zuletzt hatten wir ein paar ernüchternde Erkenntnisse zu verarbeiten. Auf die harte Tour. Ich zum Beispiel hatte bis vor einigen Jahren noch das Gefühl, in unseren modernen Zeiten würden sich ein paar grundsätzliche Dinge, ganz allgemein gesprochen, in die richtige Richtung bewegen. So dachte ich etwa, wir wären einerseits bereits in der Breite einig darüber, dass man, bei allen inhaltlichen Differenzen, grundsätzlich versucht, besser darin zu werden, anständig miteinander umzugehen. Und neue Techniken wie etwa Social Media würden dazu führen, dass solche positiven Impulse sogar noch verstärkt würden.
Gerade zu rührend, wie naiv ich war.
Ebenso erstaunlich und unmittelbar damit zusammenhängend: mein heute völlig veränderter Blick auf die Bundeswehr. Als Zivildienstleistender schaute ich damals auf die Truppe ohne auch nur einen Hauch von Gefühl für ihre Notwendigkeit. Die Soldaterei kam mir eher kauzig und skurril vor. Haben Sie mal „Neue Vahr Süd“ von Sven Regener gelesen? Nichts davon schien Sinn zu machen. Heute sehe ich, wie die Ukrainer verzweifelt kämpfen und sterben, um ihr Land vor einem Aggressor zu bewahren. Und die damals absurd klingenden Fragen, die mir als Kriegsdienstverweigerer gestellt wurden, der sich ja jeder Idee von Gewaltanwendung ganz prinzipiell verweigern musste, um von der Wehrpflicht befreit zu werden, wirken plötzlich nicht mehr so abstrakt: Würdest du schießen, wenn deine Familie angegriffen werden würde?
Tja. Würde ich? Würden Sie?
Die Debatte um die Wiedereinführung der Wehrpflicht ist in vollem Gange. Die meisten Menschen haben den Eindruck, dass das Land wehrhafter werden muss, in gefährlichen Zeiten. Aber was sind oder wären wir bereit, ganz persönlich dafür mitzumachen? Oder: dramatischer formuliert: zu opfern?
Oder ist das alles am Ende gar bloß Kriegshysterie, wie manche vermuten? Teil des Problems?
In der heute druckfrischen WochenMOPO diskutieren junge Hamburger die Frage nach der Wehrpflicht. Schreiben Sie mir, was Ihre Gedanken dazu sind, wenn Sie mögen!
Herzliche Grüße sendet und einen schönen Freitag wünscht Ihnen:
Maik Koltermann
chefredaktion@mopo.de