Kein "Nazis raus" getwittert hat am Montag Grünen-Chef Robert Habeck. Womöglich hätte er es gemacht, wenn er sein Twitter-Account nicht gelöscht hätte. Das tat er nämlich, nachdem er Kritik wegen eines Videos erntete, in dem er missverständlich bis unglücklich Wahlkampf für seine Partei in Thüringen machen wollte [Hier alle Details zum Video-Fail]. Habeck verkündete am Montag nun "Bye bye, twitter und Facebook" und löschte bzw. sperrte daraufhin seine Accounts. Seine Begründung: "Nach einer schlaflosen Nacht komme ich zu dem Ergebnis, dass Twitter auf mich abfärbt. Dass ich mich bei beiden Videos, auch dem Bayrischen – unbewusst auf die polemische Art von Twitter eingestellt habe. Twitter ist, wie kein anderes digitales Medium so aggressiv und in keinem anderen Medium gibt es so viel Hass, Böswilligkeit und Hetze. Offenbar triggert Twitter in mir etwas an: aggressiver, lauter, polemischer und zugespitzter zu sein – und das alles in einer Schnelligkeit, die es schwer macht, dem Nachdenken Raum zu lassen. Offenbar bin ich nicht immun dagegen."
Zwar sind insbesondere Habecks Worte "Twitter desorientiert mich, macht mich unkonzentriert, praktisch, wenn man in Sitzungen verstohlen aufs Handy schaut. Grundsätzlich, weil ich mich dabei ertappt habe, wie ich nach Talkshows oder Parteitagen gierig nachgeschaut habe, wie die Twitter-Welt mich denn gefunden hat. Und das ist die Schere im Kopf. Als wäre Politik eine sich selbst erfüllende Prophezeiung. Dass man so redet, wie es das Medium will" unbedingt nachdenkenswert, doch ob das Löschen der Social-Media-Präsenzen der richtige Weg ist, ist mehr als fraglich. Kein Politiker sollte im Jahr 2019 auf diese Kommunikationskanäle verzichten.
Habecks Social-Media-Aus stieß bei Kollegen aus anderen Parteien dann auch auf viel Kritik. So twitterte SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil: "Wenn ich bei Hausbesuchen oder auf Infoständen bin, bekomme ich auch oft Kritik ab. Trotzdem würde ich nie aufhören, an den Haustüren und Marktplätzen zu sein." Karl Lauterbach schrieb in einem viel beachtetet Tweet: "Robert Habecks Rückzug von Twitter u Facebook ist ehrenhaft aber absolut falsch. Wenn das alle vernünftigen Leute machen würden überließen wir diese Räume der Meinungsbildung den Falschen, besonders den Rechten. Denk noch mal drüber nach, Robert", Peter Altmaier von der CDU schrieb: "Lieber @RobertHabeck, ich respektiere Ihre Entscheidung, niemand muss @socialmedia nutzen. Aber auch TV-Kameras & Mikrofone können ?abfärben?, wenn wir nicht aufpassen. Öffentliche Existenz heißt immer die Bereitschaft, der Versuchung zu widerstehen", Johannes Vogel von der FDP ergänzte: "Immer gut: sein eigenes Verhalten kritisch zu reflektieren, Stichwort #Fehlerkultur (die wir gerade in der Politik mehr brauchen). Aber die Sozialen Medien den Hatern und Aggressiven überlassen?! ? Das überzeugt nicht. Statt zu flüchten, lieber gegenhalten!"
Ob Robert Habeck nach einer womöglich weiteren schlaflosen Nacht seine Entscheidung schon bereut?