Thomalla und die FDP | Reiselust | Vom Wert der Pause
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Rheinische Post

Morgenausgabe

Stimme
des Westens

Moritz Döbler

26. Juni 2021

Liebe Frau Do,

Sophia Thomalla ist zwar CDU-Mitglied, ein Heimspiel war der Auftritt von Armin Laschet bei ihrem Facebook-Talk gestern Abend aber trotzdem nicht. Schließlich hatte sie sich eigentlich Friedrich Merz als Kanzlerkandidaten der Union gewünscht. Der NRW-Ministerpräsident wollte bei der populären Model-Moderatorin ein jüngeres Publikum ansprechen. Wie ihm das gelungen ist, hat Maximilian Plück verfolgt.

Ansprechen will Laschet auch die FDP. In NRW regiert er mit ihr, aber im Bund signalisieren die Liberalen Offenheit für eine Ampel mit Grünen und SPD – die Umfragen geben derzeit auch keine andere Machtoption her, wie auch das neue „Politbarometer“ zeigt, das Julia Rathcke ausgewertet hat. Es stammt von der Forschungsgruppe Wahlen, mit der wir im Wahljahr zusammenarbeiten. Trotzdem haben CDU und FDP mit einem Grillfest am Rhein die vier Jahre ihrer Koalition gefeiert: Was Armin Laschet und Christian Lindner (sich) zu sagen hatten, berichtet Kirsten Bialdiga. 

Auch CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak hebt die Nähe seiner Partei zur FDP im Bund hervor. „Wir haben ein gutes Verhältnis. Armin Laschet und Christian Lindner kennen sich gut, auch aus Nordrhein-Westfalen. Wir haben viele Übereinstimmungen, aber die Union verbindet die Stärkung der Wirtschaft auch klar mit sozialen und ökologischen Fragen“, sagt Paul Ziemiak in einem Interview, das Kersin Münstermann und Jana Wolf geführt haben. Spannend finde ich auch eine Äußerung wider den Zeitgeist, die ich teile: „Wir müssen so schnell wie möglich zur Schuldenbremse zurückkehren.“

Ziemiak führt dabei auch Generationengerechtigkeit als Argument ins Feld. Beim Reisen ist sie derzeit nicht gegeben, denn die Älteren sind zunehmend geimpft, die Jüngeren noch nicht. Aber die Reiselust der Deutschen ist wieder erwacht. Kehren damit die alten Probleme zurück, und stehen beliebte Ziele bald wieder vor dem Kollaps? Dorothee Krings schreibt in ihrer Analyse, dass Corona die Ansprüche verändert hat – und manche Gewohnheiten auch. Wie mit Reisenden und vor allem mit Reiserückkehrern umzugehen ist, diskutiert die Politik kontrovers, wie Jan Drebes, Reinhard Kowalewsky, Birgit Marschall und Maximilian Plück berichten.

Aber lassen Sie uns für einen Moment nicht auf den Urlaub, sondern die Arbeit schauen. Wie ist es, auf einem Friedhof zu arbeiten? Das erzählt Simon Janßen in der heutigen Folge des „Aufwacher“-Podcasts. Es geht um den Beruf des Friedhofsgärtners, den immer weniger Menschen ergreifen wollen. In Neuss muss jetzt ein Traditionsbetrieb nach 99 Jahren schließen. Das Grab meines Vaters in Hannover habe ich vor ein paar Tagen besucht und neu bepflanzt: weil er am nächsten Dienstag 102 Jahre alt geworden wäre und ich wollte, dass es schön aussieht.

Er hatte einen Sinn für Literatur, auch fürs Theater, weniger für die Oper oder Konzerte. Aufführungen gab es während der Pandemie lange nicht. Nun kehren sie zurück – und damit ein unschätzbarer Moment geistigen Lebens: das Pausengespräch. Sich mit einem Glas in der Hand angeregt zu unterhalten: Das hat mein Vater geliebt, und mir fehlt es auch. Hoffentlich bleiben solche Momente der Wiedersehensfreude dauerhaft erhalten, meint Wolfram Goertz in einem wunderbaren Text über den Moment, der an einem Kulturabend mindestens das Zweitwichtigste ist.

Unbestritten das Wichtigste am Wochenende ist die Pause vom Alltagsrhythmus der anderen Wochentage. Genießen Sie es! Ich melde mich am Montag wieder, mit einer „Stimme des Westens“ in leicht veränderter Form. 

Herzlich

Ihr

Moritz Döbler

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