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Kurzstrecke |
Tagesspiegel Checkpoint vom Dienstag, 02.03.2021 | Teils bewölkt bei max. 11°C. | ||
+ Berlins Attraktionen bieten wieder Tickets an + Von Einsamkeit und Depression: Berliner Schüler:innen übers Home-Schooling + 66 Jahre und Brustkrebserkrankung: Kein Impftermin für Privatpatient:innen + |
von Ann-Kathrin Hipp |
Guten Morgen, wir starten den Tag mit einer Sprach-Nachricht: Der Deutsche Bundestag erlaubt künftig den Gender-Stern, den Doppelpunkt (und weitere geschlechtergerechte Formen) in Anträgen, Entschließungsanträgen und Begründungen von Gesetzesentwürfen. Man habe mit der Verwaltung „die Verständigung erreicht“, dass die Formulierungen nicht mehr „herauskorrigiert“ werden, teilte Britta Haßelmann, parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen, auf Checkpoint-Anfrage mit. Vielfältige Sprache erhält damit offiziell Einzug in einen Bereich, in dem sich absolut kein Mensch über Unleserlichkeit beschweren kann. Und damit zu den Meldungen des Tages… | |||
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Der März startet mit altbekannten Mustern: Vor dem erneuten Bund-Länder-Gipfel am Mittwoch werden erneut Lockerungs-Rufe laut. Vizekanzler Olaf Scholz (SPD) und mehrere Ministerpräsidenten pochen auf eine breite Öffnungsstrategie und mehr Planbarkeit. „Wir sind in einer Phase der Hoffnungen, es darf aber keine Phase der Sorglosigkeit sein“, dämpft Regierungssprecher Steffen Seibert die Erwartungen. Teilöffnungen des Handels sowie die Inbetriebnahme der Außengastronomie zum 1. April (kein Scherz!) stehen zur Debatte. Markus Söder warnt aus München vor einem „unkontrollierten Öffnungsrausch“ und dem „Blindflug in die dritte Welle“. Man dürfe jetzt keine Nerven verlieren. | |||
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Ganz offensichtlich die Nerven verloren hat bereits der Interessenverband der touristischen Attraktionen Berlins e.V. „Bei allem Verständnis für Unklarheiten in der Pandemie: Wir können uns nicht leisten, auf Ministerpräsidentenkonferenzen und Senatssitzungen zu warten, die dann Öffnungen von heute auf morgen beschließen“, sagt Vorsitzender Robert Rückel und kündigt an, dass diverse Freizeiteinrichtungen noch in dieser Woche Tickets für Besuche ab dem 1. April verkaufen werden – darunter das Deutsche Spionagemuseum, City Circle, das Wintergarten Varieté, das DDR Museum und Air Service Berlin (Rundflüge). Alle hätten längst „ihre Hausaufgaben gemacht und in die Sicherheit ihrer Kunden investiert“. Es müsse „daher möglich sein, beliebten und bekannten Berliner Attraktionen die Rückkehr in den regulären Geschäftsbetrieb zu ermöglichen“, sagt Rückel. Das Aber bleibt das Infektionsgeschehen: Sollte es „eine Öffnung ab April nicht erlauben, halten sich die Attraktionen selbstverständlich an die geltende Rechtslage und buchen die Tickets entsprechend um“. Pandemie-Poker. | |||
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Berlins Klassenzimmer könnten – so der „ganz ausdrückliche Wunsch von einigen in der Koalition“ – vom 9. März an wieder für Viert- bis Sechstklässler genutzt werden. „Wir führen Gespräche über vorsichtige Öffnungsszenarien“, heißt es aus der Bildungsverwaltung. Zumindest aus Sicht der Schüler:innen wird’s höchste Zeit. Wie unsere Kollegin Susanne Vieth-Entus berichtet, zeigt eine von zwei 11.-Klässlerinnen aus Tempelhof-Schöneberg initiierte Internetseite, dass es vielen Jugendlichen mittlerweile mehr als schlecht geht. Von Einsamkeit, Hoffnungslosigkeit und Depression ist auf der Plattform, die „ein freier Raum für unsere Gefühle, Situationen und Wünsche“ sein soll, die Rede. Auszüge: „Panik, einfach nur Panik.“ „Ist der Sinn der Schule, dass man bis 18:00 Uhr oder später am Laptop sitzt und kein Spaß mehr daran hat? Und am Ende hat man noch das Gefühl, dass man es trotzdem nicht verstanden und gelernt hat...“ „Man muss sich so gut wie alles selbst beibringen und wenn man dann kein Naturtalent ist, hat man einfach (Entschuldigung) verkackt.“ „Wie soll ich mein Abi bestehen und das studieren, was ich möchte, wenn ich jetzt schon weiß, dass mein Abiturschnitt im Keller ist!?“ „Ich hoffe, dass wir irgendeine Verbesserung für unsere Noten bekommen, weil das hier aktuell das Gegenteil von Normal ist.“ „Ich bin so unglaublich fertig und überarbeitet, dass ich öfters in meinem Zimmer sitze und einfach zusammenbreche. SO VIELE GLÜCKLICHE SCHÜLER. (AUCH MENSCHEN IM ALLGEMEINEN) VERWANDELN SICHZU DEPRESSIVEN KAPUTTEN GESTALTEN. DAS MUSS AUFHÖREN. BITTE“ „Jeder darf mal weinen! Jeder darf mal verzweifelt auf dem Bett liegen. Aber steht wieder auf und kämpft. So schwer das auch fällt, weil ihr das Gefühl habt kein Lehrer oder Erwachsener sonst versteht euch. IHR SEID NICHT ALLEINE!