Daniel Pipes

Törichte Intellektuelle
Wie der gesunde Menschenverstand unsere Klügsten meidet.

von Daniel Pipes
The Spectator
14. August 2020

http://de.danielpipes.org/19724/toerichte-intellektuelle

Englischer Originaltext: The Folly of the Intellectuals
Übersetzung: H.Eiteneier

Dieser Artikel ist mein Einstand als Kolumnist für die US-Ausgabe von The Spectator. Die Herausgeber erklären:

The Spectator wurde 1828 gegründet und ist das am besten geschriebene und einflussreichste Magazin in Britannien. 2018, nach nur 190 Jahren lancierten wir unsere US-Ausgabe als Internetseite mit dem Ziel dieselben Einblicke, originelle Gedanken und Texte zu einem amerikanischen Publikum zu bringen. Wir hatten das Gefühl, dass der amerikanischen Medienlandschaft etwas fehlte – eine Publikation voller Ideen und Witz, die sich selbst nicht allzu ernst nimmt. ...

Unsere Autoren haben keine Parteilinie; ihre einzige Loyalität gilt klarem Denken, eleganter Ausdruckweise und unabhängiger Meinung. Unsere Meinungsbandbreite reicht von links bis rechts, ihre Umstände variieren. Wir streben nicht nach Unparteilichkeit – unser Motto lautet "fest aber unfair" – sondern nach Originalität und Stil. ...The Spectator ist eher eine Cocktailparty als eine politische Partei.

Eine Redensart aus dem sechzehnten Jahrhundert besagt: "Es gibt keinen größeren Narren als einen alten Narren." Aber das Aufkommen totalitärer Ideologien wie Faschismus, Kommunismus und Islamismus um die Zeit des Ersten Weltkriegs bedeutet, dass dieser Spruch ergänzt werden muss: "Es gibt keinen größeren Narren als einen intellektuellen Narren."

Ein Intellektueller ist jemand, der sich mit der Welt der Ideen beschäftigt; der seinen Lebensunterhalt mit Lesen und Schreiben bestreitet; der Fakten in Theorien umsetzt. Jean-Paul Sartre definierte ihn als "jemanden, der sich in Sachen einmischt, die ihn nichts angehen". Das ist süß, aber Intellektuelle kritisieren überwiegend ihre eigenen Gesellschaften, etwas, das in Autokratien eine nützlich Funktion bietet, aber in Demokratien einen tückischen Einfluss hat; sehen Sie sich einfach unser Bildungssystem an.

Der verstorbene Professor Paul Hollander studierte intensiv das überbordende Lob gut genährter, freier und gefeierter westlicher Denker für totalitäre Führer. Seine letzte Arbeit, From Benito Mussolini to Hugo Chavez: Intellectuals and a Century of Political Hero Worship (Cambridge University Press, 2017),1 gibt einen Überblick über dieses Phänomen seit seinem Ursprung im Ersten Weltkrieg. John Earl Haynes hat hilfreicherweise einige der ungeheuerlicheren Zitate dieser gefeierten Geister gesammelt, eines ist von mir hinzugefügt:

Mussolini: Herbert Croly, Gründer und Herausgeber des New Republic, schwärmte vom "Elan des italienischen Nationalismus, der ... die Italiener in die Lage versetzen würde sich über eine Erneuerung moralischer Vision über sich selbst zu herrschen". Er bezeichnete den Faschismus "ein politisches Experiment, das in einer ganzen Nation eine zunehmende moralische Energie weckte und ihre Aktivitäten dadurch würdigte, dass sie sich einem tief empfundenen gemeinsamen Sinn unterordnen."

Die beiden schlimmsten Massenmörder: Mao und Stalin

Hitler: Der einflussreiche Welthistoriker Arnold Toynbee interviewte den deutschen Führer 1936 und berichtete, er sei "überzeugt von der Ernsthaftigkeit seine Wunsches nach Frieden in Europa".

Stalin: Jerome Davis, ein berühmter Theologe der Yale Divinity School, glaubte: "Es wäre ein Fehler den sowjetischen Führer als sturen Mann zu betrachten, der glaubt seine Ideen anderen aufzwingen zu können."

