Was aus den letzten Ampel-Gesetzen wird
● Neue Helfer für Donald Trump |
● Neue Preise für deutsche Briefe |
● Neuer Krach unter Top-Ökonomen |
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Liebe Leserin, Lieber Leser, erinnern Sie sich an die Frühphase von Corona? Als plötzlich das Toilettenpapier ausverkauft war und man nur noch in die kahlen Regale starrte? Es war wie bei einem Tsunami, wo sich bekanntlich erst das Meer zurückzieht, bevor der ganz große Hammer kommt. Ich ahnte damals, dass sich damit die erste von diversen noch lauernden „Zeitenwenden“ manifestiert hatte. Kam dann ja auch so. Vielleicht ist Ruth Brand seither papiertechnisch traumatisiert. Die 57-Jährige ist nicht nur Chefin des Statistischen Bundesamtes, sondern auch Bundeswahlleiterin. Als die Ampel-Regierung sich nun selbst ausknipste und Neuwahlen nötig machte, alarmierte sie schriftlich ihren „Sehr verehrten Herrn Bundeskanzler“ über die drohenden Schwachstellen. Darf man das in diesem Fall „Brand-Brief“ nennen? Eindringlich warnte sie, eine Wahl vor März wäre viel zu kurzfristig. Sie sorgte sich um „die Bereitstellung der notwendigen IT-Infrastruktur“, „hybride Bedrohungen“, die personell schwierige Weihnachtszeit und überhaupt „unwägbare Risiken“, die allerdings im Nebel blieben: Einmarsch der Russen? Ungesicherte Heizpilze in Stehimbiss-Wahllokalen? Feiertagsarbeit im Öffentlichen Dienst? Frau Brand sah auch die „zunehmend erschwerte Beschaffung von Papier“ als großes Risiko. Das drittgrößte Industrieland der Welt muss also eine Wahl verschieben, weil Papiermangel droht und das Christkind anrückt? Die ganze Dysfunktionalität der Republik mit all ihren durchbürokratisierten So-geht’s-nicht-Ritualen war hier plötzlich hochkonzentriert zu besichtigen. Der Shitstorm hält seither in Tsunami-Größe an. |
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| Bundeswahlleiterin Ruth Brand (© dpa) |
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Lustig war noch, als polnische Politiker augenzwinkernd Unterstützung bei der Rohstoffbeschaffung versprachen. Weniger witzig dann schon, dass der Verband der Papierindustrie der Top-Beamtin empört widersprach. Und gar nicht mehr komisch ist, dass die Union sie am Mittwoch publikumswirksam vor den Innenausschuss zitieren will. Der Verdacht liege nahe, so die Union, dass der Kanzler Frau Brand instrumentalisiert habe, die ihren Brief obendrein „Mit ausgezeichneter Hochachtung“ beendete. Wohin mag die nächste Umdrehung dieser Empörungsspirale führen? Können Toilettenpapier-Reserven von Markenherstellern evtl. kurzfristig zu dreilagigen Wahlzetteln umgewidmet werden? Aus Schwertern wurden ja auch schon Pflugscharen. Alles natürlich im Dienste der Demokratie, die Frau Brand übrigens in ihren Grundfesten bedroht sieht, wenn man nicht auf sie hört und zu schnell wählen will. Es ist schon eine große Ironie, dass nun ausgerechnet sie als Karikatur deutscher Beamten-Bräsigkeit herhalten muss und ihre Aktion bei vielen den Glauben in eben diese Demokratie erst recht schwächt. Könnte ein in vielerlei Hinsicht kalter Winter werden für Frau Brand, was meinen Sie? feedback@focus-magazin.de |
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| Trump und seine Helfer Tom Homan, Howard Lutnick und Susan Wiles (© dpa; imago-images; Reuters) |
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Trump holt Hardliner zurück |
