Das TOUR Tech-Briefing zur 13. Etappe der Tour de France 2024
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Die 13. Etappe könnte wieder etwas für die Sprinter sein, Fotograf: Getty Images/Tim de Waele
Vom 29. Juni bis zum 21. Juli messen sich die besten Radsportler der Welt bei der Tour de France. Über Sieg und Niederlage auf den Straßen Frankreichs entscheiden dabei nicht nur die Beine, sondern auch das Material. Das TOUR Tech-Briefing zur 13. Etappe.
Tour de France 2024 - 13. Etappe: Agen - Pau | 165,3 Kilometer
Das Höhenprofil der 13. Etappe, Fotograf: A.S.O.
Das Höhenprofil der 13. Etappe, Fotograf: A.S.O.
Nochmal ein Tag zum Sprinten: Die 13. Etappe endet im Zentrum von Pau auf der sieben Meter breiten Rue du Maquis Le Bearn. Zwei Kurven sind nach der Tausend-Meter-Marke noch zu bewältigen, dann geht es final 560 Meter gerade und flach zum Zielstrich.
Zwischen Start und Ziel haben die Fahrer 2000 Höhenmeter zu erklettern, die größten Schwierigkeiten in Form zweier Anstieg der vierten Kategorie liegen 38 und 29 Kilometer vor dem Ziel. Der erste Anstieg ist 1,5 Kilometer lang mit einer Steigung von 6,9 Prozent, der zweite 1,8 Kilometer mit 6,4 Prozent.
Die Fahrzeit am ersten Berg liegt bei knapp vier Minuten - das könnte für die reinen Sprinter einen Tick zu lang sein. Ein Rückstand von 30 Sekunden ist hier möglich. Sprinterteams werden versuchen, ihren Mann von vorne in den Berg reinzufahren, um den Rückstand durch gute Positionierung zu minimieren und so die spätere Nachführarbeit zu erleichtern. Allerdings werden alle Teams vorne fahren wollen, weshalb sich das Feld in der Anfahrt strecken wird. Vielleicht bleibt der eine oder andere schwere Mann dabei auf der Strecke, wenn das Feld voll durchzieht. Die Chance, dass sich ein Puncheur absetzen kann, schätzen wir gering ein. Dafür sind die Anstiege nicht schwer genug. Wahrscheinlich erscheint ein Massensprint eines leicht dezimierten Feldes.
Egal welches Szenario Realität wird: Aero-Räder sind auch hier wieder gesetzt. Die Marschtabelle sieht einen Schnitt von 43 bis 47 km/h vor und am Ende, wenn knapp Tempo 70 gefahren wird, ist gute Aerodynamik sowieso der Schlüssel, um vorne dabei zu sein.
Den flachen Sprint haben wir schon mehrfach kalkuliert, dass sich Aero-Räder dabei durchsetzen, haben wir gezeigt. Deshalb schauen wir nochmal zurück zur Action auf der 11. Etappe, die Jonas Vingegaard im Sprint hauchdünn vor Tadej Pogacar gewann – auf seinem R5 Bergrad, das die 6,8 Kilogramm Mindestgewicht ausreizt. War dies der entscheidende Vorteil gegenüber Tadej Pogacar? Oder anders gefragt: wäre das schwerere, aber aerodynamischere S5 im Bergsprint nicht die bessere Wahl gewesen?
Wir simulieren den Sprint bergauf. Das genaue Powerprofil von Jonas Vingegaard kennen wir nicht, aber wir treffen ein paar Annahmen, um die Rahmenbedingungen zu treffen: gut 15 Sekunden dauerte der Sprint über rund 170 Meter gegen eine Steigung von knapp 7 Prozent, die Endgeschwindigkeit lag bei 38 km/h.
Zahl des Tages: eine Zehntelsekunde
In unserer Simulation schlägt das 800 Gramm schwerer angesetzte S5 das R5 um eine knappe Zehntelsekunde – was in diesem Finale rund einem Meter Vorsprung entsprochen hätte. Nach unserer Berechnung wäre Vingegaard auf dem schwereren Rad im Sprint also sogar einen Tick schneller gewesen.
Das (fast) gesamte Feld im Überblick*
Fotograf: Robert Kühnen
Fotograf: Robert Kühnen
*) Die Berechnungen beruhen auf den von TOUR in Labor und Windkanal getesteten Rädern. Die Maschinen bei der Tour de France können in Details davon abweichen. Auch Last-Minute-Prototypen konnten wir natürlich noch nicht untersuchen. Hintergründe zur Simulation.
Tabelle: Die virtuellen Sprintzeiten im Finale der 11. Etappe. Vingegaard fuhr das Cervelo R5 (markierte Zeile). Im rechnerischen Vergleich wäre sein S5 Aerorad etwas schneller gewesen. Das Colnago V4Rs von Tadej Pogacar wiegt mehr als das R5, kommt rechnerisch aber auf die gleiche Fahrzeit. Die Radtechnik hat im Sprint der Stars also keinen Unterschied gemacht.
Vingegaard saß auf dem falschen Rad
War das Leichtrad in den vorhergehenden Anstiegen die richtige Wahl, die in der Spitze bis zu 14 Prozent steil waren? Die Indizien sprechen dagegen. Als Pogacar im steilsten Stück des Pas de Peyrol attackierte, konnte Vingegaard nicht folgen. Oben hatte er rund 10 Sekunden Rückstand. Ähnlich wie auf der Galibier-Etappe kam in der Abfahrt dann noch deutlich Zeit hinzu, wo das S5 das klar schnellere Rad gewesen wäre. Vingegaard konnte Pogacar im nächsten Anstieg dann zwar einholen. Aber, dass er 30 Sekunden aufholen konnte, war nicht das Ergebnis des leichteren Rades, dies brachte nur eine Handvoll Sekunden. Die Beine machten den Unterschied. In der weiteren Zielanfahrt wechselten sich Pogacar und Vingegaard in der Führung ab. Auch in dieser Phase wäre ein Aero-Set-up rechnerisch vorne gewesen.
Unser Experte
Fotograf: Robert Kühnen
Fotograf: Robert Kühnen
Robert Kühnen ist studierter Maschinenbauer, schreibt für TOUR über Technik- und Trainingsthemen und entwickelt Prüfmethoden. Die Simulationsrechnungen verfeinert Robert seit Jahren, sie werden auch von Profi-Teams genutzt.
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