines eigenen Landes erst mit Ende zwanzig kennen. Dabei war ich gar nicht als Hinterwäldler aufgewachsen (auch wenn das München-Schwabing meiner Kindheit sich manchmal so anfühlte). So wie viele Münchner zog es uns eher nach Italien, wo mein Vater ein Stück Wildnis gekauft hatte und wir viel Zeit verbrachten. Als Student lebte ich dann einige Zeit in Frankreich und den USA, ich reiste viel mit dem Rucksack. So kam es, dass ich Tegucigalpa kennenlernte, bevor ich zum ersten Mal Berlin besuchte. Die Berliner Zeitung hatte mir, einem Teilchenphysiker, den es in den Journalismus drängte, ein Praktikum zugesagt. Also zog ich für zwei Monate von Schwabing nach Friedrichshain. âWie auf einem anderen Sternâ, das ist bekanntlich eine abgegriffene Phrase, aber ganz ehrlich, 1994 in Berlin, das war, puh, also das war zumindest ein anderer Planet. An der Oranienburger StraÃe, wo heute laktosefreie Latte und Avocadoschnittchen verzehrt werden, brannten damals Ãlfässer auf Brachflächen. Irre Skulpturen standen um das âTachelesâ herum, ein besetztes, mit Graffiti überzogenes Gründerzeitgebäude, dem die Rückwand fehlte. Ein ausgemusterter MIG-Düsenjäger steckte im Sand. Menschen saÃen, tanzten, tranken, und was noch alles. Mir ging es wie Armin Müller-Stahl im Film âNight on Earthâ, in dem er als Einwanderer New York bestaunt (oder Luke Skywalker, als er die Alien-Kneipe auf Tatooine betritt). Tagsüber lernte ich von den Kollegen der Berliner Zeitung mehr über Deutschland, als jedes Buch einem beibringen könnte. Nachts erkundete ich diesen neuen Planeten, der so anders war als München und Tegucigalpa. Im âTresorâ wummerte der Tekknozid, und das E-Werk, heute eine schnieke âEvent Locationâ, habe ich als ruinenartiges Labyrinth in Erinnerung, durch das Bassbeats dröhnten und der Kunstnebel so hoch stand, dass man sich bücken musste, um die Freunde an ihren Beinen zu erkennen. Lustig übrigens, dass man auf Youtube noch den Sound von damals finden kann. Gerne gebe ich zu, dass ich inzwischen lieber Grünen Silvaner beim Elsässer in Schöneberg trinke. Aber mit Spaà werde ich die Seite Drei an diesem Wochenende lesen, wenn mein Feuilleton-Kollege Peter Richter über die heutige Berliner Clubszene schreibt, inklusive der aktuellen Nöte in Coronazeiten. Richter hat mit vielen gesprochen, die schon in den Neunzigern die Szene prägten, zum Beispiel Johnny Stieler, der einst den Standort für den Tresor in der Leipziger StraÃe entdeckt hatte. Wenn ich heute durch Berlin spaziere, frage ich mich manchmal, ob meine Erinnerungen trügen. Als Wissenschaftsjournalist kenne ich natürlich das Phänomen der âfalse memoriesâ. So nennt man in der Hirnforschung Erinnerungen, von denen Menschen restlos überzeugt sind, die aber nie stattgefunden haben. Die Sache mit dem Düsenjäger vor dem Tacheles zum Beispiel: Auf Bildern, die das Internet ausspuckt, steckt das Ding nicht im Sand, sondern ragt mit der Spitze in die Luft. Ich habe es anders im Kopf. Waren Sie damals dort, wie haben Sie es in Erinnerung? Vielleicht sollte ich darüber mal mit Nachum Ulanovsky alias âBatmanâ sprechen, einem Neurowissenschaftler am Weizmann-Institut in Israel, der die biochemische Basis von Erinnerungen und Ortssinn anhand von Fledermäusen erforscht. Agnes Fazekas beschreibt diesen faszinierenden Forscher im Wissen-Teil an diesem Wochenende. Eine weitere Gastronomie-Legende verabschiedet unser Wien-Korrespondent Peter Münch in den Ruhestand. 35 Jahre lang bediente âHerr Christophâ seine Gäste im Kaffeehaus Schwarzenberg auf galanteste Weise. Dass ganz Frankreich zurzeit gezwungen ist, sich etwas weniger galant als sonst zu begrüÃen, berichtet unsere Frankreich-Korrespondentin Nadja Pantel aus Paris. Das âBisouâ, die unverkennbare und liebenswerte Geste des Wangenküsschens, fällt dem Coronavirus ebenso zum Opfer wie manche nachbarschaftliche Beziehung in Deutschland, über die Titus Arnu im Gesellschaftsteil sinniert. Und selbstverständlich berichtet die SZ auch an diesem Wochenende über Nachrichtliches, das Konjunkturpaket der Bundesregierung zum Beispiel und die kommende Corona-App im âThema der Wocheâ. Herzlich Patrick Illinger Ressortleiter Wissen
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