Das meistdiskutierte Thema des Wochenendes war in den sozialen Netzwerken die Reisewarnung, die die türkische Regierung für Deutschland herausgegeben hat. Unter den sechs deutschsprachigen Artikeln mit den meisten Interaktionen bei Facebook und Twitter, die am Samstag veröffentlicht wurden, hatten vier mit der Reisewarnung zu tun. Die Welt sammelte mit ihrem Artikel 26.300 Reaktionen ein, Spiegel Online 22.700, DerWesten 11.700 und Bild 10.000.
Ein gutes Beispiel, wie Medien durch Verkürzen und Zuspitzen in Headlines und Facebook-Posts oder Tweets bewusst oder unbewusst für Stimmung sorgen können, lieferte am Sonntag Focus Online. Um 15.27 Uhr postete das Burda-Medium per Eilmeldung auf Facebook: "Angreifer stürmten während eines Gottesdienstes eine Kirche in Birmingham" und "Mehrere Gläubige in Kirche niedergestochen". Sofort sammelten sich unter dem Post unappetitliche Kommentare wie "Merkel wählen, Leichen zählen. Wieviele die Alte schon aufm Gewissen hat und es gibt immer noch Kranke die die wieder wählen wollen. Nur noch irre".
Doch der Post und die Headline des Artikels waren schon zu diesem Zeitpunkt mindestens irreführend. Denn: Längst war ein 46-Jähriger verhaftet worden, Täter und Opfer kannten sich laut Polizei persönlich, britische Medien berichteten das längst. Focus Online schreibt selbst: "Die Ermittler schlossen eine Terrorattacke aus." Ob das so schon im Ursprungs-Artikel stand oder später hinzu gefügt/korrigiert wurde, lässt sich objektiv nicht mehr nachvollziehen.
Die fehlenden Details in Headline und Teaser und die falsche Information "Angreifer stürmten" (also mehrere) riefen sofort Facebook-Seiten mit Namen wie "Lügenpresse", "Deutsch sein ist kein Verbrechen" oder "Erfurt sagt 'Nein'" auf den Plan, die einen Terroranschlag vermuteten. Insgesamt sammelten sich über 10.000 Interaktionen - kein deutschsprachiger Artikel vom Sonntag war in den sozialen Netzwerken erfolgreicher. Und selbst am späten Abend kamen noch Hunderte Interaktionen pro Stunde dazu. Ein AfD-Ortsverein, der die Focus-Online-Headline ebenfalls weiter verbreitet hatte, hat den Post später gelöscht, der zynische Tweet eines AfD-Abgeordneten im Landtag von Sachsen-Anhalt, "Sicher ein verwirrter Einzeltäter, der labil ist und nichts mit dem #Islam zu tun hat" steht weiterhin online.