Der nach Facebook- und Twitter-Interaktionen erfolgreichste deutschsprachige Artikel journalistischer Medien kam am Montag nicht von Bild, Spiegel oder Welt, sondern vom Blog netzpolitik.org. Der überwiegende Teil des Textes besteht allerdings gar nicht aus journalistischen Sätzen, sondern aus der Dokumentation eines bisher geheimen Schriftstücks: "Wir veröffentlichen das Verfassungsschutz-Gutachten zur AfD" titelte netzpolitik.org und packte das entsprechende 436 Seiten dicke Gutachten in voller Länge online - nicht als PDF, sondern komplett im Volltext auf der entsprechenden Artikel-Seite. So lässt sich mit einer einfachen Browser-Suche beispielsweise erkennen, dass der Name "Höcke" 617 mal in dem Dokument auftaucht.
Über 30.000 Likes, Reactions, Shares und Kommentare kamen bis Mitternacht auf Facebook und Twitter zusammen, darunter allein 14.600 Likes und Shares auf Twitter. Eine für das Netzwerk in Deutschland enorme Zahl, die nur alle paar Wochen mal erreicht wird, im bisherigen Jahr 2019 nur vom Tagesspiegel-Text "Ein 'Nazis raus' und seine Folgen" über den "Nazis raus"-Tweet der ZDF-Reporterin Nicole Diekmann, der solch große Welle ausgelöst hatte (siehe #trending vom 8. Januar).
Die meisten Interaktionen kamen zwar durch Posts und Tweets auf den netzpolitik.org-eigenen Kanälen zustande, doch auch die AfD bewarb die Veröffentlichung. So schrieb die AfD Niedersachsen beispielsweise: "Der Leser möge sich selbst ein Bild machen." AfD-Politiker Malte Kaufmann postete: "Dass unsere Partei dieses 'geheime' Dossier nicht erhalten hat, wohl aber die Presse, ist ein Skandal ohnegleichen." Dass "die Presse" das Dokument nicht auf offiziellem Wege bekommen hat, dürfte allerdings jedem klar sein.