#trending // Social Media Unter Medien-Interessierten gab es am Wochenende viele Reaktionen auf die aktuelle Spiegel-Titelgeschichte "Die unheimliche Macht", in der es laut Titel-Teaser darum geht, "wie ARD und ZDF Politik betreiben". Der Artikel selbst beschreibt allerdings nichts wirklich "Unheimliches", ist eher ein Zusammenschrieb aus bekannten Diskussionen, immer wieder kehrender Kritik, alles in allem unspektakulär. Leider aber auch mit einigen "gefühlten" Fakten. Mir als Zahlen-Analyst ist der Satz im Teaser aufgestoßen: "Das junge Publikum wendet sich ab." Im Artikel tauscht die Behauptung in einem schmalen Absatz nochmal auf - ohne konkrete Zahlen. Die möchte ich daher nachliefern: Seit zehn Jahren schwankt der gemeinsame Jahres-Marktanteil aller öffentlich-rechtlicher TV-Sender bei den 14- bis 49-Jährigen - je nachdem ob es eine Fußball-EM oder -WM gibt - in etwa zwischen 23% und 25%. Im Jahr 2017 könnten sogar erstmals seit über zehn Jahren in einem Nicht-EM oder -WM-Jahr mehr als 25% erreicht werden. Ein "Abwenden" des jungen Publikums vom öffentlich-rechtlichen Fernsehen - sofern die 14- bis 49-Jährigen gemeint waren, die man landläufig als das junge Publikum bezeichnet - ist nicht zu erkennen. Auch wenn der Artikel aller Schwächen zum Trotz durchaus diskussionswürdige Punkte enthält, reagierten Betroffene, also Mitarbeiter von ARD und ZDF in den sozialen Netzwerken fast ausnahmslos kritisch. Hier einige der Tweets mit den meisten Interaktionen: Jan Böhmermann twitterte gewohnt zynisch und unsachlich: "Bärenstark, der neue @DerSPIEGEL. Endlich hat jemand ausführlich aufgeschrieben, was russische Bots und Reichsbürger seit 3 Jahren sagen!" Patrick Weinhold, Teamleiter Social Media bei der "Tagesschau" reagierte mit sechs zum Teil sehr berechtigten Fragen, Sabrina Fritz twitterte: "Nicht zu fassen! Der Spiegel schreibt über die ARD und erwähnt mit keinem Wort den Hörfunk - hört ihr nie Radio???", Jochen Rausch schrieb: "Nach der großartigen Schulz-Reportage von @MFeldenkirchen nun durchsichtiger miserabel recherchierter Kampagnen-Journalismus @DerSPIEGEL". Wulf Schmiese, Redaktionsleiter des "heute-journals" antwortete auf den Tweet des Spiegel-Journalisten Martin U. Müller "Um 70 Prozent sind die Gebühreneinnahmen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zwischen 1995 und 2016 angestiegen – auf acht Milliarden Euro" mit dem Konter: "Gegründet wurden KiKa, Phoenix, #ZDFInfo,Neo etc. Doch warum wurde @DerSPIEGEL seit 1995 um fast 100 % teurer (5 DM vs 4,90 €),aber dünner?". Und Udo Stiehl fasste den Spiegel-Artikel so zusammen: "Was @DerSPIEGEL wohl @ARD_Presse, @ZDF und @DLF vorwerfen würde, wenn wir für so einen Schmalspuraufmacher VIER Autoren verbraucht hätten?" Interessant: Auch beim Spiegel gibt es indirekte Kritik: Spiegel-Online-Redakteurin Eva Horn twitterte: "Man muss das dieser Tage ja betonen: Ich finde den öffentlich-rechtlichen Rundfunk alternativlos. Wir haben Glück, dass wir ihn haben." |