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Die Stimmen waren nach der US-Wahl noch gar nicht alle ausgezählt, da wurde schon spekuliert: Wer wird was im Kabinett und Machtzirkel des künftigen US-Präsidenten? Schnell war klar: Susie Wiles aus New Jersey wird neue Stabschefin. Seine frühere Wahlkampfmanagerin verstehe Donald Trump, heißt es. Um das Kabinettsteam soll sich der Milliardär Howard Lutnick kümmern, bisher CEO von Cantor Fitzgerald und BGC Partners. Offiziell verkündet hat Trump bereits Tom Homan als seinen Beauftragten für die Grenzbefestigung zu Mexiko. In der Vergangenheit war Homan Direktor der Abschiebebehörde ICE. Zudem hat Trump Elise Stefanik als UN-Botschafterin nominiert. Die Abgeordnete aus New York war im Impeachment-Verfahren eine seiner treuesten Fürsprecherinnen. Andere Namen wie Marco Rubio aus Florida als wahrscheinlicher Außenminister oder Mike Waltz als Sicherheitsberater werden immer wieder genannt, sind allerdings noch nicht bestätigt, ebenso wenig wie Robert Lighthizer als Handelsbeauftragter. Der Fürsprecher einer protektionistischen America-first-Politik würde künftig über Zölle und Einfuhrbeschränkungen verhandeln. |
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| Blick ins deutsche Parlament (© Reuters) |
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Was der Bundestag noch beschließen könnte |
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Die Fraktionschefs von Union und SPD, Friedrich Merz und Rolf Mützenich, verhandeln derzeit über den Zeitpunkt der Vertrauensfrage. Besprochen werden soll zudem, welche Gesetze die Parteien bis zu den anschließenden Neuwahlen noch gemeinsam verabschieden können. Wie wahrscheinlich ist die Umsetzung der gescheiterten Ampelprojekte? Kalte Progression Wenn etwa eine Gehaltserhöhung komplett durch die Inflation aufgefressen wird, aber dennoch zu einer höheren Besteuerung führt, spricht man von „Kalter Progression“. Das wollen CDU und CSU ebenso wie die FDP beenden. Chance auf Umsetzung: möglich. Deutschlandticket Die Verkehrsminister der Länder wollten das 49-Euro-Ticket weiterführen, erhöht auf 58 Euro. Die Union will die Zuschüsse lieber für Investitionen in die Infrastruktur einsetzen. Chance auf Umsetzung: gering. Rentenpaket II SPD-Arbeitsminister Hubertus Heil hat angekündigt, für das Gesetz zur Sicherung des Rentenniveaus und den Aufbau einer Aktienrente kämpfen zu wollen. Doch sowohl die FDP als auch die Union wollen der Reform nicht zustimmen. Chance auf Umsetzung: gering. Kindergelderhöhung Fünf Euro mehr sollen Eltern pro Kind bekommen, insgesamt 255 Euro im Monat – so sieht es der Entwurf des Bundeshaushaltes vor. Allerdings wird der wohl kaum noch verabschiedet werden. Stattdessen greift eine vorläufige Haushaltsführung. Chance auf Umsetzung: gering. Verfassungsgericht Die Ampelregierung möchte das Verfassungsgericht stärken und hat gemeinsam mit der Union an einem Entwurf zur Änderung des Grundgesetzes gearbeitet. Die soll noch vor Weihnachten beschlossen werden. Chance auf Umsetzung: hoch. |
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| DHL-Laster: Der Briefverkehr geht zurück, die Preise steigen (© Deutsche Post DHL Group/Jens Schlueter) |
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Briefe werden in Deutschland teurer |
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Wer es beim Versand von Briefen eilig hat, muss ab 2025 ein Einschreiben verschicken – und deutlich mehr bezahlen. Der sogenannte Prio-Brief, der bislang die Zustellung am nächsten Werktag sicherstellen sollte, wird zum Jahresende eingestellt, teilte die Deutsche Post gestern mit. Dann gilt die garantierte Zustellung am Folgetag nur noch für Einschreiben. Beim Prio-Brief wird derzeit ein Aufschlag von 1,10 Euro auf das Standard-Porto von 0,85 Euro fällig. Für Einschreiben liegt der Aufschlag schon jetzt bei 2,35 Euro – und könnte noch erhöht werden. Auch sonst müssen sich Verbraucher zum Jahreswechsel auf deutlich steigende Tarife einstellen. Laut Bundesnetzagentur darf die Post das Porto ab Januar um durchschnittlich 10,48 Prozent anheben. Damit könnte ein Brief künftig 0,95 Euro kosten. |