Mao: John K. Fairbank, Harvards Dekan für amerikanische China-Forscher, behauptete: "Die maoistische Revolution ist insgesamt das Beste, was dem chinesischen Volk in Jahrhunderten widerfuhr", und kam zu dem Schluss, dass Maos China "viel mehr unser Freund als unser Feind ist. Es ist besonders mit sich selbst beschäftigt und im Ausland nicht aggressiv".

Arafat: Edward Said, Professor an einer Universität in Kalifornien, sagte, der Palästinenserführer "machte die PLO zu einem aufrichtig repräsentativen Gremium".

Khomeini: Richard Falk, Politikwissenschaftler in Princeton, urteilte, dass der iranische Ayatollah "ein neues Modell der Volksrevolution" geschaffen hatte, "das im Großen und Ganzen auf gewaltfreien Taktiken gründet". Er kam zu dem Schluss: "Der Iran könnte uns ein dringend benötigtes Modell menschlicher Herrschaft für ein Land der Dritten Welt bieten."

Mussolini mit seinem Haustier-Löwen.

Castro: Der gefeierte Romanautor Noman Mailer schmeichelte seinem kubanischen Gastgeber mit: "Sie waren der erste und größte Held, der seit dem Zweiten Weltkrieg in der Welt erschien... Sie sind die Antwort auf den Streit ... dass Revolutionen nicht andauern können, dass sie korrupt oder totalitär werden oder dass sie ihre eigene Leuten auffressen."

Kim Jong Il: Bruce Cumings, Historiker an der University of Chicago, zeichnet den nordkoreanischen Diktator als "einen Stubenhocker, der nicht viele Kontakte knüpft, nicht viel trinkt und zuhause im Schlafanzug arbeitet. ... Er ist prüde und schüchtern und wie die meisten koreanischen Väter, hoffnungslos seinem Sohn ergeben."

Diese kriecherischen Zeugnisse inspirieren zu mehreren Schlussfolgerungen:

* Auch ich bestreite meinen Lebensunterhalt durch Lesen, Denken und Schreiben, daher distanziere ich mich von diesen intellektuellen Tölpeln; dazu erkläre ich, dass ich "die einfache Politik eines LKW-Fahrers habe, nicht die komplexe eines Akademikers".

* Universitäten veranstalten viel zu viele geisteswissenschaftliche und sozialwissenschaftliche Programme (ein Lehrstuhl für Transgender-Studien?), während Poseure und Provokateure die Welt der Kunst bestimmen (eine Banane für $120.000?). Umgekehrt werden berufsorientiertere und technische Schulen gebraucht, außerdem echte Künstler.

Die University of Victoria in Kanada bietet einen Lehrstuhl für Transgender-Studien.

* Paul Johnsons 1988 veröffentlichtes Buch Intellectuals: From Marx and Tolstoy to Sartre and Chomsky2 entlarvte unangenehme und amüsante persönliche Schwächen. Aber das ist nur ein Nebenkriegsschauplatz. Das wahre Problem ist, dass die Schriftleiter, Professoren und Autoren, die sich mit Politik und den Künsten beschäftigen, im Ganzen mehr falsch als richtig liegen und so eher schädliche als konstruktive Auswirkungen haben.

Wo wird das enden? Nicht gut. Die Intellektuellen vermehren sich, da Roboter und künstliche Intelligenz zunehmend praktische Arbeiten übernehmen, also nimmt die Freizeit zu, lädt zu mehr Verschlingung und Egoismus ein. Gesunder Menschenverstand hat immer mehr Probleme, da Regierungen garantiertes Einkommen bieten und Lebensmittel offenbar in Supermärkten wachsen. Damit, dass sie Grundlagen nicht schätzen, aber unermüdlich Fehler suchen, führen uns die Intellektuellen einen dunklen weg hinab.

Daniel Pipes (DanielPipes.org, @DanielPipes) ist Präsident des Middle East Forum
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1 Von Benito Mussolini bis Hugo Chavez: Intellektuelle und ein Jahrhundert der Verehrung politischer Helden

2 Intellektuelle: Von Marx und Tolstoy zu Sartre und Chomsky

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