Liebe Frau Do, heute ist Samstag – vor der Corona-Krise war das der klassische Shoppingtag. Aber trotz der Lockerungen laufen die Geschäfte nicht so richtig, von Gewinnen können viele Einzelhändler aktuell nur träumen: Jeder zehnte sieht sich aktuell von Insolvenz bedroht, hat der Deutsche Industrie- und Handelskammertags (DIHK) ermittelt. Die Ergebnisse der Horror-Umfrage hat unser Berliner Korrespondent Jan Drebes exklusiv recherchiert. Passend dazu liest sich die Nachricht, wonach angeblich 80 der 170 Häuser der Warenhauskette Galeria Karstadt Kaufhof vor dem Aus stehen. Falls Sie trotzdem nicht shoppen wollen, können Sie ein anderes samstägliches Ritual heute aufleben lassen: Fußball gucken! Nein, nicht im Stadion, aber im Fernsehen. Fakten, Termine und Tipps zum Neustart der Bundesliga finden Sie hier. Und wenn Sie abends über den Spieltag informiert werden wollen, empfehle ich Ihnen unseren neuen Newsletter „RP-Abpfiff“, den Abonnenten unseres Komplett-Pakets jetzt zusätzlich beziehen können. Mehr zu diesem Angebot finden Sie hier. Natürlich geht es in der Bundesliga um viel Geld. Daran haben sich viele Fans inzwischen gewöhnt. In der Politik werden seit Ausbruch der Corona-Krise jedoch Summen bewegt, die dem Betrachter fast den Atem rauben. Aktuell dürfte die neueste Idee von Bundesfinanzminister Olaf Scholz, die er einen „Akt der Solidarität“ nennt, einige Diskussionen auslösen. Die Kommunen sollen, so schlägt er es vor, mit 57 Milliarden Euro unterstützt werden, um die Folgen der Corona-Pandemie und ihre Schulden zu schultern, wie unsere Berliner Korrespondentin Birgit Marschall exklusiv recherchiert hat. Nur sieht die Idee vor, dass der Bund und die jeweils verantwortlichen Länder sich die Hilfen teilen. Zu dem „Akt der Solidarität“ müssen also einige Ministerpräsidenten noch überredet werden. Bevor sich der Bundesfinanzminister daran macht, mehr Geld auszugeben, könnte er die bisherigen Ausgaben gründlich prüfen. Der Bundesrechnungshof wirft ihm vor, Empfehlungen zur Abschaffung ineffektiver Subventionen zu ignorieren. „Gerade in der aktuellen Situation mit immensen finanz- und steuerpolitischen Herausforderungen gilt: Alle nicht hinreichend wirksamen Steuervergünstigungen müssen konsequent in Frage gestellt werden“, heißt es in einem Bericht des Rechnungshofs für den Haushaltsausschuss des Bundestags, den Birgit Marschall gelesen hat. Es geht um immerhin 1,8 Milliarden Euro pro Jahr. Von diesem Betrag könnte man rechnerisch zum Beispiel 30 Millionen Corona-Tests bezahlen – aber das möchte die AOK nicht. „60 Euro für einen PCR-Test ist ein sehr hoher Preis“, sagt der Chef des AOK-Bundesverbands, Martin Litsch, in einem Interview, das unsere stellvertretende Chefredakteurin Eva Quadbeck geführt hat. Weil die Menge gestiegen sei, fordert er die Labore zu einer Preissenkung von 75 Prozent auf: „Es gibt Hinweise, dass sie auch bei einem Test-Preis von 15 Euro noch Gewinn erzielen können.“ Ich empfehle das Interview allen, die wie ich in einer gesetzlichen Krankenkasse versichert sind, denn es geht um unser Geld. Die unmittelbaren Folgen der Krise begegnen uns jeden Tag. Aber vieles scheint sich auch grundsätzlich zu ändern. Jörg Isringhaus hat sich mit dem Auto beschäftigt, dessen Funktion sich während der Pandemie zu verändern scheint, weil es ein Gefühl von Sicherheit vor dem Virus bietet – Freiheit in der Fahrgastzelle. Und Martin Beermann widmet sich noch grundsätzlicher der Frage, was wir aus der Pandemie lernen können. Er erkennt zwar nicht einen großen Wendepunkt für die Menschheit, wie ihn sich manche wünschen, aber die Chance, „ein paar Weichen neu zu stellen“. Die Weichen im Fernsehen hatte einst Thomas Gottschalk neu gestellt. Jetzt wird er tatsächlich 70 Jahre alt. Philipp Holstein nimmt die entsprechende, sehr persönliche Würdigung vor, die uns unter anderem in das Wohnzimmer seiner eigenen Kindheit führt, samt Zartbitterschokolade und Kommentaren von Vater und Mutter, und den blonden Entertainer als historische Figur einordnet, die Generationen verbunden habe: „Er verringerte den lebensweltlichen Abstand zwischen Inge Meysel und Michael Jackson, zwischen Willy Millowitsch und Stephanie von Monaco.“ Das waren noch Zeiten, als Fernsehen die Menschen so zusammenbrachte wie das Lagerfeuer in der Steinzeit. Aber vielleicht ist es auch ein Fortschritt, wenn uns der kleinste gemeinsame Nenner nicht mehr erfüllt. Ich wünsche Ihnen jedenfalls ein Wochenende, das genauso wird, wie Sie es sich wünschen – egal, was die anderen finden. Bis Montag! Herzlich Ihr Moritz Döbler Mail an die Chefredaktion senden P.S.: Wenn Ihnen dieser Newsletter gefällt, empfehlen Sie die "Stimme des Westens" weiter! |