eins ist es selten in einer Redaktion: leise. Sprachlosigkeit und Journalismus vertragen sich nicht gut, am Newsdesk wird debattiert, analysiert und um Themen gerungen. Aber auch: erfreulich viel gelacht und, falls es doch mal eine Minute ruhig sein sollte, dann fällt irgendjemandem zuverlässig eine Anekdote vom Arbeitsweg ein. Gestern, als ich ins Büro kam, war das anders. Müde Gesichter, knappes „Hallo“ – der Durchmarsch von Donald Trump bei der US-Wahl, da lässt sich nicht leichtfüßig drüber hinwegplaudern und das lässt sich auch nicht leichthändig erklären.
„Die Amerikaner entscheiden sich dafür, einen strafrechtlich verurteilten Demokratie-Feind demokratisch erneut ins Amt zu heben”, schreibt unser Chefredakteur Maik Koltermann in seinem Kommentar. „Willkommen im Zeitalter des Wahnsinns”. Was das heißt, für die USA, für die Ukraine, für Nahost, die NATO, für Europa und Deutschland: Wir wissen es nicht.
Und was passiert in Berlin? Da zerlegt sich am Abend nach Wochen des Streits um den Haushalt und die Wirtschaftspolitik die Ampel-Koalition. Kanzler Olaf Scholz entlässt den Finanzminister, rechnet in seiner Rede schonungslos mit Christian Lindner ab, der nicht minder heftig zurückkeilt. Scholz will am 15. Januar die Vertrauensfrage stellen, im März könnte es Neuwahlen geben. „Die Karten werden neu gemischt, die Bürger haben das Wort: richtig so“, kommentiert mein Kollege Mathis Neuburger. Was auch stimmt: Bis dahin ist es noch verdammt lange hin. Willkommen im Zeitalter der Instabilität.
Deshalb an dieser Stelle ein harter Bruch: Am Freitag startet der Winterdom, ich hatte mir geschworen, nie mehr die „Wilde Maus“ zu besteigen. Zu hoch, zu schnell, zu wild. Das werde ich am Wochenende aber tun. Und einmal sehr laut schreien. Vielleicht haben Sie ja auch Lust drauf. Es ist eindeutig besser als sprachlos zu sein.
Herzliche Grüße
Eva Jost
Digitalchefin
eva.jost@mopo.de