Martin Schulz war einer der Gewinner im Social-Media-Wahlkampf 2017. In den letzten sieben Tagen vor der Bundestagswahl sammelte er mit seinen über 40 Facebook-Posts fast 400.000 Interaktionen ein, lag vor allen anderen deutschen Politikern. Doch wer nun gedacht hat, Schulz hätte Social Media verstanden, würde die Netzwerke auch für die Oppositions-Arbeit nutzen, wird – zumindest vorerst – enttäuscht sein. In den vergangenen zehn Tagen hat Schulz nur einen einzigen Beitrag verfasst.
Doch Schulz ist mit seiner Nach-Wahlkampf-Abstinenz auf Facebook nicht allein: Angela Merkel hat seit der Pressekonferenz nach der Niedersachsen-Wahl gar nichts mehr von sich gegeben, bei vielen anderen Politikern sieht es ähnlich aus. Die Zahl der Facebook-Posts deutscher Politiker hat sich im Vergleich zum Wahlkampf halbiert, die Zahl der Interaktionen der Nutzer ist noch stärker zurück gegangen.
Insbesondere die großen Parteien SPD und CDU scheinen zu denken, dass Facebook ein reines Wahlkampf-Tool ist, das man nun für die nächsten dreieinhalb Jahr wieder in Ruhe lassen kann. Hoffnung macht da höchstens der für den Posten als SPD-Generalsekretär nominierte Lars Klingbeil, ein ausgewiesener Digital-Experte. Wie man die Netzwerke auch nach dem Wahlkampf nutzen kann, zeigt wieder einmal Christian Lindner: Er postet Papiere aus den Sondierungsgesprächen, Selfies mit Horst Seehofer, Videos und Positionen zu verschiedenen politischen Aspekten. Derzeit ist Lindner der einzige Politiker, der nach Interaktionen für seine Facebook-Posts mit der Konkurrenz von Rechts und Links mithalten kann. Auf den ersten zehn Plätzen der jüngsten sieben Tage finden sich vier Seiten der AfD, drei der Linken, die Facebook-Seite der NPD – und Christian Lindner plus FDP-Seite. Für Politiker von CDU/CSU und SPD ein Armutszeignis.