“ „Das größte Problem ist aber einfach, dass es niemanden gibt, an den man sich wirklich wenden kann. Der einen trösten kann und stark genug ist, um einen aufzufangen, weil einfach alle momentan zu schwach dazu sind.“ Schulleitung wie Lehrkräfte kennen die Sammlung. Eine Psychologin ist Checkpoint-Informationen zufolge bereits eingeschaltet. Die Schülervertretung hat sich entschieden, „dieses, für die Zeit doch sehr repräsentative, Stimmungsbild“ in anonymisierter Form an die Presse weiterzugeben, damit die „Sensibilisierung nicht nur an unserer Schule, sondern flächendeckend stattfindet“. Schüler:innen haben außerdem (auf einer weiteren Seite) versucht zu sammeln, was ihnen in dieser Zeit hilft: Bücher, Schach, Lupin, Die Siedler von Catan, Die drei ???, Stricken, Sport, Tagebuch schreiben oder das Bravo-Archiv durchstöbern. | |||
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„Was können die Berliner Bürgerinnen und Bürger selber tun, um eine Impfung gegen COVID-19 zu erhalten bzw. die Mitmenschen dabei zu unterstützen?“ – das wollte Danny Freymark (MdA CDU) vom Berliner Senat wissen. Die Antwort: „Die Berliner Bürgerinnen und Bürger können die Bemühungen des Senats, allen Impfwilligen ein Impfangebot zu unterbreiten, dadurch am besten unterstützen, dass sie die Verlautbarungen des Senats zum Thema aufmerksam verfolgen und sich um einen Termin bemühen, wenn die Personengruppe, zu der sie unter Impfgesichtspunkten gehören, zur Impfung ansteht.“ Soweit, so die Theorie. Und damit zum Praxistest: Nachdem uns die Berliner Gesundheitsverwaltung bereits in der vergangenen Woche keine Auskunft geben konnte, wer die chronisch Erkrankten Privatpatient:innen zwischen 65 und 70 impfbenachrichtigt, hat eine 66-Jährige Checkpoint-Leserin (Brustkrebs, Chemo abgeschlossen) sich bemüht, Informationen von ihren Ärzten, der Kassenärztlichen Vereinigung, dem Gesundheitsamt oder der Senatsverwaltung zu bekommen. Die immer gleiche Rückmeldung: „Für Sie gibt es keine Regelung, obwohl Sie aktuell impfberechtigt sind.“ Erneute Checkpoint-Anfrage in der Gesundheitsverwaltung: Aus „Wir sind mitten in der Abklärung und informieren sobald wie möglich dazu“ (CP vom Freitag) wurde mittlerweile: „Wir arbeiten da konzentriert dran und gehen aber auch davon aus, dass der Bund dies in einem Gesamtpaket zum Impfen durch die niedergelassenen Ärzte einer Lösung zuführen könnte“. Unterdessen im Roten Rathaus: Berlins Regierender fordert den Bund auf, „umgehend“ die Impfverordnung anzupassen, „damit Arztpraxen schon früher Impfungen vor allem für chronisch Kranke anbieten können“. Die Ärzte bereiteten bereits eine Pilotphase in Schwerpunktpraxen für Krebs- und Diabetespatienten vor… | |||
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Sollte Ihnen heute der Begriff „StEP MoVe“ über den Bildschirm huschen, steht das für den „Stadtentwicklungsplan Mobilität und Verkehr 2030“, den der Berliner Senat in seiner Sitzung verabschieden will. Sein Ziel? Die „Stärkung von ÖPNV, Rad-und Fußverkehr“, sodass künftig mindestens 82 Prozent der Strecken umweltverträglich zurückgelegt werden (30 Prozent Fußverkehr, 29 Prozent ÖPNV, 23 Prozent Radverkehr). Der Anteil des Autoverkehrs soll – so der rot-rot-grüne Wunsch – von 28 auf 18 Prozent sinken und Berlin sich „zu einer hochmobilen und zugleich lebenswerten Stadt mit menschenfreundlichen, umweltverträglichen, klimaschonenden und sozial gerecht ausgestalteten Verkehrsangeboten“ entwickeln. | |||
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An dieser Stelle noch eine Meldung aus der Kategorie „Danke, aber nein danke“. Eine Woche vor dem Frauen(feier)tag flattert folgende Mitteilung ins digitale Postfach: „Emanzipierte, empathische, ehrliche, erfolgreiche und einzigartige Frauen lässt Berlins High-End-Sushi Restaurant an der Potsdamer Straße 85 vier Tage lang hochleben! Mit einem grandiosen Frauenpower-Menü wünscht das Team (…) Frauen, Freundinnen, Geliebten und Kolleginnen ein entspanntes, genussreiches Wochenende! Entsprechend den aktuellen Kontaktregeln kann das Frauenpower-Paket für zwei (74 Euro) oder drei Ladies (111 Euro) geordert oder auch mit männlicher Begleitung geteilt werden.“ Und so sehr ich Sushi liebe: Dafür sind die Frauen dieser Welt sicher nicht auf die Straße gegangen. Mehr PR-Griffe ins Klo? Wir sammeln unter checkpoint@tagesspiegel.de. | |||
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