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41,5 Prozent der deutschen Unternehmen haben im Oktober über fehlende Aufträge geklagt – der höchste Stand seit der Finanzkrise 2009. Besonders schwierig ist die Lage in der Industrie. Dort leidet fast jedes zweite Unternehmen unter fehlendem Neugeschäft, so das ifo Institut gestern. |
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| Der Kaiserpinguin Gus an der australischen Küste (© dpa) |
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Rekord-Pinguin schwimmt 3400 Kilometer |
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Badegäste an einem Strand am südwestlichen Zipfel Australiens sind jüngst einem offenbar extrem weit nach Norden geschwommenen Pinguin begegnet. Seine Heimat liegt 3400 Kilometer südlich, in der Antarktis. „Er war etwa einen Meter groß und überhaupt nicht scheu“, berichtete Augenzeuge Aaron Fowler, der am Ocean Beach bei der Ortschaft Denmark zum Surfen unterwegs war. Das Tier sei auf die Menschen zugewatschelt. Gus, wie der Pinguin nun genannt wird, habe verloren gewirkt und versucht, auf dem Sand zu rutschen, als handle es sich um Schnee oder Eis. Belinda Cannell von der Universität von Western Australia mutmaßt, dass Gus auf Nahrungssuche einer Meeresströmung folgte, die ausnahmsweise weiter nach Norden führte als sonst. Vogelpfleger haben sich des unterernährten Königspinguins angenommen und bereits auf etwa 23 Kilogramm aufgepäppelt. |
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Gewinner: Angesichts verheerender Umfragewerte wächst in der SPD die Sorge vor einem Wahldebakel. Statt Olaf Scholz solle doch eher der deutlich beliebtere Boris Pistorius, 64, als Spitzenkandidat antreten, fordern nun die Sozialdemokraten Markus Schreiber und Tim Stoberock. Pikant: Beide sind aus der Scholz-Heimat Hamburg. Noch sind sie die einzigen Genossen, die offen gegen Scholz opponieren. | |
Verlierer: Der britische Starkoch Jamie Oliver, 49, muss seinen Fantasy-Roman „Billy and the Epic Escape“ vom Markt nehmen. In dem Werk geht es um ein australisches Mädchen, das über verschiedene spirituelle Fähigkeiten verfügt. Bei Recherche und Beschreibung der indigenen Kultur sei unfassbar geschlampt worden, schimpften Vertreter der Ureinwohner. Oliver hat sich bereits entschuldigt. Da fehlte ihm wohl ausnahmsweise das richtige Rezept. | |
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… noch ein Hinweis auf den nächsten sich anbahnenden Krach in einem wichtigen Gremium: Am Mittwoch will der Rat der Wirtschaftsweisen in Berlin sein Jahresgutachten an die Rest-Regierung überreichen. Aber auch die fünf Top-Ökonomen gelten mittlerweile als heillos zerstritten. | | Die Wirtschaftsweisen (v.l.): Monika Grimm, Achim Truger, Monika Schnitzer, Martin Werding und Ulrike Malmendier (© imago-images) | Die komplexe Gemengelage in Kürze: Veronika Grimm gegen die anderen vier Ökonomen, vor allem die Chefin des Gremiums – Monika Schnitzer. Es geht um Nebenjobs, aber auch Eifersüchteleien, Indiskretionen, ideologische Gräben etc. Ampel 2.0 quasi. Man ist versucht zu empfehlen: Könnt nicht wenigstens ihr sonst so nüchternen Zahlenmenschen euch wieder vertragen? Ihnen wünsche ich jedenfalls – „mit ausgezeichneter Hochachtung“ – einen friedvollen Dienstag! Ihr | | Thomas Tuma |
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