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Tesla bei Berlin, und ein bisschen sogar in Berlin? Das ist eine Überraschung, das wirkt wie eine Sensation – aber nur für einen Moment. Mit etwas Abstand betrachtet, und dafür musste Elon Musk nicht mal mit einer seiner Raketen ins All abheben, passt die Hauptstadtregion perfekt zu seiner Firma: Für die Fabrik das entwicklungsfähige Land mit viel Platz, fürs Image die international anziehende Stadt mit viel Drive, beides unfassbar günstig im metropolaren Weltvergleich. Und direkt dazwischen ein Großflughafen, an dessen baldige Fertigstellung er als visionärer Technologe ganz offenbar glaubt. Für Musk ist das ohnehin alles eins: „Giga Berlin“ twitterte er, eingerahmt von Herzchen in Schwarz, Rot und Gold.
Doch Berlin wäre nicht Berlin, würden nicht gleich die Skeptiker auf die Überholspur ziehen. Ist der Mann denn überhaupt seriös? Ist der nicht größenwahnsinnig mit seiner Marsmission? Bekommt der etwa Subventionen? Braucht der überhaupt Arbeitskräfte bei all der Automation? Und dann baut er als Erstes einen SUV? Nur dass Musk gelegentlich kifft, wird als kompatibel erachtet.
Von außen ist das alles nicht zu hören. Da werden Chancen erkannt, wird Dynamik verspürt, da wirkt die Anziehungskraft der Wissenschaft. Da wird die deutsche Automobilindustrie aufgeschreckt. Tatsächlich ist das Sensationelle nicht die Entscheidung an sich, sondern das, was sie auslöst: Wenn Musk mit Tesla hierher kommt, was ist dann noch alles drin? Wirtschaftlich, aber auch technologisch.
Berlin könnte werden, was es wegen politischer und wirtschaftlicher Verzagtheit bisher nur behauptet zu sein: „Internationales Schaufenster für Elektromobilität“, ein Titel, den die Stadt seit Jahren offiziell mit sich herumschleppt wie ein unpassendes Geschenk; Avantgardestadt für autonomes Fahren, jenseits des Testwegs im Tiergarten, bei dem nur der Zeithorizont endlos ist; oder „Smart City“, ganz real, nicht nur auf gedrucktem Papier.
Doch schon ruft Berlins führende Kaste, das alteingesessene Bedenkenträgertum: Das wird doch nichts! Das ist ja naiv! Das muss erst genehmigt werden! In Brandenburg klingt es nicht viel anders: Die Amis! Die Ruhe! Die Tiere! Wir haben ja nicht einmal W-Lan...
Und die Politik in der angeblich „gemeinsamen Region“ zeigt sich so zersplittert wie zu Zeiten der Kleinstaaterei im Heiligen Römischen Reich deutscher Nation. „Wer Visionen hat, kommt nach Berlin!“, jubelt Wirtschaftssenatorin Ramona Pop. Wirtschaftsminister Jörg Steinbach kontert: „Das ist ein rein brandenburgisches Projekt.“
In Wahrheit hätte beide ohne einander nichts in der Hand. Die einen bieten das Land, die anderen die Leute. Ohne das nahe Berlin wäre Musk sicher nicht in Grünheide gelandet – und ohne Brandenburg nicht in Berlin: Die ihm in der Stadt angebotenen Fabrikstandorte genügten ihm offenbar nicht. Grenzen, zumal solche wie die zwischen Berlin und Brandenburg, sind Gründern wie dem Tesla-Chef ohnehin ziemlich egal. Michael Müller, der im Sommer mit Musk per Telefon ein „warm up“-Gespräch führte und jetzt „ein goldenes Zeitalter“ aufziehen sieht, weiß das ebenso wie Dietmar Woidke.
Zwischen falscher Heldenverehrung und fatalistischem Skeptizismus liegt eine große Chance für die Metropolenregion Berlin: Nicht naiv, aber neugierig, nicht meckerig, sondern mutig die Herausforderung dieser Milliardeninvestition anzunehmen, ist ein Abenteuer, das vielleicht nicht gleich zum Mars führt – aber ganz nebenbei ein paar Autos mit Verbrennungsmotor auf den Mond schießt. Und das ist ja schon mal was für den Anfang. | |